SCHWARZE SCHAFE

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Von wegen Modestadt

Eine Einleitung dient dazu, den Leser mit der Band vertraut zu machen. In diesem Fall hat diese Aufgabe aber Armin Heitmann, Kopf von DIE SCHWARZEN SCHAFE und Campary Records, selbst übernommen. Los geht’s.

DIE SCHWARZEN SCHAFE für Beginner: Bitte die Geschichte im Schnelldurchlauf.

1985 wollte ich nochmals eine Band gründen, nachdem ich 1980/81 schon mal bei einer Schüler-Punkband gesungen habe, mit der wir drei Konzerte in der Schule hatten. So sprach ich damals einen Kumpel an, Mumie, ob er Interesse hätte, in einer Band Schlagzeug zu spielen, dann kam noch ein Gitarrist dazu und die SCHWARZEN SCHAFE waren geboren, mit mir als Bassisten und Sänger. Durch zwei Demos, die wir im Kinderzimmer von Mumie aufgenommen hatten, bekamen wir das Angebot in Versprochen auf dem Blähboy-Festival zu spielen. Das Blähboy war ein Wuppertaler Punkzine. So fand der erste Gig der SCHWARZEN SCHAFE im September 1986 statt. Von da ab sollte es eine Kapelle mit ständig wechselnder Besetzung werden, die trotz vieler Gesichter und Leute Ende 1987 ihre erste 7“ auf dem eigens gegründeten Label Campary Records veröffentlichte. Die ersten 1.000 Exemplare verkauften sich so gut, dass die EP nachgepresst wurde. Der Song „Friede den Hütten und Krieg den Palästen“, der von unserem Gitarristen Gerd war, wurde zur Hymne der Band und es folgte Konzert auf Konzert sowie die ersten Touren. Ende 1988 hat man sich so satt gespielt, dass ein Jahr Pause gemacht wurde mit der Band und jeder von uns fand sich in Nebenprojekten wieder. Ich gründete mit Mark unserem Schlagzeuger eine Band mit Leuten aus dem AK47-Umfeld. Der Name der Band war MOMIDO7 und nach vier Monaten waren wir in Skandinavien auf Tour. Eine Tour, die eigentlich für DIE SCHWARZEN SCHAFE geplant war. Ende 1989 ging es dann mit DIE SCHWARZEN SCHAFE weiter. Eine Deutschlandtour folgte, bevor 1990 die erste LP „Ars Jutitia“ erschien. 1991 waren DIE SCHWARZEN SCHAFE auf Europatour, nach der aber Mark und Alex die Band verließen. Der Verlust dieser beiden Musiker und Freunde war nicht so einfach zu verkraften für die Band. Es wurde zwar Ersatz gefunden und die Konzerte wurden größer, wie etwa 1992 im Zakk in Düsseldorf als Vorband von RAZZIA vor mehr als 500 Leuten, aber irgendwie zeichnete sich ab, dass die Chemie in der Band nicht stimmt. Es folgte eine Pause bis 1997. Mit neuer Besetzung wurden zwischen 1997 und 1999 nochmals weitere 80 Konzerte gespielt, mit einer Deutschlandtour mit OI POLLOI im Frühjahr 1999 als Höhepunkt. Danach folgte nochmals eine Pause mit Line-up-Wechsel, bevor es 2002 wieder auf Tour ging, diesmal zehn Konzerte mit DISORDER durch Deutschland und der Schweiz. 2003 erschien die LP „Auf der Suche nach dem Licht“, die einige sehr gute Kritiken bekam. Es folgten 2005 eine Finnlandtour mit den DISASTERS sowie unzählige Gigs in Deutschland. Und auf Teenage Rebel Records erschien in Zusammenarbeit mit Campary eine Compilation-LP sowie -CD. 2006 dann eine Split-LP mit meinen alten Label-Freunden NAKED AGGRESSION und auch eine Deutschlandtour mit dieser US-Anarcho-Punkband. 2007 fand unser letzter Line-up-Wechsel statt und seitdem bestehen DIE SCHWARZEN SCHAFE aus Volker: Gitarre, Christian: Bass, Michael: Schlagzeug und Armin: Gesang. Von 2007 bis 2009 spielte Fischer noch zweite Gitarre, bevor er uns wieder verließ. Eine 12“ mit dem Namen „Schrei“ erblickte 2008 auf Campary Records das Licht der Welt und im Frühjahr 2010 waren DIE SCHWARZEN SCHAFE auf Tour durch Polen, was großartig war. Im Sommer des gleichen Jahres wurde in Celle bei Martin K. unsere LP „Jetzt kommen die Jahre“ eingespielt.

25 Jahre – was braucht es, um so lange durchzuhalten oder weiterzumachen mit einer Band? Stumpfheit? Enthusiasmus? Verrücktheit?

Ich denke, da gehört auf jeden Fall Enthusiasmus dazu und ein verdammter Wille, immer wieder nach Enttäuschungen aufzustehen und neu anzufangen. Was das Ganze bei DIE SCHWARZEN SCHAFE nach den vielen Besetzungswechseln nicht einfach macht: Hatte man sich gerade an einen Gitarristen oder Gitarristin gewöhnt, war schon wieder der nächste da und das Set wurde von Neuem geübt. Wäre das alles konstanter gewesen hätten wir bestimmt nicht nur vier LPs, sondern sieben bis acht gemacht, denn das hat uns immer zurückgeworfen. Oft hatte ich den Eindruck, immer wenn es richtig losgehen sollte, kommt was dazwischen. Nun, das haben wir dann in den letzten drei Jahren auch hinter uns gebracht, denn mittlerweile spielen bei DIE SCHWARZEN SCHAFE vier Freunde und keine Zweckgemeinschaft, wie es früher öfters war.

Was sind für dich die schönsten Erinnerungen, worüber sollte besser der Mantel des Vergessens ausgebreitet werden?

Die ganzen Jahre mit DIE SCHWARZEN SCHAFE waren schön. Natürlich gab es immer mal ein Konzert, das weniger schön war, aber das gehört zum „Geschäft“ Ich fahre eigentlich gerne durch die Gegend, denn das bietet einen schönen Ausgleich zum Alltag. Auch wenn man heute nicht mehr so ein Kribbeln im Bauch hat wie vor 20 Jahren, ist es schon nett. Denke ich an besonders schöne Konzerte zurück, dann fällt mir die Europatour 1991 ein, aber auch Sachen wie die Polentour 2010. Von den 400 Konzerten, die wir gespielt haben, waren bestimmt 350 okay.

Du hast eine Menge Bands, Labels und Leute in Düsseldorf kommen und gehen sehen – wie siehst du die Punk-Szene der „Modestadt“ heute, wie war sie 1985?

Eigentlich sind noch eine Menge Leute dem Ganzen verbunden, die ich schon 1985 und auch 1980 kannte. Klar, machen nicht alle mehr so aktiv mit wie früher, aber wichtig ist für mich, dass die meisten Leute nicht ganz die Fronten gewechselt haben. Früher war auch alles wesentlich überschaubarer als heute, aber man sollte ja nach vorne schauen und nicht immer schreien: früher war alles besser. Denn das war es auch nicht. Es war zum Beispiel einfacher für eine Band, denn vor 25 Jahren gab es in Deutschland 1.000 Bands, die eine Platte veröffentlichten. Heute sind es wohl 10.000 Bands und man steigt gar nicht mehr so dahinter wie früher. Das Überangebot führt dazu, dass es schwer wird, zu erkennen, ob auch was wirklich Interessantes für einen selbst dabei ist. Denn ein Typ von einem Label mit Anzeigen und Werbung überall sagt noch lange nicht, dass es sich auch um eine coole interessante Scheibe handelt. Aber das ist ja bekanntermaßen alles Geschmackssache.

Punk ist ...? Ja, was denn?

Punk ist für mich total D.I.Y. sein. Ohne die Hilfe und Abhängigkeit irgendwelcher Labels/Agenturen oder sonstige Vereine was zu machen. Selbständiges Denken und Arbeiten an Dingen, die man aus Überzeugung macht, ohne dabei immer nur an Geld zu denken, weil es sich in irgendeiner Art gut verkaufen könnte. Ich mag es eigentlich nicht, wenn man vom Punk lebt, denn es zerstört ein wenig die Ideologie des Ganzen. Man sollte natürlich bei seinen Projekten, die man macht, nicht draufzahlen, aber auch nicht probieren, das Geld aus der Szene zu ziehen. Wenn ich in einem AZ spiele, weiß ich auch, dass es auf Kasse geht, und setze die Veranstalter nicht unter Druck mit überhöhten Gagen-Forderungen, wie es einige Bands machen. Wenn man wo spielt, wo es städtische Zuschüsse gibt, kann man auch schon mal etwas Geld für seinen Verschleiß mitnehmen. Das finde ich legal und stört mich dann auch nicht. Aber wie gesagt, Punk ist für mich D.I.Y. und man sollte immer gut im Auge behalten, was um einen herum abgeht.

„Jetzt kommen die Jahre“ – ein irgendwie trauriger Albumtitel, den ich ergänze mit „... in denen man als älter gewordener Punk erfahren muss, dass wir nicht unsterblich sind und auch die Guten hinweg gerafft werden.“ Ist „Future!“ doch „No future!“ vorzuziehen oder wie ist das alles zu verstehen?

Ich muss sagen, dass ich die Idee für den Text schon ein paar Jahre im Kopf hatte, nur war es bis dato noch nicht umzusetzen. Jetzt ist er nun endlich für die Nachwelt dokumentiert, aber es ist schon wahr, dass ich mich mit dem Älterwerden beschäftige. Denn es ist gar nicht das Ding, dass man älter wird, es sind die Dinge, die einem heute schwerer fallen als zum Beispiel vor 15 Jahren. Oder mitbekommen zu müssen, wie einige Freunde oder Altersgenossen gesundheitlich doch schon ganz schön zerfallen und leiden, und das macht mich traurig, denn ich glaube daran, dass alles eine vorgeschriebene Sache ist. Es ist vorgeschrieben, wann du gehen musst und wann gewisse Dinge mit einem passieren. Klar kann man dagegen steuern, aber nur bis zu einem bestimmten Grad. Der Rest ist meiner Meinung nicht beeinflussbar.

Mit Campary Records hast du ein eigenes Label, dennoch ist das neue DSS-Album auf Teenage Rebel erschienen. Wie aktiv oder inaktiv ist das Label, was waren über die Jahre gute und schlechte Erfahrungen?

Ich mache ja eigentlich keine CDs und da war es von Anfang an klar, dass wir ein Label brauchen, das CDs macht, einen Vertrieb hat und auch zu uns passt. Das sich um Reviews kümmert und uns mit Rat und Tat zur Seite steht. Wir sind froh, mit Teenage Rebel ein Label gefunden zu haben, das uns so gut helfen kann, wie es Rüdiger die letzten zwei Monate gemacht hat. Man ist zwar nicht immer einer Meinung, aber viele Meinungen tun dem Ganzen gut, man versucht, die Dinge aus mehren Perspektiven zu betrachten, und wenn man dann einen Nenner gefunden hat, kommt meistens etwas Besseres dabei rum. Dass ich mit Campary Records das Vinyl mache in Zusammenarbeit mit My Delight Records, dem Label unseres Bassisten, war von Anfang an klar. Dafür brauche ich auch kein Label, denn Vinyl mache ich seit über 20 Jahren und das bekomme ich ganz gut hin. Denn Campary Records besteht immer noch und pleite gegangen bin ich durch Fehlinvestitionen auch noch nicht. Gute Erfahrungen habe ich mit vielen Kapellen gemacht, die auf Campary Records Vinyl veröffentlicht haben. Sei es mit OI POLLOI, KHATARINA, HEIMATGLÜCK, EYE FOR AN EYE oder NAKED AGGRESSION oder den unvergessenen MACHINE GUN ETIQUETTE. Das waren alles mehr als Geschäftsbeziehungen. Das waren und sind Freunde, die gerne mit mir arbeiten und die wissen auch ganz genau, dass Campary Records ein kleines D.I.Y.-Label ist, mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten, das aber trotzdem was bewegen kann mit der Idee „Total D.I.Y.“.