BAM BAMS

Das Zustandekommen dieses Interviews ist der Beweis: Das Ox beinhaltet einmal mehr nicht nur Unterhaltsames und Informatives, sondern besitzt auch den kommunikativen Wert des Sich-Kennenlernens. Nur so ist es zu erklären, daß ich eine Band, die auf dem Weg zur Oberliga ist und dabei nur 2 km von meinem letzten Wohnort entfernt lebt, erst über das Ox kennenlerne. Böse Zungen nehmen das jetzt sicherlich wieder als ein weiteres Merkmal für den desolaten Zustand der Szene. Ohne jetzt näher darauf einzugehen möchte ich lieber die Chance nutzen, eine Band vorzustellen, die ein überaus beachtenswertes Debüt-Album abgeliefert hat und dabei doch so untypisch für den süddeutschen Raum ist. Über die Eigenart der süddeutschen Mentalität, die Punk-Szene in Neufünfland und sonstige Dinge sprachen wir mit den BAM BAMS im Jugendzentrum Z in Filderstadt.

Nachdem ich nun fast drei Jahre lang in der Umgebung gewohnt hab´ und noch nie was von den BAM BAMS gehört habe, könntet ihr mir mal sagen, wie lange es euch gibt und was ihr schon musikalisch verewigt habt?

Ingo: Also, die BAM BAMS gibt es seit zwei Jahren, glaube ich, oder?

Yvy: Ja, knapp zwei Jahre, am 09. September haben wir die Band gegründet.

Ingo: Ja, ja aber da gab´s uns schon ein halbes Jahr.

Yvy: In der Theorie!

Ingo: Davor haben wir zwei Demos gemacht, von denen die ganzen Songs dann auch auf die CD jetzt kamen. Und dann noch halt ein paar andere.

Wie kommt man denn zu dem Namen BÄM BÄMS und was steckt dahinter?

Andi: Ich habe immer gedacht, das heißt BAM BAMS?

Yvy: Jaaah, das muß man mal richtig stellen. Der Name kommt ursprünglich von dieser Figur aus den Flintstones.

Flo: Hier, kann man gut sehen (hält seinen Pulli hoch, hat ein Flintstones-T-Shirt drunter). Das ist der Bam Bam, der mit der Keule.

Ingo: Der war auch auf unserem ersten Demo vorne drauf.

Flo: Den wollten wir auch auf unsere CD machen, aber das wäre zu teuer geworden. Ja, wo er hinhaut wächst kein Gras mehr. Der Bam Bam haut ja immer so arg, der ist ja so stark. Aber das war eigentlich denen ihre Idee (zeigt auf Ingo und Kai).

Kai: Meine nicht, haha (alles lacht).

Ingo: Ja ,meine auch nicht.

Flo: Doch, eurer beiden.

Ingo: Nein, wir haben nichts besseres gewußt.

Yvy: Hauptsache ´nen Namen, den man sich gut merken kann.

Flo: Wir hatten ein Bandinfo, da stand drin "wo sie hinhauen, wächst kein Gras mehr". Und daher auch der Name, was immer das heißen mag.

Wie habt ihr euch denn kennengelernt als Band, hier im Jugendzentrum "Z"?

Ingo: Der Flo, die Yvy und ich waren zuvor schon in einer Deutschpunk-Kapelle mit dem Namen MDW. Wir waren auch alle drei auf der gleichen Schule. Die Band hat sich dann aufgelöst, weil ich diese Musik nicht mehr machen wollte. Zusammenfassend kann man sagen, wegen persönlicher und musikalischer Differenzen.

Yvy: Die Band war sehr melodisch, damals noch zweistimmig, mit einer Frau und einem Mann am Gesang.

Ingo: Nach der Auflösung haben wir dann eine ganze Zeitlang gar nichts gemacht, bis es uns dann doch zu langweilig wurde und wir wieder Lust hatten, mal wieder richtige Musik zu machen.

Irgendwie ist es trotzdem erstaunlich, daß in der ganzen Zeit, die wir hier gewohnt haben, nichts von euch gehört haben. (Allgemeines Gelächter )

Habt ihr da keine Auftritte gemacht?

Andi: Ich meine allerhöchstens von ihm hier und von ihr (zeigt auf Ingo, Ivy und Flo), also von MDW hätte man ein bißchen was hören können.

Andi: Wir haben öfters hier im "Z" gespielt, so an die zehn Mal. Vielleicht liegt es daran, daß ihr euch hier gar nicht rumtreibt.

Flo: Also damals war unsere Werbe-Maschinerie beschissen, da hatte ich das noch nicht übernommen gehabt, ist klar, da ist das noch nicht so publik geworden. Aber heute hört man mehr davon.

Ingo: Ja, jetzt spielen wir ja nicht mehr hier in der Gegend. Hier will uns eh keiner hören.

Kai: Ich weiß echt nicht, aber in Stuttgart fragen alle immer wieder, wann wir jetzt mal wieder hier in der Gegend spielen. Aber ich meine, hier in der Nähe spielen wir ja nicht so oft.

Yvy: Nicht mehr.

Kai: Aber andauernd fragen die Leute, wann wir denn mal wieder spielen.

Ingo: Wer fragt das?

Kai: Halt die Leute die ich immer wieder kennenlerne.

Yvy: Seine ehemaligen Studienkollegen.

Kai: Nee, ich kenne auch andere Menschen, weißt du.

Yvy: Die habe ich aber noch nicht gesehen.

Kai: Die wirst du auch nicht sehen, weil das nicht deine Richtung ist.

Flo: Wir haben uns am Anfang eben nur aufs Proben konzentriert, weil wenn man ´ne Band hat, dann muß man ja eigentlich auch erst mal die Lieder können und nicht gleich so mit Werbung und TV rumprotzen und so Sachen machen.

Was mich am meisten gewundert hat, war, daß eine Band aus Stuttgart oder überhaupt aus dem süddeutschen Raum so eine Art von Musik macht, die sich am ehesten in der älteren englischen Punk-Schule wiederfindet. Das ist schon relativ ungewöhnlich irgendwie, denn meine Erfahrung war die, daß die Bands die in den letzten paar Jahren aus Stuttgart oder überhaupt aus dem süddeutschen Raum kamen, immer recht vertrackten Hardcore gespielt haben.

Flo: Ein Hardcore-verseuchter Süden. (Alle stimmen zu).

Ingo: Aber in Sindelfingen gibt´s auch ein paar andere Bands.

Kai: Zum Beispiel Mädels No Mädels.

Ingo: Ich weiß auch nicht, denn eigentlich müßte man im Süden viele bessere Musik machen.

Kühler Norden oder wie?

Ingo: Genau, aber das ist komisch, denn die ganzen melodischen Bands, die kommen halt fast alle aus Schweden.

Liegt das an euren melodischen Vorlieben oder wie hat sich euer Sound so ergeben?

Ingo: Ja, ich glaube schon. Ich habe mir gesagt, ich mache in keiner Band mit, wo wir scheiß Musik machen.

Flo: Er hört halt eher die Dickies und Psychotic Youth und ein bißchen DI und das sind alles eher melodische Bands.

Kai: Ingo schreibt fast alle Lieder, und von daher...

Ingo: Ich sag´ dann halt immer so und so wird´s gemacht.

Yvy: Eine Melodie habe ich jetzt auch mal geschrieben.

Liegt es nun doch tatsächlich an der verbreiteten Engstirnigkeit im Süden, daß sich niemend traut neue Wege zu gehen, oder sind die Moralapostel der Szene kein typisch süddeutsches Problem?

Flo: Natürlich, schließlich wird auch nur im Süden die Kehrwoche so peinlich genau befolgt.

Wie kommt man eigentlich als Stuttgarter Band zum Rostocker Label Amöbenklang?

Ingo: Eigentlich sind wir ja zu High Society International nach Hamburg gekommen, weil dorthin haben wir das Demo verschickt. Wir hatten in das "Buch dein eigenes beficktes Leben" rein geschaut, wo all die Labels mit Adressen drinstanden, und dann haben wir da unsere Demos hingeschickt. Und die einzigen, die geantwortet haben, waren die von Nasty Vinyl und der Thorsten von High Society. Nasty Vinyl wollten nur eine Song für ´nen Sampler, wir jedoch wollten eigentlich eine Single machen, aber das wollten die nicht, und deshalb hat H.S.I. gesagt, eine CD könnten wir machen, aber eine Single nicht. Und dann haben wir gesagt, dann machen wir eben eine CD.

Flo: High Society International ist ein Unterlabel, eine Unterlabel für gute Musik, ein Punkrock-Ableger von Amöbenklang.

Das ist ja wieder ein Beweis für die Hardcoreverseuchung, wenn sich da sonst niemand dafür interessiert hat, oder?

Ingo: Ja eigentlich schon, aber hier gibt´s eigentlich auch gar keine solche Labels, außer vielleicht den Incognito, aber denen war das wahrscheinlich zu poppig.

In letzter Zeit hört man wieder mehr melodiösen Punk, auch mit Sängerin und so, als noch vor ein paar Jahren. Ist wohl auch wieder eher im Kommen, oder?

Ingo: Ich weiß auch nicht, aber klar, die Szene war hier auf den Konzerten auch schon größer und es tut sich in dem Raum hier auch gerade nicht so viel an Konzerten. Außer in der Röhre in Stuttgart, wo es recht teuer ist und das Bier auch 6 Mark kostet und es dann randvoll ist und man nicht viel sieht. Außerdem spielen wir auch lieber im Osten.

Was ist im Osten besser oder anders?

Ingo: Die Leute; die Läden sind voll und die Leute sind voll.

Flo: Die wollen Party.

Yvy: Ich finde, die sind auch toleranter, die gehen halt gleich mit. Und die Crust-Leute von hier, die mögen uns sowieso überhaupt nicht. Die sind uns gegenüber ziemlich intolerant.

Besteht in den neuen Bundesländern noch Nachholbedarf?

Flo: Da besteht durchaus noch Nachholbedarf. Die Leute sind durch den Kommerz noch nicht so abgestumpft.

Ist es eigentlich für euch erstrebenswert, von der Musik leben zu können, irgendwann mal so nach 5 CDs? Und was macht Ihr eigentlich, wenn Ihr mal gerade keine Musik macht?

Ingo: Für mich ist das schon ein Ziel, aber erst in 5 Jahren vielleicht.

Flo: Also mir würde das auch sehr gut gefallen. Aber das ist leider doch etwas unrealistisch, denn dann müßte man auch proben und die Musik etwas ernsthafter betreiben und nicht irgendwelche andere Sachen in Vordergrund schieben. Denn wir haben immer Probleme Konzerte zu machen, weil irgend-jemand keine Zeit hat, weil er auf irgendwelche Fortbildungen gehen möchte oder aus ähnlichen Gründen. Aber um auf die Frage zurückzukommen, ich bin Schüler in der 12. Klasse Gymnasium, nachdem ich ein Jahr Vertragsverlängerung bekommen habe...

Ingo: Ich mache eine Lehre als Retoucheur und bin 22 Jahre alt.

Kai: Ich bin gerade dabei mein Studium der Biologie abzubrechen, nach dem ersten Semenster, denn im zweiten Semester fängt die Tierschlachterei an, die ich total unsinnig finde, und wenn ich sowieso von dem Studium nicht so ganz überzeugt bin, dann höre ich lieber gleich auf, bevor ich die ganzen Tiere zerschnitten habe. Ich mache dann halt irgendeine nette Lehre.

Yvy: Ich bin Hausfrau und Studentin im zweiten Semester.

Andi: Und ich bin von Beruf Gärtner.

Tja, und was sind so die Pläne in nächster Zeit?

Ingo: Na ja, ich will immer noch ´ne Single machen.

Yvy: Eine LP wäre auch nicht schlecht.

Flo: Aber dann müßte man ja proben und Songs machen.

Ingo: Eine Single wäre deshalb eben viel einfacher, aber man müßte jemanden finden, der das macht.

Yvy: Oder wir machen das alles selbst.

Ingo: Das kostet aber Geld.

Flo: Dann müßten wir halt mal mehr Konzerte machen. und nicht immer nur für Bier und Spritkosten spielen.

Yvy: Ja, dann grasen wir den ganzen Osten ab.

Flo: Eine Tour wäre mal nicht schlecht, aber das werden wir nicht hinkriegen, weil wir nicht so oft Zeit haben.

Ingo: Und weil es keiner organisiert.

Wie waren die Reaktionen auf eure CD?

Ingo: Bis jetzt kenne ich nur die Reaktionen von Third Generation Nation, von Plastic Bomb und vom Ox, die eigentlich ganz gut waren. Die Kritik im Plastic Bomb war sogar hervorragend.

Flo: Die CD ist eigentlich gut angekommen. Nur der von Pearl Harbour fand sie zu soft. Aber die nächste CD wird dreckiger, rotziger.

Ich denke mal, wenn die Gitarren etwas lauter abgemischt wären, dann würde es auch gar nicht so poppig klingen.

Yvy: Das lag am Mischer, denn der hört gern Jazz.

Ingo: Nee, der hört nicht Jazz, sondern höchstens Deep Purple.

Flo: Der wollte einen anderen Sound haben, keinen so rotzigen.

Ingo: Ja genau, der hat einfach keinen Geschmack.

Flo: Wir vermuten auch, daß er einen Hörschaden hat und es nicht zugibt.

Nachdem der CD keine Texte beiliegen, habt ihr hiermit die Gelegenheit zu erklären, von was die Texte so handeln und vor welchem Hintergrund sie entstanden sind.

Ingo: Die Texte... Tja, die meisten handeln von Liebe und Problemen im Zusammenhang damit. Und manche handeln auch von einfach blöden Sachen, wie von Leuten, die sich T-Shirts für 40 DM kaufen oder so, wo das Wichtigste dran ist, daß sie schwarz sind und vorne irgendwas mit Blut drauf ist.

Flo: Zudem handeln sie noch von Partys machen und feiern.

Ingo: Und auch von den Nachwirkungen und so, die Texte sind praktisch direkt aus dem Leben gegriffen.

Also keine politischen Texte?

Yvy: Aber nein.

Kommt gar nicht in Frage?

Ingo: Was heißt hier "kommt nicht in Frage"?

Ivy: Für uns alle ist es selbstverständlich, daß ALLE Menschen gleich sind!

Flo: Ich denke, wir sind nicht politisch desinteressiert, aber das braucht man ja nicht jedem so direkt aufs Auge zu drücken. Da gibt es eigentlich schon genug Bands die das machen. Es soll Spaß machen, und wir erwarten ja auch Spaß von der Musik und daß das Publikum sich daran erfreut und nicht frustriert nach Hause geht, weil die Welt so schlecht ist.

Yvy: Außerdem kommt keine Stimmung auf bei Bands, die politisch immer so voll korrekt sind und Ihre Textblätter austeilen, da sich das Publikum nicht bewegt, weil sie alle so intensiv am Lesen sind.

Ingo: Die gehen dann alle raus, nehmen sich ´nen Tee und lesen die Textblätter. Aber es sind nicht alle Texte von mir, manchmal macht die Yvy auch ´nen Text. Auf der CD sind zwei oder drei Lieder von ihr.

Gibt es in und um Stuttgart überhaupt noch viele Möglichkeiten live zu spielen, ich meine gute Auftrittsorte, keine kirchlichen Jugendhäuser, in denen ziemlich viel 12 - 16jährige herumhängen?

Flo: Also ich hab´ damit kein Problem, aber wir spielen sowieso viel lieber im Osten, denn dort ist es irgendwie viel netter und da ist auch nicht irgendwie so eine komische Atmosphäre.

Kai: Ja, die freuen sich richtig auf dich. Hier kommt man rein und spielt und muß hoffen, daß das Publikum irgendwann einmal sagt, ja, die sind ganz okay.

Wie sieht es eigentlich mit dem größten Konzertveranstalter in Stuttgart, mit der "Röhre" aus?

Yvy: In der Röhre ist das Problem, daß sie unheimlich groß ist und sich dort alles verläuft. Punkrock ist für mich immer irgendwie was persönlicheres, d.h. unter anderem tiefere Decken, mehr Atmosphäre, eben keine so großen Konzerthallen mit hohen Bühnen, wo die "Stars" auftreten und der Preis sowieso zu hoch ist. Kollegen von uns, die Gruppe Ramzes, die sich inzwischen aufgelöst haben, haben auch mal in der Röhre gespielt und wurden abgespeist mit 50 DM Spritkohle, obwohl die wirklich mehr gebraucht hätten, weil da alle aus verschiedenen Richtungen kamen. Und die haben dann jeweils noch ein, zwei Bier für den ganzen Abend bekommen.

Ingo: Aber man kann auch im Sudhaus in Tübingen spielen, das ist auch nicht schlecht oder im Epple-Haus in Tübingen, das wär doch noch was für die Zukunft.

Noch ein Satz zum Schluß?

Alle: Wir möchten noch alle netten Leute grüßen, die uns auf dem steinigen Weg nach oben geholfen haben und uns auch in Zukunft unterstützen werden; außerdem wünschen wir viel Punkrock, Spaß und Amusement.

Reiner Berroth