OUTCRY COLLECTIVE

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Zwischen einem Schweinestall und der Bronx

Auch wenn es wieder so erscheint, als sei dies eine Gruppe, die dem schnelllebigen Hype der britischen Musikpresse unterworfen ist, so sollte man im Falle von OUTCRY COLLECTIVE nicht zu vorschnell urteilen. Nachdem die Debüt-EP „Pay Per View Love“ letztes Jahr einschlug wie eine Bombe, steht das großartige Debütalbum „Articles“, das die vier Briten auf Visible Noise veröffentlicht haben, unter dem selben günstigen Stern und bietet eine sehr gelungene Mischung aus räudigem Hardcore und dreckigem Rock’n’Roll. Klar, solche Musik kennt man von neueren EVERY TIME I DIE oder von THE BRONX auch, doch die neun Songs sind trotz der eben genannten Verweise eigenständig, fesselnd und haben eine enorme kreative Spannbreite. Die vier Mittzwanziger versuchen dabei, den Hörer mit auf einen Trip durch die Rockgeschichte zu nehmen. Ob das nur große Worte sind, ob die Band wieder nur einem konstruierten Medienrummel unterliegen, oder ob mehr dahintersteckt, erklärt Sänger Steve Sitkowski im Ox-Interview.

Steve, der Name eurer Band lautet OUTCRY COLLECTIVE. Welches Kollektiv macht einen Aufschrei und gegen wen oder was erhebt es seine Stimme?

Der Name ist mir vor fünf Jahren eingefallen, als ich noch auf dem College war. Der „Aufschrei“ repräsentiert unseren Sound, und das „Kollektiv”, damit sind wir vier gemeint. Im Moment sind harte Zeiten angesagt: Wir werden täglich von entsetzlichen Nachrichten geplagt und die Dinge werden einfach nicht leichter. Kein Wunder, dass die Menschen ihren Kopf verlieren. OUTCRY COLLECTIVE ist für uns eine Möglichkeit, diese Angst und Paranoia in etwas Positives umzuwandeln – wie eine kathartische Befreiung von negativer Energie. Los ging es, als ich damals einen Anruf von unserem Gitarristen Chris Phelps bekam, der mich fragte, ob ich nicht bei seiner Band mitmachen wollte. Also ging ich hin und wir spielten ein paar RAGE AGAINST THE MACHINE-Songs. Und irgendwann haben wir angefangen, unser eigenes Material zu schreiben. Das ist die die einzige Sache in meinem Leben, auf die ich stolz bin.

Was bedeutet der Titel „Articles“ eures Debütalbums und warum ist ausschließlich eine Ansammlung von Kassetten auf dem Artwork zu finden? Ist das eine Art Wertschätzung der alten Zeit, als Musik nur auf Vinyl und Kassette veröffentlicht wurde?

Wir wollten definitiv eine Oldschool-Stimmung für das Album, sowohl in Sachen Artwork als auch bei der Produktion. Wir haben jeden Song als ein separates Projekt angesehen. Wenn man sich das Album bewusst anhört, dann bemerkt man, dass wir viele verschiedene Rockgenres miteinbeziehen. Jeder Song kann sowohl für sich alleine stehen als auch Teil eines größeren Stückes sein. Wir haben „Articles“ gewählt, weil wir das Album als eine Werksammlung ansehen, ähnlich wie ein Geschichtenband.

Wie sieht deine Meinung aus in Bezug auf die neuen Wege von Musikkonsum und -vermarktung, zum Beispiel beim leidlichen Thema Downloads?

Die Musikindustrie ist in einem fürchterlichen Zustand. Bands, und wesentlich wichtiger, die Musik leiden darunter. Früher musste man wesentlich mehr dafür tun, Musik zu entdecken, die man mag. Vielleicht hat man einen bestimmten Song ein oder zwei Mal im Radio gehört, sich ihn gemerkt, ihn dann im Plattenladen ausfindig gemacht, und dann hin und her überlegt, ob das dazugehörige Album auch gut ist. Wenn man diese Entscheidung dann gefällt und das Album gekauft hat, dann hört man es sich immer und immer wieder an und liest sich die Texte durch, einfach, um so viel wie möglich von diesem Album mitzubekommen. Heutzutage gibt es dieses ganze Mysterium nicht mehr – man kann sich alles gratis herunterladen. Wir wollen die sofortige Befriedigung und leider bedeutet das, dass die Musik immer mehr zum Wegwerfprodukt wird.

Ihr seid eine relativ junge Band und habt gerade erst euer Debütalbum veröffentlicht. Trotzdem feiert euch die britische Musikpresse als das nächste große Ding. Wie reagiert ihr auf so etwas?

So wurden wir schon vor einer langen Zeit genannt und wir sind nun sozusagen immun dagegen. So ein Hype kann ein sehr gefährliches Ding sein. Deswegen haben wir einfach damit weitergemacht, zu üben, Songs zu schreiben und live aufzutreten. Wir warten auch nicht auf einen glücklichen Zufall, der es uns erlauben wird, unsere Füße hochzulegen – wir werden weiterhin hart dafür arbeiten.

Eure Musik ist eine sehr gut funktionierende Mischung irgendwo zwischen „Kick Ass“-Rock’n’Roll und ziemlich derbem Hardcore. Beim Hören von „Articles“ erinnerte mich euer Sound an Bands wie neuere EVERY TIME I DIE und vor allen Dingen THE BRONX. Aber was sind eure wirklichen Einflüsse?

Dass wir wie EVERY TIME I DIE und THE BRONX klingen, wurde uns schon öfter gesagt. Und wir haben damit auch gerechnet, da unsere Songs harte Gitarren und eine Menge Geschrei beinhalten. Das Ziel, das wir mit unserem Album verfolgen, ist es, die Bands vorzustellen, die uns beeinflusst haben: QUEENS OF THE STONE AGE, STROKES, RATM, OASIS, ARCTIC MONKEYS und BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB.

Und wo seht ihr euch in zehn Jahren?

Ich will mit der Band vier Alben aufnehmen und diese ausgiebig betouren. Es wäre cool, wenn wir nach zehn Jahren ein Vermächtnis hinterlassen hätten. Und noch lieber sähe ich es, wenn dieses Vermächtnis eines Tages jemanden dazu inspiriert, selbst Musik zu machen.