BABYLOVE & THE VAN DANGOS

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Sonnenscheinmusik und ihre Schattenseiten

Im Frühjahr diesen Jahres erschien mit „The Money & The Time“ das aktuelle Album von BABYLOVE & THE VAN DANGOS aus Kopenhagen auf Pork Pie, und Fans von modernem (und nicht ganz so modernem) Ska dürfte die seit 2004 aktive Band um ehemalige FURILLO-Mitglieder längst ein Begriff sein. Ihren Status als Everybody’s Darlings hat ihre nunmehr dritte Platte nur noch gefestigt. So besticht sie noch mehr als ihre Vorgänger durch einen kuschelig-warmen Sound, in den eine Song-Perle nach der anderen gebettet ist. Selbst Ska-Verächter könnten ob der Soul-Schlagseite und des energiegeladenen wie innovativen Sounds der Dänen mal ein Ohr riskieren, die Ska auf ein neues Level bringen, was in besonderem Maße auch für ihre Live-Auftritte gilt. Und so wollte es das Schicksal, dass BABYLOVE & THE VAN DANGOS neulich direkt vor meiner Haustür spielten, eine der derzeit besten Ska-Bands Europas, was allerdings bisher viel zu wenig gewürdigt wurde. Aber selbst das ansonsten etwas Offbeat-scheue Ox zeigte sich interessiert und so hatte ich gemeinsam mit meiner, mit der Band gut vertrauten Schwester einen kleinen Fragenkatalog ausgearbeitet. Aber wie das so ist mit Interviews, die erst nach dem Konzert geführt werden, geriet die Konversation schnell auf völlig unvorhergesehenes Terrain. Wir sprachen mit Daniel, Sänger und Gründungsmitglied, und Schlagzeuger Mikkel.

Ihr seid ja offenbar gerne auf Tour, ist das wahre Passion oder pure Notwendigkeit, um als Band zu überleben?

Daniel: Darüber habe ich heute erst noch nachgedacht. Warum tun wir das eigentlich gerne? Immer wieder von A nach B reisen, um immer wieder das Gleiche zu tun. Okay, Reisen ist schön, aber du hast immer einen festgelegten Zeitplan. Wir haben so viele Freunde in Dänemark, die ein einfacheres Leben haben. Die fragen dann: „Was? Ihr wart drei Wochen weg? Wie viel habt ihr verdient?“. Und dann lachen sie sich halbtot über die Antwort, weil sie mit ihren Gigs auf Hochzeiten so viel mehr verdienen. Die anderen Leute in unserer Band, die könnten das auch haben. Aber sie spielen seltsamerweise mit mir. Und für mich ist das hier auch die einzige Option. Dass die anderen das tun, bedeutet mir genauso viel wie das, was von den Leuten kommt, die unsere Shows besuchen. Natürlich hat sich die Band positiv entwickelt in den letzten Jahren, aber nur als Ergebnis von viel harter Arbeit.

Mikkel: Ich denke, es geht darum, was du emotional alles zurückbekommst. Wir verbringen den halben Tag im Bus und in mittelmäßigen Unterkünften. Aber dann gehst du auf die Bühne, und siehst, wie die Leute mitgehen und sich spezielle Lieder wünschen ...

Inwiefern seht ihr euch dabei als Teil der Ska-Szene?

Daniel: Ich finde die Frage nach der „Szene“ immer schwierig. Was heißt das denn wirklich? Wenn ich in Deutschland wirklich Geld verdienen wollte, würde ich so einen schnellen Polka-Ska fabrizieren. Das würde viel mehr Leute auf die Konzerte bringen. Aber wir halten an dem fest, was wir qualitativ für gut halten, und hoffen, dass sich genug Leute dafür finden. Die sind dann aber auch bunt gemischt und nicht einer einzigen, eingrenzbaren Szene zuzuordnen.

Mikkel: Die Leute sehen die Buchstaben S-K-A und kommen auf die Shows. Aber „Ska“ kann so vieles bedeuten. Das ist, als ob du jemanden fragst: „Oh, du magst Rockmusik, magst du dann nicht auf unser Konzert kommen?“ Und das kann dann MOTÖRHEAD oder COLDPLAY sein. Aber das Etikett „Ska“ hat Vor- und Nachteile. Das Gute daran ist, dass immer einige Leute kommen und Party machen. Das Schlechte ist, dass es gerade darum viele miese Bands in diesem Bereich gibt, die es gar nicht nötig haben, sich anzustrengen.

Aber ihr identifiziert euch nach wie vor mit diesem Etikett, oder?

Daniel: Ja, allerdings ist das oft nicht ganz so einfach. Um das mal etwas zu verdeutlichen: Wir haben versucht, mit dem aktuellen Album in Deutschland ein bisschen Airplay zu bekommen. Aber die Redakteure meinten: „Sorry, solche Musik spielen wir nicht.“ Dann haben wir etwas probiert: Wir haben ein paar Songs neu abgemischt und die Bläser rausgenommen. Es war noch immer Offbeat-Musik, aber plötzlich hieß es etwa bei der Hälfte der Leute, an die wir damit herangetreten sind: „Klar, das spielen wir.“ Dabei waren es im Großen und Ganzen die gleichen Songs. Aber es war für sie nur nicht mehr so einfach, sie der Ska-Schublade zuzuordnen. Anscheinend reicht das schon.

Lasst uns mal über das neue Album sprechen. Was habt ihr diesmal anders gemacht?

Mikkel: Das erste Album haben wir damals allein in einem Sommerhaus eingespielt. Wir haben uns und die Musik erst dadurch richtig kennen gelernt. Mit dem zweiten Album sind wir in einem großen Studio gewesen – das war etwas ganz anderes. Und jetzt war es wieder ein bisschen, wie wir es beim ersten Album angegangen sind.

Daniel: Es war uns wichtig, uns die Zeit selbst einteilen zu können. Etwa eine Kaffeepause machen zu können, wenn wir es wollten.

Mikkel: Manchmal triffst du auch einfach voreilige Entscheidungen aus Zeitdruck. Das wollten wir vermeiden. Wenn uns etwas nicht gefiel, dann haben wir es komplett neu gemacht.

Ist das ein Grund, warum es jetzt „The Money & The Time“ heißt? Weil man Zeit braucht, um etwas gut zu machen und Geld, um ein Studio lange genug zu mieten?

Daniel: Haha, nein, daran hatten wir gar nicht gedacht. So teuer war es auch gar nicht.

Wie sieht eigentlich euer Verhältnis zu Lukas Sherfey und THE MOVEMENT aus?

Mikkel: THE MOVEMENT sind Freunde von uns. Wir haben vor vielen Jahren mal im Wild at Heart-Club in Berlin gespielt und THE MOVEMENT dahin mitgebracht. Dann wurden sie ja ziemlich schnell bekannt. Irgendwann haben sie sich aufgelöst, und als Lukas dann sein Soloalbum aufgenommen hatte, sind wir mit ihm im Vorprogramm auf eine Dänemarktour gegangen und haben ihn musikalisch begleitet. Jetzt sind sie ja wieder zusammen. Oder besser: Lukas hat die Band mit zwei neuen Musikern neu formiert.

THE MOVEMENT verstehen sich explizit als politische Band. Gilt das für euch in ähnlicher Weise? Ihr habt ziemlich deutliche Texte, wie etwa den von „Still out there“, wo es um Nazis geht, die zunehmend unauffälliger auftreten.

Daniel: Ich würde mich nicht auf vergleichbare Art als politisch verstehen wie Lukas, aber als Künstler setzt du natürlich um, was dir im Alltag so auffällt. In dem Lied speziell geht es auch um ein Phänomen, das mir persönlich einfach immer wieder begegnet. Früher hast du Nazis viel eher angesehen, dass sie welche sind. Einige sind jetzt cleverer geworden, drücken sich vorsichtiger aus, ziehen sich anders an, aber ungefährlicher sind sie deswegen nicht.