BUSTER SHUFFLE

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Piano Smashing Cockney Ska

Jet Baker kennt das Gefühl, nervös zu sein. Als BUSTER SHUFFLE 2010 als BROILERS-Support auf Deutschlandtour gingen, traf es sie bis ins Mark. Die Londoner hatten keine Ahnung, wie populär die Düsseldorfer Headliner sind, und was für eine Panik ihnen die allabendlichen „BROILERS, BROILERS“-Sprechchöre machen würden, die durch die Hallen schallten, noch ehe BUSTER SHUFFLE überhaupt aufgetreten waren. Zum Glück ging alles gut – BUSTER SHUFFLE wurden gnädig aufgenommen und meisterten ihre Support-Tour für THE CREEPSHOW, die sich unmittelbar anschloss, mit neu gewonnenem Selbstbewusstsein. Bei beiden Touren hatten sie ihr Debütalbum „Our Night Out“ im Gepäck, denn es wurde bereits 2009 aufgenommen, 2010 von BUSTER SHUFFLE selbst herausgebracht und erst 2011 von People Like You europaweit neu aufgelegt.

Das Label hatte die Engländer auf dem Endless Summer Festival getroffen, sie gleich gesignt und sie zum Aufwärmen für die erwähnten Touren gebucht. Eine gute Entscheidung, möchte man meinen, denn BUSTER SHUFFLE sind wirklich außergewöhnlich. Sie spielen Ska, einen Stil, der von der Szenepresse schon vor zehn Jahren zu Grabe getragen wurde. Niemand hat sich seitdem ernsthaft für flotte Offbeats interessiert und genau das ist der Grund, warum „Our Night Out“ so erfrischend klingt. BUSTER SHUFFLE haben das Folgealbum übrigens auch schon fertig und es klingt nach Jets Aussage etwas düsterer und vertrackter als „Our Night Out“. Aber reden wir nicht über ungelegte Eier, sondern erst einmal über das Debüt, das übrigens Ian Catskilkin (ART BRUT) produziert hat.


Jet, wie kam es dazu, dass Ian Catskilkin „Our Night Out“ produziert hat?

Ach, das ist eine ganz simple Sache. Wir haben Ian gefragt, ob er Lust dazu hat, und er hat sofort zugesagt. Ian hat sich mit der Produktion wirklich viel Mühe gegeben und sich sehr schnell in unserer Welt zurechtgefunden. Er verstand, wo BUSTER SHUFFLE herkommen, und dass wir eine ganz bestimmte Art von Musik spielen, die komplett anders ist als ART BRUT.

Du hast euren Musikstil einmal als „Piano smashing Cockney Ska“ bezeichnet. Was steckt dahinter?

Das ist eine ziemlich ulkige Geschichte. Ich war sturzbetrunken und unterhielt mich in einer Londoner Bar mit einem Promoter. Er bat mich, unseren Sound zu beschreiben, und mir fiel nichts Besseres ein als „Piano smashing Cockney Ska“. Er fand das so gut, dass er mir am nächsten Tag mailte, dass wir das unbedingt als die offizielle Beschreibung unseres Sounds nutzen sollten. Nun, als ich wieder nüchtern war, dachte ich darüber nach und war ganz seiner Meinung. Allerdings steckt in unserem Sound natürlich viel mehr als Ska. Wir hören gerne Reggae, Punk, Rock und sogar Pop und versuchen, alle diese Einflüsse in unseren Songs zu verarbeiten. Allerdings ist Ska natürlich BUSTER SHUFFLEs „Hauptstil“, also der Sound, den man bei uns am deutlichsten heraushört.

Sind euch die politischen Wurzeln von Ska und Reggae wichtig?

Die politischen Wurzeln sind mir und den anderen Jungs sehr wichtig. Sie stellen klar, wie wir uns politisch verorten, und dass wir ganz klar gegen Rassismus sind. Ska und Reggae haben daran einen wichtigen Anteil, denn niemand sollte vergessen, dass beide Stile für eindeutige Statements gegen Rassismus gesorgt haben. Trotzdem ist das Songwriting von BUSTER SHUFFLE nicht explizit politisch. Unsere Songs sind Kommentare zu unserem Alltagsleben und wir versuchen, Geschichten zu erzählen, die wir mit dem Zuhörer teilen möchten. Natürlich greifen wir dabei auch mal politische Dinge auf, sie sind aber nicht das einzige Thema, über das wir singen.

Ska ist musikhistorisch eng mit eurer Heimatstadt London verbunden. London und England im Allgemeinen galten lange als die europäische Wiege von Ska und Punkrock. Nun hat sich in den letzten Jahren viel verändert, Ska gilt längst als tot und London ist auch nicht mehr der Ursprung aller neuen Trends und Bewegungen.

Es stimmt, es hat sich wirklich viel verändert und außer Londons historischer Bedeutung für Ska und Punk ist nicht mehr viel vom einstigen Ruhm der Stadt geblieben. Ich würde heute nicht mehr von einer wirklichen Punk- oder Ska-Szene reden. Vielmehr ist der Underground in zahlreiche Subszenen aufgespalten. Die einen hören eben Ska, die anderen Punk, die nächsten Stoner und wieder andere Hardcore. Das heißt, wer heute noch davon spricht, dass London ein Mekka für die Trends und Bewegungen der Punk-Szene ist, zelebriert einen Mythos, hinter dem schon lange nichts mehr steht. Trotzdem darf man die Stadt nicht völlig kleinreden. London setzt vielleicht keine globalen Trends mehr und aufgrund der Zerklüftung der Communities gibt es vielleicht aktuell keine alles vereinende Szene, aber Ska wird an einzelnen Orten trotzdem noch gelebt. Zum Beispiel hat Sean Flowerdew das London International Ska Festival wieder belebt. Er hatte es 1988 ins Leben gerufen und wird es dieses Jahr wieder durchführen. Das finde ich toll, denn Sean hat Bands wie PAMA INTERNATIONAL dafür gebucht. Darüber hinaus gibt es aber auch einige gute Venues für Punkrock und Artverwandtes, zum Beispiel den eher intimen 12 Bar Club oder The Windmill in Brixton, wo regelmäßig Punk- und Ska-Bands spielen.

Interessanterweise wurde BUSTER SHUFFLE zu einer Zeit gegründet, als es längst klar war, dass sich die Musikindustrie komplett verändern wird. War es nicht schwer, als junge Band überhaupt noch einen Plattendeal zu bekommen?

Nein, das finde ich gar nicht. Wir haben relativ lange mit einem Majorlabel verhandelt, konnten uns am Ende aber nicht einigen. Dann haben wir uns entschlossen, „Our Night Out“ selbst aufzunehmen, und haben das 2009 mit Hilfe von Ian in meinem Haus gemacht. People Like You Records haben wir ja erst viel später kennen gelernt, auf dem Endless Summer Festival, als sie uns nach unserem Gig ansprachen und wir sofort merkten, dass People Like You und wir gut zusammenpassen. Wir haben „Our Night Out“ dann an sie gegeben, um die Platte noch mal neu aufzulegen, und unser nächstes Album herauszubringen.

Und, bereust du die Entscheidung „Our Night Our“ komplett selbst gemacht zu haben?

Nein, auch wenn es eine Wahnsinnsarbeit ist, genau wie deine Band selbst zu managen. Du brauchst viel Hilfe von Freunden, von deiner Familie und deinen Fans, um überhaupt irgendeine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Ein Label nimmt dir diese ganze administrative Arbeit ab. Deswegen ist es für eine Band an sich auch so wichtig, mit einem Label zusammenzuarbeiten. Manche sagen ja, dass man heute im Prinzip kein Label mehr braucht, aber das halte ich für Quatsch.