KINGDOM OF SORROW

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Das Ergebnis einer Männerfreundschaft

Jamie Jasta ist ein vielbeschäftigter Mann. Neben seiner Tätigkeit als Sänger der Bollo-Coreler HATEBREED verschlug es ihn vor fünf Jahren noch weiter in den Metalsektor, als er zusammen mit seinem Kumpel, DOWN-Gitarrist und CROWBAR-Boss Kirk Windstein, KINGDOM OF SORROW gründete. Dieser Tage erscheint das zweite Album der Band. Im Gespräch gab Jamie Auskunft über die Freundschaft zwischen ihm und Kirk und was diese mit KOS zu tun hat, sowie über das aktuelle Album „Behind The Blackest Tears“.

Im Jahre 1993 hast du deine Karriere als Musiker begonnen. Du warst damals Roadie für INTEGRITY, seinerzeit eine der bedeutendsten Hardcore-Bands. Heute bist du selber Frontmann einer der wichtigsten Hardcore-Bands unserer Zeit und singst zudem noch bei einer weltweit bekannten Metalband. Hättest du dir das jemals vorstellen können?

Nein, das hätte ich mir eigentlich niemals träumen lassen, denn alles, was ich wollte, war Musik machen. Diesen Traum konnte ich mir glücklicherweise erfüllen, aber damals hätte ich im Leben nicht daran gedacht, dass das mal so weit gehen würde.

Vor einigen Jahren hast du erzählt, wie wichtig dir in deiner Jugend Roger Miret von AGNOSTIC FRONT war. Mittlerweile gibt es nicht wenige Leute, die genauso über dich denken. Wie fühlt sich das für dich an?

Das ist eine Ehre für mich. Alles, was ich möchte, ist die Leute mit meiner Musik zu unterhalten, dafür zu sorgen, dass sie auf unseren Shows viel Spaß haben. Wenn sie mich als wichtige Inspiration für ihr Leben ansehen, so wie es Roger für mich war und es auch heute noch ist, dann freut mich das ehrlich sehr. Er ist noch immer einer meiner Helden und ich werde immer zu ihm aufsehen.

Welche Bedeutung haben Hardcore und Metal heute für dich?

Es ist für mich einfach eine unfassbar intensive und auch irgendwie emotionale Art und Weise mich auszudrücken. Allein das Gefühl, auf die Bühne zu kommen, das Publikum zu sehen, die Vibrationen der Amps zu spüren oder das Donnern der Drums, ist so wahnsinnig intensiv. Das ist es, was mich auch als Person ausmacht. Hardcore und Metal sind die nahezu wichtigsten Facetten in meinem Leben und ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird. Vor allem berührt mich immer wieder die Tatsache, dass ich auch mit HATEBREED die Möglichkeit habe, von beiden Seiten respektiert zu werden, ohne irgendwelche Anfeindungen von irgendwem. Und mit KINGDOM OF SORROW konnte ich die Verbindung zur Metal-Szene noch ausweiten.

Apropos: Im Jahre 2008 hast du KINGDOM OF SORROW als ein Freundschaftsprojekt von Kirk und dir bezeichnet. Würdest du euch mittlerweile als richtige Band ansehen, oder haben KOS für euch noch immer eher den Projekt-Charakter?

Ich würde sagen, dass KINGDOM OF SORROW inzwischen definitiv eine richtige Band geworden sind, auch wenn HATEBREED natürlich nach wie vor absolute Priorität für mich haben bzw. DOWN für Kirk. Wir haben aber trotz aller Verpflichtungen mit den anderen Bands die Zeit, zu Proben, Songs zu schreiben und Platten aufzunehmen. Das unterstreicht den Bandcharakter mehr denn je.

Von eurer Gründung 2005 bis zum ersten Album dauerte es fast drei Jahre, nicht zuletzt aufgrund eurer Verpflichtungen für HATEBREED und DOWN. Für „Behind The Blackest Tears“ habt ihr nur zwei Jahre gebraucht, obwohl ihr nicht minder beschäftigt mit euren anderen Bands gewesen seit. Was ist euer Geheimnis?

Da gibt es eigentlich kein wirkliches Geheimnis. Man könnte sagen, wir haben unsere Freizeit sinnvoll genutzt. Ich bin ein überaus umtriebiger Mensch und brauche einfach diese ständige Beschäftigung. Ich würde sterben, wenn ich nicht ständig etwas zu tun hätte. Aus diesem Grund gingen die Arbeiten für das neue Album einfach super schnell voran.

Es macht fast den Eindruck, dass du so etwas wie ein „Workaholic“ bist.

Na ja, so würde ich mich nicht unbedingt bezeichnen. Es ist nur so, dass ich mich einfach andauernd mit Musik beschäftige. Ich möchte gute Songs schreiben, die in erster Linie mir gefallen. Dann kann ich sicher sein, dass sie auch anderen gefallen. Der bisherige Erfolg spricht in dieser Hinsicht für sich. Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es eigentlich fast schon ein Wunder, dass wir die neue Platte bereits jetzt fertig haben. Ich habe in letzter Zeit immer wieder Platten mit HATEBREED gemacht, wir haben unsere erste DVD fertig gestellt und letztes Jahr weit über 300 Konzerte gespielt. Das ist natürlich auch anstrengend, da sind die Arbeiten mit KINGDOM OF SORROW fast schon so etwas wie Erholung.

Lass uns über euer neues Album „Behind The Blackest Tears“ sprechen. Ich war ehrlich gesagt ein wenig überrascht von den vielen cleanen Gesangslinien auf der Platte. Stellen diese für dich eigentlich eine besondere Herausforderung dar?

Dazu muss ich erst mal sagen, dass ich auf der Platte ausschließlich Vocals verarbeitet habe, die ich auch in der Lage war zu singen. Alles musste für mich auf natürlichem Wege machbar sein. Ich war selbst überrascht, als wir im Studio waren und ich die Platte einsang. Mir schwebten plötzlich die cleanen Vocal-Lines vor und ich versuchte mich daran. Es war echt cool, als der Produzent plötzlich von seinem Mischpult aufsah und zu mir sagte: „Wow, das war echt cool. Mach das noch mal.“

Aus meiner Sicht scheint „Behind The Blackest Tears“ stark beeinflusst von Southern Metal-Bands wie HOSTILITY und natürlich DOWN zu sein. Ist das die deutliche Handschrift von Kirk?

Kirk schrieb für dieses Album tatsächlich sogar „nur“ zwei Songs, der Rest ist inklusive der Lyrics, Vocallines und Melodien von mir. Die Sache ist einfach die, dass ich diesen New Orleans-Sound, wie Kirk ihn auch mit seinen andern Bands CROWBAR und DOWN spielt, über alles liebe, weshalb ich mein Songwriting im Grunde seinem angeglichen habe. Wir nennen das auf scherzhafter Weise „die Riffs kirkifizieren“. Daher klingt unser Sound für dich wahrscheinlich so vertraut. Wir arbeiten einfach absolut auf einer Wellenlänge. Nimm zum Beispiel den Song „From heroes to dust“, bei dem Kirk auch singt. Ich schrieb diesen Song und auch den Text mit Kirks Stimme im Kopf, und als er ihn dann auch tatsächlich so sang, wie ich mir das vorstellte, erzeugte das schon eine echte Gänsehaut. Wir ergänzen uns einfach perfekt in Bezug auf KINGDOM OF SORROW.

Wie geht ihr generell beim Songwriting und beim Aufnahmeprozess vor?

Meistens sieht es so aus, dass ich Songideen mit einer meiner Gitarren direkt auf meinem Mac festhalte. Auf diese Art und Weise kann man sich die Riffs in relativ gutem Sound hin und her schicken und immer wieder durch weitere Ideen ergänzen. Wenn wir dann ins Studio gehen, geht eigentlich alles ziemlich schnell, da alle Beteiligten gut vorbereitet sind. Jeder weiß, welche Vision beispielsweise mir für einen bestimmten Song vorschwebt und kann diese dann entsprechend umsetzen. Im Grunde genommen müssen wir im Studio nur noch zusehen, dass wir die Drums an die jeweiligen Riff-Vorlagen anpassen.

Siehst du eigentlich eine Chance, Kirk jemals dazu zu bewegen, einige Texte für KOS beizusteuern?

Nein, das wohl eher nicht. Er schreibt ja schon Texte für CROWBAR, sieht darin jedoch nicht gerade eine seiner Stärken. Er hat von Anfang an gesagt, dass er sich bei uns auf das Gitarrespielen und ein wenig auch auf das Singen konzentrieren möchte, weshalb ich in auch nicht weiter damit nerven will. Was nicht heißen soll, dass mir ein Text von ihm nicht jederzeit absolut willkommen wäre, denn schließlich akzeptiert er es ja auch, dass ich einen beachtlichen Teil der Riffs für ihn schreibe. Ein weiterer Beleg für die besondere Bindung zwischen Kirk und mir.

Wovon lässt du dich heute am meisten beeinflussen, wenn du Musik machst?

Ich persönlich lasse mich von allem beeinflussen, was mich umgibt. Wenn ich durch die Stadt laufe, kann es immer sein, dass ich bestimmte Dinge sehe, die mich auf eine Songidee bringen und diese schreibe ich dann sofort auf. Auch Träume können inspirierend sein. Nicht selten wache ich nachts auf und greife sofort zur Gitarre, weil mir wieder eine Idee vorschwebt, die ich umgehend ausprobieren muss. Wenn wir von musikalischen Inspirationsquellen sprechen, dann ändert sich das bei mir eigentlich von Jahr zu Jahr. Für das aktuelle Album waren es aber wohl Bands wie TROUBLE, PENTAGRAM, BLACK SABBATH, PANTERA und in gewisser Weise auch CARNIVORE oder CELTIC FROST.

Das zweite KINGDOM OF SORROW-Album ist jetzt fertig. Gibt es schon Pläne für Album Nummer drei?

Wir wollen jetzt natürlich erst mal „Behind The Blackest Tears“ sacken lassen und so stark wie möglich die Scheibe promoten. Sobald unsere Verpflichtungen es erlauben, werden wir uns aber definitiv an ein weiteres Album machen, soviel steht fest. Aber wie gesagt: Niemand kann genau sagen, wann das der Fall sein wird.

Gibt es irgendwelche Pläne für KOS, auch mal in Deutschland aufzutreten?

Ja, die gibt es wirklich, allerdings wird das wohl noch etwas dauern. Wir möchten unbedingt auch in Deutschland spielen und haben schon ernsthaft darüber gesprochen. Beschlossen haben wir jedoch noch nichts, da wir ja auch an Zeitpläne mit den anderen Bands gebunden sind. Wir müssen ja zum Beispiel noch mit HATEBREED ein paar Konzerte bei euch nachholen, die ja aufgrund es Vulkanausbruchs auf Island ins Wasser gefallen sind.

Letzte Frage: Gibt es irgendwelche Neuigkeiten bezüglich deiner Absicht, ein Buch zu schreiben?

Ja, ich habe die ganze Sache jetzt mal etwas ernster in Angriff genommen und will versuchen, entweder noch Ende diesen, spätestens jedoch Ende nächsten Jahres das Buch zu veröffentlichen.