TRAKTOR

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Klasse geht vor Erfolg

Als Trio 2002 in Eskilstuna gegründet, fand die schwedische Postcore-Formation TRAKTOR schnell Zulauf und konnte sogar die Besetzung bald zum Quartett aufstocken. Nach dem ruppigen Debüt „Lights“ und dem reifen Nachfolger „Sequence The Sequence“ haben Vinylfans jetzt wieder Grund zur Freude, denn mit „Early Adopter“ tritt die verlässliche Combo endgültig das Erbe von San Diegos DRIVE LIKE JEHU an. Mein Interviewpartner war Gitarrist Georgios Kalafatidis.

Das Covermotiv von „Early Adopter“ wirkt recht fragmentarisch, was soll es als Ganzes darstellen und welche Aussage steckt dahinter?

Was es darstellt, ist doch eigentlich zweitrangig, wir wissen auch nur, was es ist, weil man es uns gesagt hat. Wichtig ist doch, wie es von den „Erstanwendern“ wahrgenommen wird. Man muss sich sein eigenes Bild erschaffen und darum geht es doch. Das mag vielleicht nach einem arty-farty Schwindel klingen, aber das Subjektive ist eben gerade entscheidend. Das gesamte Album ist eine Fusion aus dem, was uns interessiert: Popkultur, Politik und Medienwissenschaften. Anschließend lassen wir den Zuhörern genügend Raum für eigene Assoziationen.

Als ehemalige Labelmates von CALLEJON habt ihr doch sicher deren kometenhaften Aufstieg verfolgt. Wie seht ihr die Entwicklung vom Indie hin zum Branchenriesen?

Ja, das mit CALLEJON hat sich bis nach Schweden rumgesprochen. Wir halten wir auch weiterhin Kontakt mit My Favourite Toy Records, obwohl wir dort nicht mehr unter Vertrag sind und das Label gerade auf Eis liegt. Wir verdanken den Machern eine Menge. Natürlich passiert es ständig, dass Bands ihr erstes Label verlassen. Wir versuchen aber, alle noch mit einzubeziehen. Würden wir jetzt plötzlich unheimlich viele Alben verkaufen, dann bekämen die ehemaligen Labels ja auch ihren Teil ab durch den Backkatalog.

Das Musikbiz hat eine ausgeprägte Vorliebe für, sagen wir, oberflächliche Bands. Ist das nicht frustrierend?

Natürlich kann man das frustrierend finden, aber viel ändern kann man daran nicht. Wir sind für unseren Teil zufrieden, da wir eine recht gute Position haben. Wir haben Kontakt zu vielen Leuten, die sich für unsere Musik interessieren, und durch Touren können wir vielleicht noch mehr Leute erreichen.

Es gibt bei euch aber noch eine weitere Gemeinsamkeit mit CALLEJON. Sie haben 2009 ihren Auftritt beim With Full Force gecancelt und auch ihr musstet schon mehrere Touren canceln, weshalb?

Klar, eine Tour zu canceln, ist immer eine unangenehme Sache. Einmal war es, weil sich Fredrik, unser Basser, eine ersthafte Magenkrankheit eingehandelt hatte, und eine andere Tour musste abgesagt werden, weil die norwegische Combo, mit der wir loswollten, einen Tag vor dem Start die halbe Tour absagte. Es ist immer eine schwere Entscheidung und kommt nur dann in Frage, wenn alle Alternativen nicht greifen. Wir haben zwar ein paar enttäuschte Mails von Fans bekommen, aber die haben verstanden, dass es gar nicht anders ging. Unserer Reputation hat das, hoffe ich, nicht geschadet.

Heute ist ja jeder ein Künstler, aber kaum jemand macht beruflich Kunst. Wo sind die Vorteile und was unterscheidet wahre Künstler von semi-professionellen Musikern? Wo würdest du TRAKTOR einordnen?

Vielleicht müsste man TRAKTOR auch bei den Semi-Professionellen einordnen. Um von uns als Berufsmusikern sprechen zu können, müssten wir damit mehr Geld verdienen. Aber wenn es uns darum ginge, hätten wir einen anderen Stil wählen müssen. Unsere dämliche Antwort lautet schlichtweg, dass wir weitermachen werden, solange wir Spaß dran haben und die Songs was taugen.

Womit verdient ihr dann euren Lebensunterhalt?

Frederik arbeitet in einem Lager und ist bei einer Gewerkschaft aktiv, David arbeitet in einem Klamottengeschäft, Georgios ist Club-Promoter und Rickard studiert, arbeitet in einem Eisenwarenladen, als Grafikdesigner und ebenfalls als Lagerist.

Erhofft ihr euch für den aktuellen Clip „Where water goes“ Airplay in Schweden oder habt ihr den allein für das Internet produziert?

Nach dem Verfall der Musiksender gibt es selbst in Schweden keine Sendezeit für die Art von Musik, wie wir sie machen. Im Netz wird das Video aber oft angeklickt. David hat den Song geschrieben, als er seine Schwester in einem Krankenhaus in Nordschweden besuchte. Als er zurückkam, hatte er den Text fertig. In Schweden ist MTV der einzige Musiksender und da läuft meist Chartskram oder dämliche Shows aus den Staaten.

Was haltet ihr von der goldenen Regel, dass auf einem Album nie mehr als zehn Songs sein sollten? Habt ihr sie deshalb von 14 auf neun reduziert?

Das ist bei uns eher eine Frage der Länge der Songs als der Anzahl, denn wir schreiben inzwischen so lange Tracks, dass nicht mehr so viele auf ein Album passen. Diese goldene Regel war uns allerdings unbekannt. Aber Regeln sind doch da, um gebrochen zu werden, oder?