EARTH CRISIS

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Vegan Warriors

Scheinbar ist heute jeder in der Hardcore-Szene vegan, Kampfsport-Vollprolls und Popper-Modespacken mal ausgenommen. Das war nicht immer so: Anfang/Mitte der Neunziger war Vegetarismus noch das Maß aller Dinge, eine Einstellung, die auf britische Politpunks aus den frühen Achtzigern wie CRASS zurückging, bei denen inhaltlich auch eine Nähe zu radikalen Tierrechtlern wie der Animal Liberation Front (ALF) bestand. Anfang der Neunziger traten dann die 1989 gegründeten EARTH CRISIS aus Syracuse, NY auf den Plan. Die beiden ersten Alben „Destroy The Machines“ und „Gomorrah’s Season Ends“, 1994 und 1996 auf Victory Records erschienen, standen seinerzeit nicht nur musikalisch durch starken Metal-Einfluss für extreme Härte, sondern auch inhaltlich agierte man kompromisslos und polarisierte entsprechend. Da stand der Schutz des Planeten – Stichwort: Earth First!-Bewegung – im Vordergrund, der Mensch hatte mit seinen Ansprüchen zurückzutreten, und ein veganer Straight Edge-Lebensstil war selbstverständlich. Karl Buechner von EARTH CRISIS propagierte all dies wortgewaltig, sowohl in Texten wie Interviews, aber auch medial war er (in den USA) gut vertreten, TV-Auftritte inklusive. Gefühlt hat diese Präsenz und Militanz in der Kommunikation in den letzten Jahren nachgelassen, es kann aber auch sein, dass die von EARTH CRISIS aufgeworfenen Themen „gesellschaftsfähiger“ wurden, andere Bands und Menschen sie ähnlich vehement vertreten und dadurch Buechner nicht mehr so stark wahrgenommen wurde. Ich nahm das neue Album „Neutralize The Threat“ (das zweite seit der auf von 2001 bis 2007 andauernden Pause), soeben auf Century Media erschienen, zum Anlass, Karl einige Fragen zu diesem Themenkomplex zu stellen.

Karl, kannst du dich noch erinnern, wie du erstmals mit der Idee in Kontakt kamst, keine Tiere oder Tierprodukte zu essen?

Ja. Meine Großmutter war die zweite Hälfte ihres Lebens Vegetarierin – und die wurde 97. Meine Mutter und meine Tante waren damals ebenfalls bereits Vegetarierinnen, ebenso eine meiner Schwestern. Ich hatte also zu Hause mit meiner Verwandtschaft schon gute Vorbilder, die mir vorlebten, wie einfach es ist, vegetarisch zu leben. Zudem waren sie alle erfolgreiche Musikerinnen – und völlig gesund. Ich selbst war in jungen Jahren aber noch Fleischesser, bis mir meine Schwester dann das Magazin von PETA hinlegte, voll mit Fotos von Tieren in Käfigen, bereit zur Schlachtung. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich mir diese Fotos anschaute und dachte, dass ich damit nichts zu tun haben will. So wurde ich mit 16 Vegetarier, das zog sich so über ein halbes Jahr hin, und mit 18 wurde ich dann Veganer. Jetzt bin ich 40 und immer noch Veganer.

Hatte die vegetarische Lebensweise eine Tradition in eurer Familie, steckte da mehr dahinter?

Das ging von meiner Großmutter aus. Ihr Mann arbeitete in einer Fleischfabrik, und soweit ich weiß, besuchte sie ihn mal bei der Arbeit, und das brachte sie wohl zu der Entscheidung, kein Fleisch mehr zu essen. Ich kann mich aber ehrlich gesagt nicht daran erinnern, dass es in meiner Kindheit ein Thema war, dass meine Großmutter kein Fleisch aß. Das wurde erst später ein Thema für mich. Heute ist meine vegane Lebensweise in meiner Familie kein Thema, dazu mache ich das schon zu lange. Und mein Sohn und seine Mutter leben auch vegan, ebenso die anderen Musiker bei EARTH CRISIS sowie deren Kinder.

Wie selbstverständlich ist es in deiner Alltagsumgebung? Innerhalb der Hardcore-Szene ist das alles kaum noch ein Thema, doch im Kontakt mit „normalen“ Leuten stößt man immer noch auf Erstaunen, die Gesellschaft ist da oft nicht vorbereitet.

In bestimmten Bereichen der Punk-, Hardcore- und Metal-Szene ist Veganismus normal, aber außerhalb trifft man jenseits von Fitnessbewussten und Tierrechtlern kaum auf Menschen, die sich aus ethischen Gründen vegetarisch oder vegan ernähren. In den USA ist der Einfluss der Großkonzerne immens, sie beeinflussen das Verhalten der Menschen mit ihren Werbekampagnen, sie setzen auch gesellschaftliche Themen in Unterhaltung, Film und Fernsehen. Da spielt Gesundheit immer eine große Rolle, also was macht Menschen krank. Dem zum Trotz haben sich Vegetarismus und Veganismus in den USA in den letzten 15 Jahren massiv ausgebreitet, noch nie gab es mehr vegetarische und vegane Restaurants, und das Angebot entsprechender Lebensmittel sogar in normalen Supermärkten war noch nie größer. Die Bewegung wächst also!

In Deutschland hat „Tiere essen“ von Jonathan Safran Foer unlängst die Diskussion um den Umgang mit Tieren vorangetrieben – in den USA auch?

Hierzulande sind die drei Klassiker immer noch „Animal Liberation“ von Peter Singer, „Diet for a New America“ von John Robbins, und „Free The Animals“ von Ingrid Newkirk – wer immer sich in Nordamerika mit Tierrechten beschäftigt, kennt diese Bücher.

EARTH CRISIS waren Mitte der Neunziger wütender und aggressiver als alle anderen Bands, die Empörung über den Umgang mit Tieren hörte man eurer Musik an.

Die Band hatte damals für uns verschiedene Funktionen. Zum einen bot sie uns die Möglichkeit, Aggressionen auszuleben und loszuwerden, zum anderen gab sie uns die Chance, die Ideen der Tierrechtsbewegung öffentlich zu machen, aber auch die Idee eines drogen- und alkoholfreien Lebensstils zu verbreiten. Im Laufe der Zeit deckten wir eine Menge verschiedener Themen ab, und für viele waren wir die Quelle, die sie erstmals mit Tierrechtsgedanken, mit Organisationen wie der Animal Liberation Front, mit Earth First! und Sea Shepherd in Verbindung brachte. Wir wollten den Leuten zeigen, dass da draußen Menschen sind, die sich extrem dafür engagieren, Tiere zu retten. Und wir wollten deutlich machen, dass das Minimalste, was jeder von uns zur Rettung der Tiere tun kann, eine vegetarische oder vegane Ernährung ist. Wir wollten die Leute ermutigen, auf diesem einmal eingeschlagenen Weg zu bleiben. So lange es so viel Schmerz und Leiden gibt, ist auch Wut darüber angebracht – und es ist nötig, Menschen auf all dies hinzuweisen.

Von 1995 nach 2011: Viele Bands aus der US-Szene sind überrascht, wie viele „alte“ Leute es in der europäischen Punk- und Hardcore-Szene noch gibt, Leute, die ihren Überzeugungen 10, 20, 25 Jahre treu geblieben sind. Man hört immer wieder, dass das in den USA viel kurzlebiger ist, dass gerade in der Straight Edge-Szene kaum jemand älter ist als Mitte 20 – und oft ist dann das Thema Veganismus auch wieder abgehakt. Wie erlebst du das?

Mich und meine Mitmusiker faszinierte seinerzeit an Hardcore nicht nur die Energie dieser Musik, sondern auch der Sound und die vermittelten Ideen. Hardcore war ein Marktplatz der Ideen und Philosophien: Die CRO-MAGS sangen über Vegetarismus, die BAD BRAINS sangen über das Konzept eines göttlichen Schöpfers und die Gesetze der Natur, AGNOSTIC FRONT äußerten sich über aktuelle und historische Ereignisse, und so weiter. Damit konnten wir uns identifizieren, denn wir waren jung und suchten Antworten, wir wollten nicht nur verhasste, feindselige Kids sein, sondern friedfertig. Die erwähnten Bands existieren heute noch, es gibt viele andere, die ihnen ähnlich sind, aber leider ist vieles in den USA sehr trendabhängig, heute noch mehr als früher. Viele Menschen finden Gefallen an der Identität, die man sich mit dem Anschluss an eine Szene wie Hardcore durch entsprechende Kleidung und Musik verschaffen kann. Man stylet sich entsprechend, hängt mit den entsprechenden Leuten ab, und schon gehört man dazu. Dadurch ist Hardcore vielfach eher eine Clique anstatt eine revolutionäre Kraft – und das finde ich enttäuschend. Zum Glück trifft das nicht auf die gesamte Hardcore-Szene zu, sondern nur auf einen Teil, und dieser Modeaspekt dominiert auch nicht. Logisch, dass ich mich mehr mit der Art von der Szene identifiziere, wie sie in den Achtzigern und Anfang/Mitte der Neunziger existierte. Die Fackel der Szene jener Jahre ist es, die ich weitertragen will, die ich der nächsten Generation vermitteln möchte. Und das tun wir auch in Form von Konzerten, in den USA, in Südamerika, in Neuseeland, in Australien, in Europa, wo es überall vegane Straight Edge-Bands gibt. Außerdem halten Labels wie Catalyst oder Seventh Dagger und die Bands dort die Szene am Leben, Leute wie Carl von FIRST BLOOD.

Du machtest in den Neunzigern den Eindruck eines sehr wütenden, radikalen jungen Mannes. Wie unterscheidet sich „Karl 2011“ von „Karl 1995“?

Ich habe mich darüber neulich mit meinem Gitarristen Erick unterhalten, und wir stellten fest, dass wir heute wohl wütender sind als je zuvor. Die Macht der Medienkonzerne ist heute unglaublich, sie beeinflussen die Meinung der Menschen extrem, vermitteln falsche Ideen und Lehren. Ich finde das bizarr und erschreckend, und diese Macht ist über die letzten Jahrzehnte auch immer stärker geworden. Deshalb brauchen wir heute mehr Bands, Bücher, Websites, Fanzines, Labels und Dokumentarfilme als je zuvor, um unsere Ideen in die Öffentlichkeit zu bringen. Die Informationen sind überall und jederzeit für jeden zugänglich, ob nun über Websites wie die von PETA oder die vorhin erwähnten Bücher, doch das Problem ist, dass man sich überhaupt erst mal dafür interessieren muss. Und es macht mich sauer, dass es Menschen gibt, denen es wichtiger ist, einer bestimmten Clique anzugehören, als sich für eine Idee zu begeistern, die für Veränderung steht. Es ist mir auch wichtig zu erwähnen, dass wir bei EARTH CRISIS bereits vegan und straight edge waren, als wir die Band gründeten. Wir hatten uns vorher schon in dieser Hinsicht engagiert, Info-Flyer verteilt, demonstriert und so weiter, und uns war immer viel Feindseligkeit und Respektlosigkeit entgegengeschlagen. Da staute sich eine Menge auf, und das brach dann über die Band aus uns heraus. Diese Wut ist auch heute noch vorhanden, ebenso die Notwendigkeit, Informationen über die Ausbeutung von Tieren zu verbreiten. Auf unserem Album „To The Death“ haben wir im Titelsong genau darüber gesungen, also über unser immer noch wichtiges Engagement gegen die Grausamkeiten, die Tieren angetan werden.

Andere in der Vegan-Straight Edge-Szene der Neunziger waren noch radikaler, Sean Muttaqi von VEGAN REICH, der auch das Vanguard-Fanzine herausgab und mit Uprising bis heute ein Label betreibt, trat nicht nur für Tierrechte ein, sondern agitierte später auch gegen Homosexualität, gegen das Recht auf Abtreibung, und konvertierte letztlich zum Islam.

Ich bewundere Sean für seine musikalischen Fähigkeiten, er hat sehr fokussierte Texte geschrieben und Wichtiges geleistet, aber bei Religion hört für mich der Spaß auf, damit kann ich absolut nichts anfangen. Religiöser Eifer besteht immer daraus, Menschen in verschiedene Gruppen aufzubrechen, mit dem Finger auf andere zu zeigen, dazu aufzufordern, andere Menschen zu hassen. Und das finde ich abstoßend.

Nun kann man in der Vegan-Szene aber oft die Erfahrung machen, dass sich dort Leute tummeln, die Veganismus mit quasi-religiösem Eifer betreiben und ähnlich wie religiöse Fanatiker jeden der Ketzerei bezichtigen, der nicht so radikal ist, ja am Ende werden „nur“ vegetarisch lebende Menschen auch schon als Mörder beschimpft. Bei aller verständlichen Wut auf die Ausbeutung von Tieren geht mir das zu weit.

Ich finde es wichtig, dass man als Veganer nicht aus einem Gefühl der Überlegenheit heraus handelt. Niemand wurde als Vegetarier oder Veganer geboren, außer man ist Sikh oder Hindu, es ist vielmehr ein Lernprozess. Die Idee, von der man selbst überzeugt ist, sollte man mit anderen Menschen teilen, aber das muss man auf eine angemessene Weise tun. Es braucht seine Zeit, bis Menschen diese Ideen verstehen, bis sie die nötigen Schritte unternehmen, um sich von alten Verhaltensweisen zu lösen und aufzuhören, Firmen zu unterstützen, die ihren Profit aus der Ausbeutung von Tieren ziehen. Und unsereins muss verstehen, dass es jeden Tag jemanden gibt, für den das der erste Tag als Vegetarier oder Veganer ist, oder der erste Tag, an dem man einen weiteren Schritt in diese Richtung geht. Deshalb müssen wir mit diesen Menschen Geduld haben – und nett sein zu ihnen.

„Nett sein“ – das ist der Punkt. Da hilft es nicht, wenn hier ein Deutschland ein Vegan-Fanatiker mit dem Slogan „Vegetarier sind Mörder“ Stimmung macht. Man mag ja der Meinung sein, dass ein Vegetarier inkonsequent ist, wenn er beispielsweise vor den Folgen der Milcherzeugung – nämlich Massentierhaltung von Kühen und in deren Folge unzählige Kälbchen, die wie ihre Mütter geschlachtet werden – die Augen verschließt, aber man kann in einem Vegetarier auch jemanden sehen, der auf dem richtigen Weg ist und sich zumindest schon Gedanken zum Thema Fleischkonsum macht. Da ist es sicher produktiver, dem Hilfestellung zu geben, um Veganer zu werden, anstatt ihn zu beschimpfen. Eine positive Einstellung, darauf kommt es an.

Ich danke dir! Perfekter hätte ich es nicht ausdrücken können: Eine positive Einstellung ist der Schlüssel.

„Neutralize The Threat“ ist der Titel eures neuen Albums. Welche Bedrohung soll da ausgeschaltet werden?

Das Album beschäftigt sich vor allem mit jenem Teil der Geschichte, der von den Mainstream-Journalisten, -Autoren und -Dokumentarfilmern nicht beachtet wird. Und ganz im Speziellen geht es um den „War on drugs“, dem von der US-Regierung ausgerufenen Krieg gegen die Drogen. Wir beschäftigen uns mit Menschen und Gruppen, die sich den Drogenkartellen und Narco-Gangs widersetzen. Unsere Platte lenkt hoffentlich den Blick etwas mehr auf das, was in diesem Bereich vor sich geht. Gruppen wie Direct Action Against Drugs und die Irish National Liberation Army in Irland etwa leisteten solchen Widerstand, sie zerstörten Crackhouses, vernichteten Drogen, störten die Geschäfte der Narco-Terroristen. Oder eine Gruppe namens The People in Kolumbien, die leistete in Medellín und Bogotá Widerstand gegen die Drogenkartelle. Oder die Black Panthers hier in den USA – solche Geschichten erzählen wir auf diesem Album. „Will You Die With Me?“ von Flores A. Forbes ist ein faszinierendes Buch zum Thema Black Panthers, das ein Panther-Aktivist über seine Erlebnisse in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern geschrieben hat. Auch bei denen ging es unter anderem um Widerstand gegen den Drogenhandel und -gebrauch in der schwarzen Community. Über all diese Themen geht es in den meisten Songs dieses Albums. Wir wollen mit dem Album auf Menschen aufmerksam machen, die wie ein John Wayne Gacy oder Jeffrey Dahmer das Gesetz gebrochen haben, aber durch die Massenmedien nicht zu „Stars“ gemacht wurden. Was ist mit dem Tierrechtsaktivisten Peter Young oder Bernhard Goetz, der in den Achtzigern durch einen Fall von Selbstjustiz bekannt wurde? Die haben auch Gesetze gebrochen, aber eben nicht als Kriminelle. Deren Geschichten sind genauso interessant, und auf die wollen wir hinweisen.

Nun ist das mit dem „War on drugs“ so eine Sache. Aus Mexiko, das zehntausende Tote in Folge der Auseinandersetzungen zwischen Narco-Gangs und Polizei zu verzeichnen hat, hört man Äußerungen der Art, dass die USA doch einfach Drogen legalisieren sollten, das würde das Drogengeschäft von heute auf morgen unattraktiv machen. Löst das deiner Meinung nach das Problem?

Ich glaube nicht an eine einfache, sofortige Lösung. Man kann sich Holland anschauen und deren liberalen Umgang mit Haschisch und Marihuana, was dazu führte, dass diese Drogen quasi der Kontrolle der Drogen-Gangs entzogen wurden. Das ist aber nur ein Teil der Geschichte. Die Frau unseres Gitarristen ist Ärztin, und die hat uns neulich Röntgenbilder der Schädel von chronischen Marihuana-Usern gezeigt – es war erschreckend: Nach acht, zehn, 15 Jahren verändert sich das Gehirn, bestimmte Bereiche sterben ab. Unschädlich ist Marihuana also keinesfalls, genauso wenig wie Alkohol. Lass mich dazu ein Beispiel anführen: Die Autoindustrie in den USA hat sich sehr lange gegen bestimmte Sicherheitsausstattungen gewehrt, die wollte keine Sicherheitsgurte, keine splittersicheren Verbundglasscheiben, keine Airbags – die 50 Dollar oder so mehr pro Auto waren denen zu viel. Die haben solche Neuerungen bis zum Schluss bekämpft! Und genauso bekämpfen sie die serienmäßige Ausstattung eines Autos mit einem Alkoholtester, der verhindert, dass man angetrunken Auto fahren kann. Perverserweise hat daran aber niemand Interesse, denn es gibt in den USA beispielsweise viele kleine Städte, deren städtischer Haushalt sich zu einem guten Teil aus den Geldern finanziert, die der Sheriff betrunkenen Autofahrern als Strafe abknöpft. Dazu kommen Massen von Anwälten, die nichts anderes tun, als wegen Alkoholfahrten angeklagten Menschen gegen gute Bezahlung rechtlichen Beistand zu leisten. Gleichzeitig sterben jedes Jahr tausende Menschen bei alkoholbedingten Unfällen. Ähnlich ist es mit den Drogen: Es besteht ein Interesse, dass Drogen weiterhin Teil der Gesellschaft sind. Wo Drogen sind, da besteht Bedarf an Polizisten, an Entzugseinrichtungen, an Gefängnissen – und mit all dem wird viel, viel Geld verdient. Deshalb glaube ich, dass die illegalen Drogen in den USA gewollt sind. Und die großen Fische bekommt man ja sowieso nicht, und wenn, haben sie genug Geld, um davonzukommen.

Da wäre die Legalisierung doch eine Option – oder votierst du für eine noch stärkere Verfolgung von Usern?

Nein, Druck auf die User auszuüben bringt gar nichts. Drogenkonsumenten kann man in drei Kategorien einteilen: A) Thrillseekers – die suchen den Kick, B) Selbstmörder, und C), eine Mischung aus beidem. Das bezieht sich auf User von Crystal Meth, Crack, Heroin und so weiter. Die meisten anderen Drogen sind „Partydrogen“, die bringen die Leute nicht gleich um. Die zuvor erwähnten harten Drogen aber bringen Menschen um, und die kann man nicht legalisieren, vor allem nicht in einer Gesellschaft wie der US-amerikanischen. Deshalb wird der Krieg gegen die Drogen auf ewig weitergehen, den Zeitpunkt des endgültigen Sieges wird es nicht geben, das ist wie der Kampf gegen eine Naturgewalt. Und gegen die muss man Vorkehrungen treffen, so wie man sich vor Regen schützt. User harter Drogen geraten eben außer Kontrolle, bringen im Rausch mit dem Auto Leute um, brechen in anderer Leute Häuser ein, weil sie Geld zur Finanzierung ihrer Sucht brauchen, die verletzen andere oder sich selbst. Legalisierung sehe ich da nicht als Lösung an. Dealer müssen strenger bestraft werden, ihr Vermögen muss beschlagnahmt und eingezogen werden, so dass sie gar nicht das Geld haben, teure Anwälte zu bezahlen, die sie vor dem Knast bewahren.

Das Drogenproblem ist für dich also eines, das durch stärkere Strafverfolgung kontrolliert werden muss.

So ist es. Millionäre hier in den USA kommen vor Gericht davon, wenn sie genug Geld für ihre Verteidigung ausgeben können!

Und eure Konzertbesucher und Plattenkäufer interessieren sich für all das?

90% der Fans von EARTH CRISIS sind weder vegan noch straight edge – und das ist okay. Jeder hat auf andere Weise seinen Spaß an und mit Musik. Aber wir touren auf der ganzen Welt, unsere Videos, unsere Musik ist überall verfügbar, und damit auch unsere Message von respektvollem Umgang mit Tieren und einem Leben ohne Drogen – und das ist es, worauf es ankommt.

Karl, besten Dank.