ROTTEN SOUND

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Hamburg, Vaasa, Tokyo

„Cursed To Tour“ nannten die altehrwürdigen Grinder ROTTEN SOUND in Anlehnung an ihr aktuelles Album die Tour, die sie mit GAZA und TRAP THEM auch nach Hamburg führte. Sänger Keijo machte sich die Mühe, die finnische Band, Grindcore und ihr Heimatland etwas genauer vorzustellen.

Stimmt es, dass TRAP THEM euch jeden Abend einen Arschtritt verpassen?

Da bin ich der falsche Ansprechpartner, ich habe uns ja noch nie live gesehen. Frag mal jemanden im Publikum. „Cursed To Tour“ ist eine harte Nummer, alle Bands vor uns sind zwar unterschiedlich, aber sehr gut. Es ist aber kein Wettbewerb, eher eine gesunde Art, motiviert zu werden, das Beste zu geben.

Ihr verfolgt also eher die Punk-Attitüde des Wettbewerbs. Ihr seid nach NAPALM DEATH die zweite Grind-Band, die es ins Ox geschafft hat. Was macht Grindcore aus?

Das ist eine Mischung aus Hardcore und Death Metal. So war es zumindest mal in den Achtzigern. Unsere neuen Songs haben aber auch mal doomige Parts integriert. Es ist immer noch viel Hardcore drin, aber keine Breakdowns. Für mich ist Grind immer noch näher am Hardcore als am Metal.

Worin liegt die Magie der Geschwindigkeit?

Wir wollen nicht auf Teufel komm raus schnell spielen, wir wollen Songs schreiben, die für uns als Ganzes Sinn ergeben. Blastbeats sind wichtig, aber die Heavy Parts bringen Dynamik in die Musik. Nicht im klassischen Sinne von „Dynamik“– also leiser werden –, sondern Abwechslung durch verschiedene Geschwindigkeiten.

Lass uns über Finnland sprechen. Du hast mal gesagt, dass Finnland eine kleine Demokratie ist, die sich nicht so sehr an Amerika anlehnt.

Das soll ich gesagt haben? Sicher haben alle skandinavischen Länder ein gutes Sozialsystem und Leute, die sich um einander kümmern, aber im Prinzip bewegen wir uns auch immer mehr in eine profitorientierte Richtung. Das macht mir Angst und ich glaube, dass der Zusammenhalt zwischen den Menschen nachlässt. Das ist auch der Grund, warum es in Finnland eine starke anti-europäische Strömung gibt.

Wie ist das Verhältnis der Finnen zu den ehemaligen Ländern des Ostblocks?

Finnland war schon zu Zeiten des Ostblocks relativ neutral und nicht so anti-russisch wie andere Länder. Wenn wir im Osten spielen, merkt man schon eine gewisse Verbundenheit zueinander, zumindest was den Alkoholkonsum angeht.

Stimmt es, dass es in Finnland ein Alkoholverbot gibt?

Nein, schon lange nicht mehr. Du kannst allerdings Hochprozentiges nur in speziellen Läden kaufen. Eine Zeit war es verboten, draußen zu trinken, aber auch das macht keinen Sinn, wenn du nicht mal mehr ein Picknick machen kannst.

Habt ihr schon in Japan getourt?

Nein, wir sollten jetzt gerade, aber das ist verständlicherweise abgesagt worden.

Von wegen Japan: Deine Texte sind recht apokalyptisch.

Ja, es reicht schon, wenn ich mich umschaue. Es trifft unsere Musik auch besser, als nur geradeaus politisch zu sein. Ich frage mich schon, wie die Menschen die Menschheit überleben wollen. Die schrecklichen Bilder aus Japan können hier auch Realität werden. Gerade die Nuklearkatastrophe überrascht mich nicht. Wie kann man in einer solchen Gegend Atomkraftwerke bauen? Das hätte alles schon viel früher passieren können. Das Beste wäre sicher, gar keine Atomkraftwerke zu bauen.

Atomkraftwerke gibt es auch in Finnland ...

Ja, und es gibt Pläne, noch mehr zu bauen. Die Regierung setzt nicht auf Windenergie oder andere Möglichkeiten, und niemand ist bereit, Energie zu sparen. Egal, wo du bist, nachts erstrahlen alle Städte auf der Welt in hellem Glanz.

Ist Atomkraft ein Thema?

Grundsätzlich ja, aber die Meinungen gehen auseinander. Es hat jetzt auch bei uns viele Demos gegeben und glücklicherweise sind heute Wahlen. Wir haben in der finnischen Botschaft gewählt, eine kleine ökonomisch-ökologische Linkspartei. Ich hoffe, dass viele andere jetzt auch so reagieren.

Ihr geht also wählen?

Klar, ich kann mich ja sonst auch nicht beschweren, wenn ich meine Meinung nicht kundtue.