MANUAL KANT

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Fröhliche Taugenichtse aus der Provinz

Selten fällt es so schwer, eine Band einzuschätzen. Schubladen finden sich doch eigentlich immer, und wenn nicht, steckt man sie halt irgendwo dazwischen. Diesmal funktioniert das nicht so ganz. Wo stehen MANUAL KANT und wofür, und was soll man von ihrem Debüt „Applaus“ nun eigentlich halten? Wir haben es hier mit keiner neuen Emo- oder Indie-Band zu tun, die schweren Herzens von ihrer Herkunft erzählt. Es hört sich eben anders an und diesen Funken Andersartigkeit in Worte zu fassen, überlässt man vielleicht einfach den Verantwortlichen, genauer gesagt Sänger Malte Borgmann.

Wie seid ihr in Kontakt mit eurem Label Richard Mohlmann gekommen?

Das ist einfach irgendwann so passiert. Wir haben immer mal wieder halbherzig irgendwelches Zeug rausgeschickt oder auf MySpace Leute angeschrieben, und da hat uns Dennis von Richard Mohlmann dann auch geantwortet und uns um Aufnahmen gebeten. Das hat dann noch ein bisschen gedauert, aber nach ein paarmal Live-Spielen und Quatschen irgendwann geklappt.

Im Vergleich zu den anderen Bands auf dem Label wie BEAT! BEAT! BEAT! und GHOST OF TOM JOAD fallt ihr musikalisch schon etwas aus dem Rahmen. Habt ihr irgendetwas mit denen zu tun?

Sporadisch. Mit GHOST OF TOM JOAD haben wir jetzt schon häufiger zusammen gespielt, und das ist auch cool, wenn man sich da Equipment und so was ausleihen kann. Mit BEAT! BEAT! BEAT! haben wir bisher nur einmal gespielt, aber auch bei denen haben wir uns schon Zeug geliehen.

Aber nicht nur auf dem Label, sondern auch im Hinblick auf die gesamte aktuelle deutsche Musikszene fallt ihr etwas aus dem Rahmen. Legt ihr es bewusst darauf an?

Wir wollen auf jeden Fall nichts machen, was irgendwer schon mal gemacht hat. Zu krasses Kopieren wollen wir vermeiden. So ganz kann man sich dem natürlich nicht entziehen, aber man möchte sich doch von dem Angebot, das es zur Zeit gibt, abheben. Eine Intention, genau solche Musik zu machen, die sich anhört wie jede andere,wäre ja auch Quatsch.

Euer Labelboss Dennis hat euch mit QUEENS OF THE STONE AGE und SELIG verglichen.

Von SELIG kenne ich wirklich zu wenig. Ich habe nur was von den Sachen, die die in den Neunzigern gemacht haben, aber die neuen Sachen finde ich, ehrlich gesagt, nicht so geil. QUEENS OF STHE STONE AGE haben wir alle gern gehört und tun es auch noch. Als wir die Band gegründet haben, war das schon eine der Hauptinspirationsquellen.

Ihr bezeichnet euch selbst als Taugenichtse und macht auch in den Trailern zu eurer Platte „Applaus“ hauptsächlich Unsinn. Wie wichtig ist es euch, wie ihr von außen wahrgenommen werdet? Gibt es ein bestimmtes Bild, das ihr vermitteln wollt?

Wir müssen uns an die Situation auch erst gewöhnen. Noch haben wir da kein Ziel vor Augen, wie wir uns der Öffentlichkeit präsentieren wollen, und probieren uns da momentan ein bisschen aus. Es ist klar, dass man auf so etwas achten muss, aber man muss auch darauf aufpassen, dass man solche Dinge nicht zu sehr durchplant, weil das sonst einfach aufgesetzt wirkt. Wir tasten uns langsam an dieses Öffentlichkeitsding heran.

Gibt es Ziele, die ihr euch als Band gesteckt habt? Es gibt euch ja noch nicht so lange.

Die Band an sich gibt es seit 2006 und in der aktuellen Besetzung seit 2009. Wir kennen uns aber schon länger und haben in anderen Bands zusammengespielt. Wir freuen uns im Moment schon so richtig auf das zweite Album. Die Songs auf „Applaus“ sind alle schon recht alt, zum Teil wurden die 2006 oder 2007 geschrieben. Wir haben die also schon ewig im Repertoire und auch schon öfter aufgenommen, auch für unsere Demo-CD „Die Nutten sind unruhig“. Von daher ist das nächstgrößere Ziel, möglichst schnell das zweite Album hinterher zu schießen. Die alten Songs sind alle raus und jetzt kann man neue Sachen in Angriff nehmen.

Die Themen auf „Applaus“, wie die Enge der Provinz, sind nicht unbedingt ungewöhnlich. Ihr geht die Thematik aber nicht so betont emotional an. Stört dich das bei anderen Bands?

Also ich bin jetzt nicht generell gegen emotionale Texte. Es wäre ja Unsinn, das kategorisch abzulehnen. Ich finde auch nicht, dass meine Texte total emotionslos sind. Ob mir das gefällt, müsste ich auch von Band zu Band sagen, die kann man auch nicht alle über einen Kamm scheren.

In „Die aschfahlen Mädchen“ gibt es am Anfang dieses Snippet. Wo kommt das her und warum gehört es zu diesem Song?

Der Ausschnitt stammt aus dem Film „Mystic River“ von Clint Eastwood, das ist gar nicht mal so ein lustiger Film. Die Figur, die Tim Robbins da spielt, wurde als Kind missbraucht und später eines Mordes beschuldigt, weil alle glauben, dass er ohnehin verrückt ist. Und mit der Zeit wird er tatsächlich langsam verrückt.

In welchem Zusammenhang steht das zu eurer Platte?

Die Szene hat mich sehr beeindruckt. Sie passt irgendwie zu der Stimmung des Songs und des Albums, auch wenn es in „Die aschfahlen Mädchen“ nicht explizit um Kindesmissbrauch geht. Der Ausschnitt schafft so eine creepy Atmosphäre und deswegen haben wir den genommen.