RAVEONETTES

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First we take Brooklyn, then we take L.A.

Das dänische Duo RAVEONETTES, bestehend aus Gitarrist Sune Rose Wagner und Sängerin Sharin Foo, die allerdings bereits seit einiger Zeit in Los Angeles beziehungsweise New York leben, ist neben den THE KILLS und den WHITE STRIPES eine der bekanntesten Rock’n’Roll-Duo-Konstellationen und musikalisch wie auch visuell enorm präsent. Der Bandname ist zu gleichen Teilen eine Reminiszenz an den Song „Rave on!“ von Buddy Holly und die Sechziger-Jahre-Legende THE RONETTES, deren Sängerin Ronnie Bernett auf dem THE RAVEONETTES-Album „Pretty In Black“ mitwirkte – wie auch Martin Rev von SUICIDE und Maureen Tucker von THE VELVET UNDERGROUND – und damit sind schon die wesentlichen musikalischen Einflussgrößen umrissen. Nachdem sie 2001 ihr erstes Konzert in den USA im New Yorker CBGB’s spielten, gab es einen relativ großen Hype um die Band, es kam zu einem Bieterwettbewerb unter den großen Labels und Columbia erhielt den Zuschlag für die ersten drei Alben. Im vergangenen Herbst ist ihr viertes Album „In And Out Of Control“ erschienen, nun auf Fierce Panda, und vor kurzem waren die RAVEONETTES an dem Jeffrey Lee Pierce Studio Session Project beteiligt, an dem auch Nick Cave, Debbie Harry, Mick Harvey, Lydia Lunch und Mark Lanegan mitwirkten. Das aktuelle Album ist nicht mehr von einem ganz so krachigen Beatbox-Charme beseelt wie ihr selbstproduziertes Vorgängeralbum „Lust Lust Lust“ und lässt mehr Noise-Pop-Einflüsse zu. Thematisch geht es aber immer noch um die Grenzbereiche des Lebens wie in den Songs „Suicide“, „Oh, I buried you today“ und „Boys who rape“. Sune Rose Wagner beantwortete einige Fragen.

Ihr habt kürzlich an dem Jeffrey Lee Pierce Session Project mitgewirkt, an dem zahlreiche namhafte Musiker beteiligt waren und das von Cypress Grove, der in den letzten Wirkungsjahren von Jeffrey Lee Pierce eng mit ihm zusammen gearbeitet hat, koordiniert wurde. Wie seid ihr in das Projekt gekommen und wie ist deine Beziehung zur Musik und Person von Jeffrey Lee Pierce?

Cypress Grove hat uns direkt angesprochen, nachdem er wohl auf Youtube einen Live-Clip von uns gesehen hat, in dem wir „Sex beat“ von THE GUN CLUB gecovert haben. Das war Anlass genug für ihn uns an diesem Projekt zu beteiligen. Ich habe mir als junger Fan damals fast alle Alben von THE GUN CLUB gekauft. Ich mochte die Band schon immer sehr. Ich habe auch Jeffrey Lee Pierce’ Autobiographie „Go Tell The Mountain“ gelesen, die auch sein lyrisches Werk abdeckt, und war davon sehr fasziniert. Auch seine Verbindungen zu anderen Musikern und Bands wie beispielsweise THE CRAMPS finde ich sehr spannend.

Ihr habt mit „Free to walk“den gleichen Song gecovert wie Nick Cave und Debbie Harry – ein Zufall?

Cypress wollte in der Tat, dass verschiedene Musiker den gleichen Song covern, und er war dann im Nachhinein doch sehr überrascht, wie unterschiedlich – im positiven Sinne – unsere Version des Songs im Vergleich zu der von Nick Cave und Debbie Harry oder der von Mark Lanegan und Isobel Campbell geworden ist. Insofern hat das mit der Wahl dieses Songs gepasst.

Ich hatte jüngst ein Interview mit einem dänischen Musiker, der seine Internetseite „Fustydk“ nennt und die heimische Musikszene als eher ernüchternd erachtet. Würdest du die dänische Musikszene auch als zu überschaubar oder „begrenzt“ ansehen?

Es hat sich doch ziemlich viel verändert in den letzten Jahren. Früher war es ein großes Ding, wenn dänische Bands beispielsweise in den Staaten tourten, mittlerweile sind das aber sehr viele Bands geworden und ich nehme die Musikszene in Kopenhagen als sehr lebendig und abwechslungsreich wahr, was ja auch der Grund ist, weshalb du auch in den USA mehr Bands aus Dänemark sehen kannst.

Euer erstes Konzert außerhalb von Kopenhagen habt ihr im legendären CBGB’s in New York gespielt. Ein Zufall?

Für uns war das irgendwie eine klare Sache damals, denn wir fühlten eine sehr enge musikalische Verbundenheit mit dem CBGB’s. Wir stehen ja auch musikalisch in der Tradition von BLONDIE, THE RAMONES, THE CRAMPS und SUICIDE. Ich muss allerdings gestehen, dass ich danach nie wieder dort gewesen bin, da kein Konzert stattgefunden hat, was mich wirklich interessiert hätte.

Das letzte Konzert im CBGB’s war das von Patti Smith. Ist sie eine Inspiration für dich?

Ja klar, Patti Smith ist einfach großartig. Ihr Album „Horses“ ist meiner Auffassung nach ihr bestes Album und eine wahre Bereicherung und Inspiration hinsichtlich der Art und Weise, wie sie mit Worten umgeht, der Texte überhaupt und der Stimmung, die auf dem Album vorherrscht.

Du lebst heute in Los Angeles und Sharin in New York. Ich stelle mir New York aus der Sicht eines Musikers als die bessere und ergiebigere Inspirationsquelle vor – ist das so?

Los Angeles ist für mich eine gute Inspirationsquelle. Die besten Songs der RAVEONETTES aus der frühen Zeit sind hier entstanden, als ich oft mit einem Freund unterwegs gewesen bin, und viele unserer Songs haben auch inhaltlich direkte Bezüge zu Los Angeles. New York hat sich sehr verändert, seit ich zum ersten Mal dort gewesen bin. Es ist nun sehr viel aufgeräumter, „schöner“ und ruhiger und dennoch mag ich New York immer noch sehr, weil du so gut wie alles dort bekommst und jeder Musiker, Bekannte oder Freund von uns dort einmal aufschlägt.

In Deutschland könnte es Verwunderung hervorrufen, dass ihr euch für Thomas Troelson als Produzenten eures letzten Albums entschieden habt, der Acts wie die NO ANGELS, Sarah Connor oder Bryan Adams produziert hat. Weshalb habt ihr euch für ihn entschieden?

Thomas ist ein alter Freund von uns und ein enorm talentierter Songschreiber und Produzent. Für uns war es ausschlaggebend, mit einem Produzenten zu arbeiten, der eine vergleichbare Auffassung und Wahrnehmung in Sachen Rock’n’Roll hat. Thomas hat ähnliche musikalische Wurzeln wie wir. Wir wollten ein sehr spontanes Album aufnehmen, das aus dem Augenblick gewachsen ist. Eine Momentaufnahme, wenn du so willst. Wir haben nicht sehr viel Zeit für die Aufnahmen verwendet, weil wir ein besonders frisches und lebendiges Album haben wollten, nichts sollte schal oder überproduziert wirken. Manche glauben zwar, dass Thomas mehr der „cheesy“ Typ ist, der selbst gerne Teil eine Boy-Band wäre, aber das ist Unsinn. Und er ist ein Mensch mit einem unglaublichen Wissensschatz in Sachen Rockmusik, er kennt zum Teil so dermaßen obskure Bands, von denen du niemals etwas gehört hast.

Sharin wurde 2006 von einer US-Musikzeitschrift Blender als „One of the hottest women“ in der Rockmusik bezeichnet. Was bedeutet ihr so eine merkwürdige „Auszeichnung“?

Geh mal davon aus, dass Sharin dieser ganze mediale „Hot woman“-Faktor so gar nicht interessiert, dass sie sich eher auf die Musik selbst als auf ihr Image konzentriert.