CONNECTION 99

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Punkrock versus Sixties-Freakbeat

CONNECTION 99 aus Neuss gehören zu jenen Bands, die es seit Jahren beziehungsweise fast eineinhalb Jahrzehnten gibt, die hin und wieder absolut mitreißende Konzerte spielen, es aber auf nahezu keine Veröffentlichungen bringen. Gerade mal zwei – absolut hervorragende – Singles, eine Splitsingle mit NA SABINE, WIE SIEHT’S AUS IN MÜNCHEN?! und einen Beitrag zum „Extreme Neuss Terror“-Sampler unter dem Namen HALF PAST 99 hat die Band auf der Habenseite zu verbuchen. Von Rudi (Gitarre und Gesang) und Henne (Trommeln) wollte ich wissen, warum das so ist.

Henne, du und euer Bassist Bär habt ja eine Punk/HC-Vergangenheit und habt in der ersten und einzigen Neusser Hardcore-Band ADRENALIN NE gespielt. Wie kommt man da zum Garagepunk? Altersmilde?

Henne: Anders gefragt: Wie kommt man als neun-, zehnjähriger musikbegeisterter Junge von der Musik der ROLLING STONES, BEATLES, Udo Lindenberg und ganz besonders der Musik David Bowies dann irgendwann zum Punk und Hardcore amerikanischer Prägung? Ganz einfach, durch extreme Begeisterung und der permanenten Gier, seinen Kopf mit neuen Sounds, und im Falle von Punkrock und Hardcore, auch mit neuen Ideen zu füllen. Obwohl mir das als dreizehnjähriger Dorfpunk dann doch noch nicht so bewusst war. Punk und Hardcore gaben uns damals das Gefühl, Musik machen zu können, auch wenn man zuvor niemals ein Instrument in der Hand gehalten hatte, und so gab es die Band ADRENALIN NE dann auch schon mindestens ein Jahr, bevor sie dann wirklich zustande kam. Dem Jenz – später bei SMALL BUT ANGRY – und seinem Vater Ernst, der uns dafür seinen Fetenkeller zur Verfügung stellte, sind wir daher zu ewigem Dank verpflichtet. Aber um auf deine Frage zurückzukommen, für mich war das Thema Punk/Hardcore ab spätestens Ende der Achtziger erst einmal durch. Ich hatte einfach keinen Bock mehr, denn das Zeug, was dann kam, fand ich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, einfach langweilig. Dann kamen für mich so interessante Sachen wie Alternative Rock und auch die frühen so genannten Grunge-Bands, die mich dazu bewegten, mich auch mal in den Sechziger und Siebziger Jahren umzuhören. Und siehe da, da war eine Menge Kram, dem der Punkrock einiges zu verdanken hat. Außerdem bin ich mit 41 einfach zu alt für das Gebolze. Vielleicht ist es ja doch so etwas wie Altersmilde? Nee, im Ernst, wir spielen mit dem Gedanken, ADRENALIN NE anlässlich des ersten und einzigen Konzerts im September 1985 im Norfer Kulturbahnhof, übrigens zusammen mit VANADIN, bei denen der spätere PUBLIC TOYS-Sänger Jürgen Unia alias Fossi sang und Gitarre spielte, im September 2010 wieder auferstehen zu lassen – und zwar mit dir, Guntram, am Bass. Na, wie wäre das?

Rudi, du siehst ja immer aus, als seist du wie Austin Powers mit einer Zeitmaschine direkt aus den Sechzigern zu uns gekommen. Ist Style alles?

Rudi: Austin Powers?! Wie lustig. Mit so einem originellen Vergleich ist ja noch keiner gekommen. Schau mal, der sieht aus wie ein Beatle. Da hätte ich von einem subkulturellen Magazin wie dem Ox aber eine andere Frage erwartet. Na, lauft ihr immer noch so herum, als hätte Mami euch das Bügeleisen wieder abgenommen? Als Modernist kleidet man sich nun mal anders als zum Beispiel Punker, Grufties, Rocker und so weiter. Wir sind eine Gruppe von Freunden, die alle einen anderen subkulturellen Hintergrund mitbringen, und sich gerade deshalb, so wie sie sind, lieben und respektieren. Unser Bühnenstyle ist unser Lifestyle. Das gilt für die anderen genauso wie für mich. Nur dass Mods von Natur aus immer besser gekleidet und frisiert sind als andere.

Du spielst neben CONNECTION 99 bei BEAT BY FIVE und einer weiteren Band. Wo liegen deine Prioritäten?

Rudi: Ja, ich spiele bei CONNECTION 99, BEAT BY FIVE und KOMMANDO BEAT. Ich habe für jede Band eine andere Gitarre, weil jede Band ihren eigenen Sound hat. Meine eindeutige Priorität liegt bei der Band, deren Gitarre ich in dem Moment umhängen habe.

Und wie würdest du euren Sound beschreiben?

Rudi: Als rauhe, rotzige Musik mit softem Gesang, als Mod-Punk-Rock mit zweistimmigem beatlesquem Gesang, den wir lange ausgetüftelt haben und der eigentlich so eine Art Markenzeichen war beziehungsweise ist.

Was inspiriert euch, welche musikalischen Vorbilder habt ihr?

Rudi: Austin Powers und die BEATLES! Aber ich denke, dass wir eindeutig alle andere musikalische Vorbilder haben. Bär und Hennes auf der einen Seite und Tina und ich wahrscheinlich auf der anderen Seite des musikalischen Zeitäquators. Punkrock versus Sixties-Freakbeat. Das macht das Zusammenspiel nicht unbedingt leicht, jedoch sehr interessant. Besonders in der Zeit unserer Dreierbesetzung. Wie gesagt, das macht dann unseren Sound aus.

Henne: Was mich beim Schlagzeugspielen direkt inspiriert, ist schwer zu sagen, und ehrlich gesagt, weiß ich auch nicht, woran ich beim Spielen denke. Ich brauche ja eigentlich auch nicht zu denken, denn ich bin ja Schlagzeuger und mach nur Bumbum. Ansonsten bewegen mich neben der Musik sicherlich auch Bücher und Filme. Da aber jetzt etwas besonders hervorzuheben, fällt mir immer schwer, weil es so viele erstklassige Bands, Schriftsteller und so weiter gibt, über die ich ins Schwärmen geraten könnte. Mein Herz schlägt sicherlich im Punkrock-Takt, aber diese Musik macht nur einen Teil von dem aus, was ich sonst noch so höre. Platten, die ich mit ins Grab nehmen würde, sind sicherlich Scheiben von DEAD KENNEDYS, BLACK FLAG, GUN CLUB, Iggy, Bowie, MC5, CLASH, DAMNED, STIFF LITTLE FINGERS und, und, und. Also eher eine schöne große Gruft!

Hat euer Bandname eigentlich irgendeine Bedeutung?

Rudi: Aber sicher. Die wird nur nicht verraten!

Und warum ist der auf den beiden bislang erschienenen Singles unterschiedlich geschrieben?

Rudi: Wir hatten da so eine kreative Eingebung, um die Leute zu verunsichern.

Aha. Und wann kommt endlich eine LP?

Rudi: Gegenfrage: Wann kommt der edle Junker, der uns die LP produziert? Wir haben in der letzten Zeit genügend Stücke geschrieben, um eine Doppel-LP einzuspielen.

Henne: Irgendwie sind wir permanent pleite, da wir unser Geld dann doch lieber für die Platten anderer Bands ausgeben, und wir finden niemanden, der mit uns etwas machen will, obwohl wir feines Material hätten, welches mindestens für zwei LPs reichen würde.

Ihr seid eine ziemlich gute Live-Band, spielt aber sehr selten, warum?

Rudi: Danke für das Kompliment. An den wenigen Auftritten sind Tina und ich nicht ganz unschuldig. Wir haben unsere Band zu einer etwas längeren Babypause genötigt. Erst Tina und dann ich ...