OLD MAN MARKLEY

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Punk rock in their hearts and traditional instruments in their hands

Ich habe durchaus ein Faible für junge Bands, die auf folkloristischen Instrumenten erfrischende Punk-Songs abfeuern und sich dabei einen Dreck um irgendwelche musikalischen Konventionen scheren – nur abgestanden darf es nicht sein oder aufgesetzt wirken. Umso überraschender war es, beim diesjährigen Groezrock-Festival mit OLD MAN MARKLEY auf eine Band zu stoßen, die auf den ersten Blick in so gar keine der gängigen Folkpunk-Schubladen passen will und die Anfang 2011 mit „Guts n’ Teeth“ auf Fat Wreck ihr Debütalbum veröffentlichte. Nur die KINGS OF NUTHIN’ fallen einem vielleicht als treffender Vergleich ein, auch wenn es bei der Band aus Los Angeles deutlich melodischer zugeht als bei den Bostoner Kollegen. Dass diese Referenz nicht ungern gehört wird, sollte sich dann auch im fälligen Interview zeigen. Anwesend waren in wechselnder Reihenfolge John Carey (Gitarre und Gesang), John Rosen (Banjo), Katie Weed (Fiddle), Annie DeTemple (Autoharp und Gesang), Ryan Markley (Waschbrett) und Alex Zablotzky (Mandoline).

John, du bist der Leadsänger der Band. Bedeutet das, dass du auch alle Songs schreibst?

John Carey: Nein, ganz bestimmt nicht. Unsere wirkliche Stärke als Band liegt in der guten Zusammenarbeit, wo tatsächlich jeder in der Band ein Songwriter ist und Songs zu unserem Album beigesteuert hat. Es gibt da noch ein paar andere Leute außerhalb der Band, zum Beispiel unseren alten Banjo-Spieler, die auch Songs für die Band geschrieben haben, und so ist das immer eine Zusammenarbeit von vielen Beteiligten.

Wie lange gibt es OLD MAN MARKLEY schon?

Katie Weed: Wir haben mit der Band 2007 angefangen und dann 2008 begonnen, unsere ersten Shows zu spielen.

Bei neun Leuten in der Band sind eure musikalischen Wurzeln doch sicherlich sehr unterschiedlich?

Katie Weed: Oh ja, das ist wirklich verrückt. Einige von uns haben vorher Pop Musik gemacht, andere Punk, und unsere Waschbrett- und Banjo-Spieler kommen ursprünglich aus der Bluegrass-Ecke. Ich habe immer schon viel Country gespielt und so kommen in der Band die unterschiedlichsten Musikstile zusammen.

John Carey: Ich muss schon zugeben, dass ich ein großer BEATLES-Fan bin. Diese Leidenschaft überkam mich schon, als ich noch ein Kind war. Später, als ich begann, eigene Songs zu schreiben, trat Punk in mein Leben. Wir haben damals viel mit YOUTH BRIGADE rumgehangen, und Mark Stern von B.Y.O. Records, der heute unser Manager ist, brachte uns letztlich zusammen. Das war ein langwieriger Prozess. Annie ist meine Frau und wir spielen schon länger zusammen. Unser Mandoline-Spieler Alex und unser Banjo-Spieler John waren beide in einer anderen Band, mit der wir einst zusammen spielten. So waren wir in den ersten Monaten eigentlich ein loser Haufen von ganz unterschiedlichen Musikern, die einfach nur zusammen Musik machten. Leute kamen und gingen und wir waren eine Partyband. Zeitweise waren wir elf Leute, bevor sich die heutige Formation als Band herauskristallisierte.

John, wie kommt man dazu Banjo zu spielen, nicht Gitarre oder Bass?

John Rosen: Ich habe vor 33 Jahren als kleiner Junge damit angefangen und bin damals in jedem Sommer von einem Bluegrass Festival zum nächsten gefahren. Da habe ich überall gespielt und an jedem Banjo-Wettbewerb teilgenommen. Mein Bruder spielte Bluegrass-Gitarre und das machte es für uns als Kinder einfach, gemeinsam zu spielen und immer besser zu werden. Mit Punk habe ich eigentlich nie etwas zu tun gehabt, und so ist unsere Band jetzt die engste Berührung, die ich je mit Punk hatte. Als ich hörte, dass ein Banjo-Spieler für eine Band gesucht wird, bekam ich ein Tape mit ihrem Zeug in die Hände und war von ihrem Sound wirklich überrascht. Der war so laut und schnell, dass ich mich fragte, wie ein Banjo sich da durchsetzen sollte. Im Bluegrass spielt man ja auch fast immer ohne Drummer und so war das eine völlig neue Erfahrung für mich.

Als ich euch spielen sah, fühlte ich zuerst an KINGS OF NUTHIN’ erinnert, obwohl euer Sound eigentlich doch komplett anders ist. Hört ihr diesen Vergleich häufig?

John Carey: Ja, zugegeben, diesen Vergleich haben wir schon mal gehört und insbesondere unser Waschbrett-Spieler Ryan ist ein großer Fan von denen. Ryan war sogar schon mal mit ihnen auf Tour, insofern gibt es da schon eine enge Beziehung. Die sind aber auch wirklich gut und ich kann verstehen, dass er sich von ihnen inspirieren ließ.

Wie ergab es sich, dass ihr mit Fat Wreck zusammengekommen seid?

John Carey: Als Fat Mike das erste Mal von uns hörte, spielten unser Bassist Joey und ich gerade einige Shows zusammen mit YOUTH BRIGADE und hatte sich mit den Stern-Brüdern angefreundet. Mike hatte irgendwie gehört, dass wir gut sein sollen, und so ergab das eine das andere. Bis dahin hatten wir alles selbst gemacht, haben Demos aufgenommen, haben Cover durch den Kopierer gejagt, das Artwork gestaltet und all die Dinge getan, die man als neue Band so macht. Wir haben uns viel Zeit gelassen, denn es war uns sehr wichtig, dass alles genauso wird, wie wir es uns vorstellten. Als wir das Album dann – mit Artwork und allem Drum und Dran – fertig hatten, kam Mike zu uns nach L.A. und fragte uns, ob wir es auf Fat Wreck veröffentlichen wollten. Das war für uns ein großartiger Augenblick, denn damit hatten wir wirklich nicht gerechnet. Ich meine, er hat uns gefragt, ob wir es machen wollen, nicht umgekehrt. Für uns als Band war das eine große Chance. Verstehst du, wir sind acht Leute in der Band und da ist es heutzutage in der Musikindustrie nicht einfach zu überleben. Mit der Promotion eines Labels wie Fat Wreck im Rücken sehe ich da eine gewisse Chance für uns. Außerdem kommen wir so nach Europa und können größere Shows spielen.

Habt ihr schon mal ähnlich große Shows wie hier beim Groezrock Festival gespielt?

John Carey: Eigentlich spielen wir immer so vor 200 bis 300 Leuten und die größte Show bisher war wohl das Punk Rock Bowling Turnier in Las Vegas.

Alex Zabolotsky: Die Shows werden langsam aber sicher immer größer, und wenn wir jetzt für BAD RELIGION oder SOCIAL DISTORTION eröffnen dürfen, dann kommen schon ein paar Leute mehr als noch vor ein paar Jahren.

Wie geht es weiter, wenn ihr nach dieser Tour wieder nach Hause kommt?

Annie DeTemple: Jetzt sind wir nur für ein paar Festivals nach Europa gekommen und wenn wir wieder nach Hause kommen, spielen wir erst mal ein paar Shows zusammen mit den großartigen MANIC HISPANIC. Später werden wir dann in Kanada mit NOFX und TEENAGE BOTTLEROCKET auf Tour sein und darauf freuen wir uns schon sehr. Im November werden wir dann ins Studio gehen und unser neues Album aufnehmen, für das wir jetzt schon eine ganze Menge Songs fertig haben.

Kommt ihr überhaupt dazu, neue Songs zu schreiben, wenn ihr ständig auf Tour seid?

John Carey: Das ist eine der größten Herausforderungen. Wir spielen Festivals immer als eine der ersten Bands, müssen vor allen anderen vor Ort sein. Dadurch ist unser Tag sehr lang und es bleibt wenig Zeit, um sich zu entspannen und neue Songs auszuarbeiten. Aber wir beschweren uns nicht, denn es ist auf der anderen Seite auch sehr inspirierend und liefert uns immer wieder Ideen für neue Songs. Wenn wir wieder zu Hause sind, ziehen wir uns in meine Garage zurück und nehmen dort die ersten Demos für das neue Album auf. Dass Fat Mike das neue Album produzieren wird, darüber freue ich mich sehr. Das wird bestimmt aufregend.