PORTERHOUSE RECORDS

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Was macht eigentlich ... Greg Hetson?

Liest man irgendwo den Namen Greg Hetson, wird man neugierig, und stellt man dann fest, dass es keine zufällige Namensgleichheit ist, sondern es sich wirklich um den Mann handelt, der bei BAD RELIGION, CIRCLE JERKS und REDD KROSS Gitarre spielt(e). Zusammen mit Steve Kravac betreibt er schon seit über zehn Jahren in Los Angeles das Label Porterhouse Records, und da dieser Tage dort wirklich schöne Rereleases von X und CIRCLE JERKS erscheinen, war mir das ein Interview mit Steve wert.

Steve, was brachte dich dazu, ein Label zu gründen?

Als ich 1994 nach Los Angeles zog, verkauften Independent-Labels noch tonnenweise Platten, und ich produzierte damals einige spannende junge Bands, die auch recht erfolgreich waren. Nachdem ich das eine ganze Weile gemacht hatte, war die Labelgründung 1997 der nächste logische Schritt. Meine bis dahin gesammelte Erfahrung ermöglichte es mir, Bands zu unterstützen und gleichzeitig ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das flexibler als das herkömmlicher Labels ist und die Interessen der Bands wirklich respektiert. Heute veröffentlichen wir sowohl neue Bands als auch Punk-Klassiker.

Du betreibst Porterhouse zusammen mit Greg. Wie läuft das Tagesgeschäft ab?

Wir sind eigentlich ein ziemlich kleiner Laden, arbeiten aber hart daran, das Geschäft voranzubringen. Weil Greg einen Großteil des Jahres mit BAD RELIGION tourt, kümmere ich mich um das Tagesgeschäft. Alle wichtigen Entscheidungen, die das Label angehen, treffen wir aber zusammen. Es ist manchmal ganz gut, Input von jemand zu bekommen, der nicht jeden Tag mit dem Geschäft zu tun hat. Eine zweite und klare Perspektive ist gelegentlich ziemlich hilfreich, da die Arbeit auch ganz schön frustrierend sein kann.

Greg hat ja nun über seinen Bandkollegen Brett Gurewitz, dem Besitzer von Epitaph, auch gute Kontakte in diese Richtung. Haben beide Labels denn was miteinander zu tun?

Es gibt keine direkte Verbindung zwischen Porterhouse und Epitaph, allerdings arbeiten viele unserer Freunde und Geschäftspartner für sie. Wir respektieren Epitaph für all das, was sie für die Musikszene getan haben. Was Epitaph als Geschäftspartner betrifft, so denke ich, dass wir besser unseren eigenen Weg gehen sollten, und Greg sieht das genauso.

Wo siehst du den Platz eines Labels wie eurem in diesen Zeiten, in denen es anscheinend immer schwieriger wird im Musikgeschäft?

Ich finde, es ist eine sehr gute Zeit für ein Indielabel, denn derzeit bieten sich einem jede Menge neuer Möglichkeiten. Ganz anders ist die Situation für die Majorlabels: Die leben nur noch von Bands, die sie von kleinen Labels abwerben und die bewiesen haben, dass man sie gut verkaufen kann, so dass es für sie wirtschaftlich eine einfache Kalkulation ist. Wenn es für sie geringe Investitionen und wenig Aufwand bedeutet, nehmen sie die unter Vertrag und investieren so selbst überhaupt nicht mehr in künstlerische Entwicklung, was echt erbärmlich ist. Und dann wundern die sich auch noch, warum sie kein Geld mehr verdienen.

Und was bedeutet das für Indielabels?

Ich bin der Meinung, dass sich die Künstler auf das konzentrieren sollten, was sie am besten können: großartige Musik schreiben und aufnehmen. Es ist doch klar, dass man nicht alles allein bewältigen kann, wenn es um geschäftliche Dinge geht. Allerdings brauchen Bands keine Labels, die den Bezug zur Realität verloren haben. Das Musikgeschäft benötigt Partnerschaften, um voranzukommen. Unser Geschäftsmodell ist es, ein Partner für die Künstler zu sein, bei dem der Großteil der Einkünfte aus ihren Verkäufen an sie geht. Bei den Majors läuft es derzeit ganz anders, die wollen an allen Aktivitäten ihrer Künstler verdienen, bieten ihnen 360°-Deals und geben ihnen höchstens 14% der Gesamteinnahmen ab. Wir bieten unseren Bands 51% aus den gesamten Einnahmen, die sich aus den Verkäufen ergeben. Sie behalten die Rechte an ihren Veröffentlichungen und die Einkünfte aus dem Merchandise-Verkauf. Für uns bedeutet das eine Rückbesinnung auf die Basisarbeit. Das heißt, das wir uns aufmerksam und sorgsam um neue Bands kümmern, während wir unser Geschäft durch einen guten Backkatalog finanzieren.

Mit Prime Vinyl habt ihr ein Unterlabel gegründet, das sich auf Vinylpressungen beschränkt. Was waren die ersten Veröffentlichungen und welche kann man in der Zukunft erwarten?

Prime Vinyl haben wir gegründet, um Klassiker weiterhin auf Vinyl zugänglich zu machen. Wir haben uns die Verkäufe und Einnahmen unserer CIRCLE JERKS-Titel angesehen und festgestellt, dass diese sehr gut waren und wir so entsprechend mehr Augenmerk auf diesen Geschäftszweig legen sollten. Die erste Veröffentlichung auf Prime Vinyl war die Wiederveröffentlichung der CIRCLE JERKS-LP „Golden Shower Of Hits“, welche bis jetzt sehr gut ankommt. Zur Zeit konzentrieren wir uns auf die Neuauflage der Platten von X – meiner Meinung nach eine der besten Bands, die je aus L.A. kamen. Mit „Wild Gift“ kam jetzt das erste von insgesamt drei Rereleases raus, „Under The Big Black Sun“ und „More Fun In The New World“ werden im Laufe des Jahres folgen. Wir werden versuchen, die Rechte an mehr solcher Veröffentlichungen zu bekommen, denn es besteht eine große Nachfrage danach.

Was ist euch bei den Rereleases wichtig?

Wir legen sehr viel Wert darauf, dass die Wiederveröffentlichungen so nah am Original wie möglich sind, und das unterscheidet uns von den anderen Labels. Viele LPs, die als Reissues auf den Markt geworfen werden, sind sehr billig aufgemacht und somit enttäuschend. Beginnend bei der Aufmachung, über das Mastering bis zur Vinylherstellung selbst überwachen wir den gesamten Prozess, um sicherzustellen, dass ein perfektes Produkt entsteht.

In Deutschland ist Vinyl immer noch sehr beliebt bei Plattensammlern. Wie sieht es in den USA aus?

Die Vinylverkäufe in den USA steigen derzeit rapide an! Wenn du mir das vor fünf Jahren erzählt hättest, hätte ich es nicht geglaubt. Aber jedes Label muss flexibel sein und auf die Wünsche der Musik-Fans eingehen. Wenn Vinyl das ist, was die Kunden wollen, dann gib es ihnen. Solange Nachfrage nach Vinyl besteht, werden wir Vinyl machen.

Es gibt aber auch noch Porterhouse 101, wo ihr Musik nur auf digitalem Weg veröffentlicht.

Wir haben festgestellt, dass es sehr teuer ist, alle Sachen aus unserem Backkatalog ständig verfügbar zu halten. Ein Beispiel dafür ist die Live-Scheibe „Gig“ von den CIRCLE JERKS, die wir derzeit nur digital anbieten. So bleibt eine Platte für die Fans weiterhin zugänglich und wir müssen dafür nicht viel investieren. Und wir nehmen auch neue Bands unter Vertrag und geben ihnen die Möglichkeit, ihre Alben auf diesem Weg anzubieten. Wenn man sieht, dass viele Läden keine CDs von neuen Bands mehr ins Regal stellen und sie sich nur noch auf Bands konzentrieren, die ihnen sichere Einkünfte bringen wie ROLLING STONES oder LINKIN PARK, macht es für uns auch keinen Sinn, in solchen Läden um Verkaufsfläche für unser Platten zu kämpfen, die sie uns sowieso nicht geben würden. Da ist es sinnvoller, mit digitalen Veröffentlichungen einen direkten Weg zu gehen. Beispiele für solche Releases auf 101 sind C. E. Lane – seine Einflüsse liegen bei WILCO und Tom Petty – und die KIDNEYS, bei denen Brooks Wackerman von BAD RELIGION und Mitglieder von FILTER und DEATH BY STEREO spielen. Ihre Musik erinnert mich an einen Mix aus Elvis Costello und DESCENDENTS. Ein anderer positiver Aspekt an 101 ist, dass wir da unseren musikalischen Horizont über Punkrock hinaus sehr leicht erweitern konnten. 101-Bands sind einfach nicht nur auf Punk beschränkt.

Was ist denn dein liebstes Musikformat?

Ich muss sagen, das ich heutzutage alle Formate nutze. Allerdings sind CDs im Laufe der Zeit für mich immer weniger interessant geworden. Aber natürlich können mir Bands ihre Demos immer noch gerne auf CD zukommen lassen.

Du betreibst auch das Gourmet Sound-Studio. Mit wem hast du zuletzt gearbeitet und welche Philosophie verfolgst du mit dem Studio?

Gourmet Sounds ist unser Studio hier in L.A. Wir nutzen es für die Projekte, die dann auf unserem Label erscheinen. Allerdings können dort auch andere Bands ihre Aufnahmen produzieren. Es ist ein modernes digitales Studios mit einer großen Auswahl an klassischen Gitarren, Verstärkern und Aufnahmeequipment. Und wir bieten auch Mastering an, das macht ein sehr guter Tontechniker aus unserem Team. Unsere letzten Kunden waren THE DICKIES , I SET MY FRIENDS ON FIRE und El Hefe von NOFX. Wenn ich eine Band aufnehme, steckt dahinter die gleiche Philosophie wie hinter meiner Labelarbeit: Hilf dem Künstler und gib immer das Beste. Das Allerwichtigste ist Beständigkeit!

Da du dich professionell mit der der Produktion von Musik beschäftigst: Wie beurteilst du die Entwicklung, dass viele Leute mp3s als Standardformat ansehen? Wissenschaftler haben herausgefunden, dass mp3s die Hörgewohnheiten dahingehend verändern, dass Menschen, die ausschließlich mp3-Formate hören, sich mit weniger guter Soundqualität zufrieden geben.

Ich kann mich gut daran erinnern, wie es war, als ich das erste Mal ein Lied als mp3-Datei hörte und ich zu mir selbst sagte: Der Sound ist ja richtig schlecht! Es steht außer Frage, dass durch diese technischen Entwicklungen immer mehr Leute Zugriff auf Musik haben, aber darunter deren Qualität gelitten hat. Das konnte aber auch nicht verhindern, dass weiterhin Platten mit extrem schlechten Sound aufgenommen und verkauft werden. Und es sind Menschen wie ich, die aufgrund ihrer Erfahrung versuchen, solchen negativen Entwicklungen entgegenzuwirken. Aber letzten Endes kommt es immer in erster Linie darauf an, dass ein Lied gut ist – ein gutes Stück hört man sich immer an, egal in welcher Form.