RANDY BRADBURY

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Summer of ’84

Randy Bradbury ist hauptsächlich als Bassist von PENNYWISE bekannt, bei denen er 1995 zunächst vorübergehend aushalf und 1996 nach dem tragischen Tod von Jason Thirsk zum festen Mitglied wurde. Vor wenigen Wochen erschien mit „Antonio Villaraigosa Golden Expressway“ eine Split-CD mit gleich zwei Nebenprojekten, bei denen Randy zu hören ist. Eigentlich ist es nicht ungewöhnlich und in einigen Fällen auch nicht weiter der Rede wert, dass sich ein Musiker Auszeiten seiner Hauptband durch Nebenprojekte vertreibt. Doch Randy passt nicht in dieses gewohnte Schema. Zum einen hat er mit PENNYWISE mehr als genug zu tun, und zum anderen sind 84 DAY SYNDROME und GLUEFACTORY Projekte, die es eigentlich gar nicht gibt beziehungsweise bei denen er nicht mehr mitspielt. Dennoch ist er an beiden beteiligt. Hört sich kompliziert an, ist es auch.

Seit Jim Lindberg im Sommer 2009 beschlossen hat, sein Mikro nach 19 Jahren an den buchstäblichen Nagel zu hängen, sind PENNYWISE vollauf damit beschäftigt, einen Ersatz für den vakanten Posten zu finden. Auch wenn der Ausstieg so kurzfristig kam, dass man Zoli Teglas von IGNITE bat, für bereits angesetzte Shows einzuspringen, nimmt es niemand in der Band dem ehemaligen Sänger übel. Randy kann ihn vielmehr sehr gut verstehen: Auch ihm fehlt bei jeder Tour seine Familie, wenn er sie wochenlang nicht sieht; auch er kann nicht ausschließen, dass sich eines Tages seine Prioritäten ändern werden. Doch so weit ist es noch nicht. Vielmehr will jetzt ein würdiger Ersatz für Jim gefunden werden. Deshalb probe die Band seit Wochen immer wieder mit unterschiedlichen Sängern, um zu sehen, wer am besten passe, so Randy. Wer es denn nun werde, möchte Randy nicht verraten. Allerdings lässt er durchblicken, dass Zoli mehr als eine Übergangslösung werden könnte. Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, selbst bei PENNYWISE zu singen, reagiert der Bassist zunächst verdutzt. Dabei ist die Idee gar nicht so abwegig. Hört man sich die sechs Songs von 84 DAY SYNDROME an, fällt einem nicht nur die musikalische Nähe zu PENNYWISE auf, auch der Gesang erinnert sehr stark an Jim Lindberg. Hinter 84DS verbirgt sich Randy Bradbury, der bei den Aufnahmen alle Instrumente alleine eingespielt und auch gleich noch den Gesang übernommen hat. Der Vergleich mit seinem ehemaligen Bandkollegen schmeichelt ihm, und auch wenn er sich nicht auf einer Stufe mit ihm sehe; in dessen Fußstapfen möchte er dennoch nicht treten. PENNYWISE lebten unter anderem durch die Ausstrahlung und Präsenz des Sängers, begründet er seine Antwort. Als Bassist sei es ihm allerdings nicht möglich, sich auf der Bühne beim Singen zu bewegen, die ganze Band würde starr wirken. Und seinen Bass würde er dafür nicht aus der Hand geben. Die Ähnlichkeiten zwischen seinem und Jims Gesang rühre einfach von ihrer langjährigen Zusammenarbeit her. Außerdem waren sämtliche Lieder, die nun unter dem Namen 84DS veröffentlicht wurden, ursprünglich für PENNYWISE gedacht und wurden von Randy als Demos in seiner Garage aufgenommen.

So hat sich über die Jahre eine beachtliche Sammlung von Stücken angesammelt, die es nie auf ein PW-Album geschafft haben. Manche davon existieren nur als Fragmente, aus anderen Ideen entstanden in teilweise nur wenigen Minuten komplette Songs. Dass nun einige dieser Songs unter dem Namen 84 DAY SYNDROME auf „Antonio ...“ erschienen sind, sei dem Zufall geschuldet.

Alles habe mit GLUEFACTORY angefangen. Randys langjähriger Freund Mudd Lowther hatte seit einiger Zeit ein neues Projekt unter diesem Namen am Start, dem noch ein Bassist fehlte. „Mudd fragte mich, ob ich mitspielen wollte. Da wir seit mehr als 15 Jahren nicht in einer Band gespielt haben, habe ich sofort zugesagt. Auch den Rest der Band kannte ich noch von früher, da wir alle der Szene von Long Beach entstammen.“ Bei einer Bandprobe hatte Randy dann einige seiner Demos dabei und spielte sie den anderen vor. Doch das Material passte nicht so recht zu GLUEFACTORY, die vor allem an die DEAD KENNEDYS erinnern. „Wir sind alle Surfer hier in Long Beach, deshalb brauchen wir in unseren Bands auch einige Surf-Gitarren. Leider beißt sich das aber mit dem Stil von PENNYWISE; der basiert mehr auf Skate-Gitarren“, erklärt Randy. So wanderten die Song-Ideen wieder zurück in die Garage, während er sich mit GLUEFACTORY langsam an die Arbeit zum ersten Album machte. 2008 wurden sechs Songs aufgenommen. Eigentlich war das Ziel der Band, mindestens zwölf Nummern einzuspielen. Doch aus privaten Gründen musste Sänger Mike Davis eine Auszeit nehmen, das Projekt lag damit zunächst auf Eis. Irgendwann rief Mudd Randy an und fragte ihn, was er davon halte, die sechs GLUEFACTORY-Songs zusammen mit ebenso vielen Demoaufnahmen von Randy auf einer Split-CD auf Mudds Label Long Beach Records zu veröffentlichen. „Ich war überrascht von diesem Vorschlag und hatte Bedenken, weil diese Aufnahmen ja nie für eine Veröffentlichung gedacht waren. An einigen Stellen verspiele ich mich mal, an anderen kann man hören, wie ich beim Singen aus dem Rhythmus komme. Und ich hatte keine Zeit, auch nur einen der Songs noch mal in einem richtigen Studio einzuspielen. Doch Mudd hatten die Aufnahmen gefallen. Er fand sie gerade auch deshalb interessant, weil sie nicht glatt poliert klangen, sondern ihn an unsere Jugend Anfang der Achtziger erinnerten.“

Schließlich stimmte Randy zu, wollte sie allerdings nicht unter seinem Namen veröffentlichen. Dies hätte zu sehr nach einem Ein-Mann-Projekt und einer Ankündigung geklungen, dass es in Zukunft in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen weitere solcher Veröffentlichungen von ihm geben würde. Während sich die beiden über eine Geschichte aus ihrer Jugend unterhielten, kam Mudd die Idee, daraus den Namen für Randys Soloaufnahmen zu machen, 84 DAY SYNDROME. Damals, mit 15 oder 16, hatte Randy etwas geraucht, das er für einen harmlosen Joint hielt. Doch kurz darauf erlebte er den seiner Meinung nach schlimmsten Trip seines Lebens. Er sei stundenlang herumgelaufen und hätte wirres, unverständliches Zeug geredet, während Mudd und andere Freunde versucht hätten, ihn zu beruhigen. Auch wenn das an sich nicht spaßig gewesen sei, erinnere er sich bis heute gerne an diesen Tag zurück, weil dieser für Unbekümmertheit, aber gleichzeitig für Wut und Motivation und schließlich auch für Freundschaft stehe.

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Split-CD war Randy Bradbury nicht mehr Bassist bei GLUEFACTORY. Die Zeit reichte neben PENNYWISE irgendwann nicht mehr aus; zumal er seine Freunde auch nicht behindern wollte, für die GLUEFACTORY mittlerweile zu einer festen Band geworden war. Dennoch würde er auch in Zukunft mit ihnen spielen, wenn es sich einrichten lässt, fügt Randy hinzu. Dafür sieht er 84DS heute mit anderen Augen. Da er auch in Zukunft fleißig Songs schreiben und als Demos aufnehmen werde, könne er sich vorstellen, einige der besten, die bei PENNYWISE keine Verwendung fänden, in Zukunft immer wieder mal unter dem Namen 84DS zu veröffentlichen. Bei der Frage, ob er somit neben PENNYWISE auch ein Teil von GLUEFACTORY sei, bei denen er nicht mehr spiele, um sich stattdessen seinem Soloprojekt 84 DAY SYNDROME zu widmen, welches es an sich gar nicht gebe und das aus Songs bestünde, die künftig Zoli Teglas bei PENNYWISE nicht singen werde, muss Randy lachen, bevor er sie schließlich bejaht. Wenn doch nur alles so einfach wäre.