SAINT VITUS

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Fuck you!

Armando Acosta, der Ende 2010 verstorbene SAINT VITUS-Drummer, wäre stolz auf das neue Album „Lillie: F-65“ gewesen, das kürzlich auf dem französischen Metal-Label Season of Mist erschien. Bis auf Acosta wurde es im Original-Line-up der Jahre 1986-1991 eingespielt, also in der Besetzung Dave Chandler (Gitarre), Mark Adams (Bass) und Scott „Wino“ Weinrich (Gesang) – allein Henry Vasquez ist erst seit 2009 als Drummer dabei. Chandler, Adams und Acosta hatten die Band 1978 gegründet. Bis 1986, und danach noch mal von 1994 bis 1996 (also auch auf dem bisher letzten SV-Album „Die Healing“ von 1995), sang Scott Reagers. 2009 spielten SAINT VITUS auf dem Roadburn-Festival ein begeisterndes Reunion-Konzert, in der Folgezeit verdichteten sich die Gerüchte, es werde ein neues Album geben, einen Nachfolger zu den in (fast exakt) der aktuellen Besetzung eingespielten Alben „Born Too Late“ (das dritte, 1986), „Mournful Cries“ (1988) und „V“ (1990); bei den ersten beiden, „Saint Vitus“ von 1984 und „Hallow’s Victim“ von 1985, sang noch Reagers. Winos markante Stimme konnte man über die Jahre, bedingt durch sein umfangreiches Soloschaffen, immer wieder hören, in Verbindung aber mit dem niederfrequenten Basswummern von Mark Adams und Dave Chandlers prägnantem Gitarrenspiel sowie dem exzellenten Schleichfahrt-Drumming von Vasquez entfaltet sich wieder die ganze Magie des SAINT VITUS-Sounds, der mich einst als Fan von SST-Bands wie DESCENDENTS, SONIC YOUTH und BLACK FLAG erst schockte und dann mitriss (im Zeitlupentempo natürlich). Die Band, die Doom war, bevor sie es wusste, wurde einst als BLACK SABBATH-Verehrer geschätzt, doch im Gegensatz zu dieser Altherren-Comedy-Truppe haben es Wino & Co. geschafft, ihre Magie völlig verlustfrei in die Jetztzeit zu transportieren. Nachdem man in den letzten Jahren über SAINT VITUS eigentlich fast nur mit Wino sprechen konnte, war ich froh, jetzt Dave Chandler als Gesprächspartner zu haben.

Dave, viele Jahre schien es, als sei Wino so was wie der Gralshüter von SAINT VITUS, er gab die meisten Interviews, und in den Jahren 1996 bis 2008, in denen die Band nicht existierte, sprach er über sie.

Für mich ist das okay, denn Wino blieb auch nach dem Ausstieg bei SAINT VITUS als Musiker aktiv – im Gegensatz zu mir. Ich hatte über fünf Jahre lang überhaupt nichts mehr mit dem Musikgeschäft zu tun.

Was hast du in dieser Zeit getrieben? Über Wino kann man im Netz recht viel finden, über dich nicht.

Das hängt ganz einfach damit zusammen, dass ich nicht viel mache und gemacht habe. Ich bin das, was man als „stay at home person“ bezeichnet, ich gehe nur selten aus. Als sich SAINT VITUS 1996 auflösten, nahm ich die nächsten knapp fünf Jahre meine Gitarre kein einziges Mal aus dem Koffer. Ich hatte zu der Zeit nicht mal eine Stereoanlage, um Musik zu hören. Ich fuhr nach der Auflösung der Band erst mal in den Urlaub, arbeitete und hielt mich aus allem raus, bis 2000, als ich zusammen mit Ron Holzner DEBRIS INC. gründete. Mein Leben ohne Musik war in keinster Weise aufregend, denn wie gesagt, ich ging zur Arbeit und dann wieder nach Hause und nur selten aus. Ich lebte damals in Kalifornien, das trug noch dazu bei, denn da war alles so weit entfernt, dass man nicht in die Kneipe laufen konnte, sondern hätte fahren müssen. Hier in New Orleans, wo ich seit einer Weile lebe, ist das ganz anders, da sind die Bars zu Fuß zu erreichen und so sind meine Frau und ich oft jetzt viel öfter unterwegs. Aber nach wie vor bin ich völlig zufrieden damit, gemütlich zu Hause zu sitzen, fernzusehen oder Gitarre zu spielen und dazu etwas Gras zu rauchen.

Was hattest du während deiner Jahre außerhalb der Musikszene für einen Job?

Der hatte so gesehen auch was mit Musik zu tun: Ich war DJ in verschiedenen Strip-Clubs, ich kündigte die Girls an, wenn sie auf die Bühne kamen, spielte die passende Musik. Ich spielte, was die Mädels haben wollten, die brachten oft ihre eigene Musik mit, oder sie suchten sich im Computer ihre Playlist aus. Zu meinem Job gehörte es, dafür zu sorgen, dass da immer auch die aktuelle Musik dabei war, aus allen Stilrichtungen, von Pop über Rap bis Rock. Ich verfolgte zu der Zeit aber nicht aus eigenem Interesse, was an neuer Musik erschien, aber es kam ein paar Mal vor, dass eine zu Metal strippte, mir die Musik gefiel, ich sie fragte, welche Band das ist, und mir die Platte dann kaufte.

Hast du seit diesem Job eigentlich genug von nackten Mädchen?

Nein! Natürlich nicht. Übrigens habe ich meine Frau bei der Arbeit kennen gelernt, sie arbeitete in einem der Clubs an der Bar. Aber das ist lange her, hier in New Orleans arbeite ich in einem Laden für Kräuter und Gewürze, der auch einen Headshop beinhaltet, wo Pfeifen und so weiter verkauft werden.

Wie kam dann dein Interesse an Musik zurück?

Ich wollte nach dem Ende der Band wirklich nichts mehr mit dem Musikgeschäft zu tun haben, so angepisst war ich. Mein Freund Ron hat mich über die Jahre dann immer wieder genervt, ich solle wieder aktiv werden, aber meine Standardantwort lautete, ich würde das nur als verrückter Sänger einer Punkband machen. Das war dann letztlich auch das Konzept von DEBRIS INC., nur war Ron nicht so vertraut mit altem Punkrock wie ich. Ich spielte ihm dann Sachen auf der Gitarre vor, und so fand ich wieder Gefallen am Gitarrespielen. Mit DEBRIS INC. hatten wir dann zwar auch ein paar heavy Songs, aber auf Doom hatte ich keine Lust mehr, ich wollte einfach nur Spaß haben mit der Band. Ein paar Jahre klappte das auch ganz gut. Hier in New Orleans lernte ich dann Pat Bruder und Jimmy Bower von DOWN kennen, die zu der Zeit um die Jahrtausendwende herum auch nicht wirklich aktiv waren. Die beiden schlugen vor, wir könnten doch zusammen jammen, ich stimmte zu, und so waren es diese beiden Typen, die mich dazu brachten, mich wieder mit Doom-Metal zu beschäftigen.

Nun hattest du eben Punkrock erwähnt, und in der Tat gab es trotz aller stilistischer Unterschiede zwischen der Musik von SAINT VITUS und Punkrock immer schon eine Verbindung, nämlich SST Records, wo eure ersten Platten erschienen – und Menschen wie mich verwirrten, die BLACK FLAG, HÜSKER DÜ und DESCENDENTS liebten und plötzlich auf SAINT VITUS stießen, die irgendwie überhaupt nichts ins Bild zu passen schienen. Warum passte das doch?

Wir versuchten damals wirklich jede Auftrittsmöglichkeit mitzunehmen. Damals war bei SST auch eine Band namens OVERKILL unter Vertrag, und die kamen zu einer unserer Shows, sie mochten uns und boten uns an, mit ihnen zusammen zu spielen. Ich wusste ja, dass sie bei SST sind, und so fragte ich sie als BLACK FLAG-Fan, ob sie nicht fragen könnten, ob jemand von BLACK FLAG zum Konzert kommen könne. Henry, Greg und Chuck kamen dann auch tatsächlich, und nach der Show kam dann direkt die Frage, ob wir nicht eine Platte bei SST machen wollen. Die hatten damals die klare Strategie, nicht nur Punk-Platten zu veröffentlichen, und nach OVERKILL, die ja eher schnellen Metal spielten, wollten sie eine komplett andere Band, und die waren wir. Sobald wir auf SST waren, fingen wir an, Konzerte mit BLACK FLAG und all den anderen Bands des Labels zu spielen. Die ganzen Punkbands meckerten zwar anfangs rum, aber mit der Zeit gewöhnten sie sich an uns und so wurden wir Teil der Punk-Szene von L.A. Das war gut, denn die Metal-Szene hasste uns, und zu unseren Konzerten kamen eigentlich nur Punks, die einzigen Langhaarigen waren wir und unsere Freunde.

Wie kam das?

Die Metal-Szene – und wir reden von der Zeit vor Speed Metal und Thrash – bestand damals nur aus Glam- und Hair-Metal-Bands. Wir sahen aber nicht aus wie Frauen, wir spielten nicht diese Bullshit-Musik, und deshalb mochten uns die Metal-Fans nicht.

Welcher Jahrgang bist du?

Ich wurde im September 1958 geboren, bin jetzt 53.

Also warst du 20, als Punk in Kalifornien erste Aufmerksamkeit bekam.

Ja, die ganzen L.A.-Punkbands kamen in der Zeit nach dem Ende der SEX PISTOLS.

Neben Punk mochtest du, mochtet ihr aber ganz offensichtlich auch BLACK SABBATH. Wie konnten diese beiden Herzen in einer Brust schlagen?

Mark und ich hatten schon immer einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack, das war in den Siebzigern ganz normal. Als Punk dann aufkam, ich die ersten Bilder sah, war ich verwirrt: What the fuck is this?! Ich war erst mal ablehnend eingestellt, hatte so was noch nie gesehen, fand diesen Look seltsam und bizarr. Als ich dann aber die Musik hörte, war ich begeistert, ich glaube, es war ein SEX PISTOLS-Song. Das war anders, als ich mir das vorgestellt hatte, aber ich fand es cool, für mich war das ein Metal-Song mit einem Typen, der wild rumbrüllte. Ich besorgte mir dann Musikmagazine und Fanzines und fing an, mir die Platten zu kaufen, über die sie da berichteten. Ein Freund nahm uns mit zu einem DICKIES-Konzert, und das war beeindruckend, so was hatte ich noch nie gesehen.

Trotz dieser Begeisterung und Nähe zu Punk hast du mit deiner Band nie Punkrock gespielt.

Ja, wir waren immer eine traditionelle Metal-Band, wir wollten die Musik der Bands spielen, die wir als Kids verehrten. Und ich denke auch, dass SST das Interesse an uns verloren hätte, wenn wir nach dem Signing plötzlich begonnen hätten, so zu klingen wie die anderen Bands da. Das wäre ein Fehler gewesen. Ich halte es bis heute für unsere beste Entscheidung, uns einerseits mit der Punkrock-Szene einzulassen und andererseits unsere Musik nicht zu verändern. Wir wollten eine Metal-Band sein und bleiben.

Worin siehst du den Unterschied zwischen einer Metal- und einer Punkband? Es gibt zwischen beiden Lagern bis heute zwar einen gewissen Austausch, aber auch Abneigung.

Ehrlich gesagt sehe ich kaum einen Unterschied zwischen den beiden Szenen. Punk wird ja beispielsweise immer eine gewisse Nachlässigkeit vorgeworfen, aber das ist Quatsch, denn wenn man sich mal die Bands anschaut, die wirklich gut sind, merkt man schnell, dass das nicht stimmt. Die proben genauso oft wie alle anderen Bands, die wissen genau, was sie tun. Was das Verhältnis immer wieder ruiniert, sind auf beiden Seiten Menschen, die sich was einbilden auf das, was sie tun. Das sind Menschen, die wollen, dass beide Szenen getrennt bleiben. Wir haben diese Erfahrung damals ja selbst immer wieder gemacht, wir wurden von manchen Punks wirklich gehasst, einfach nur, weil wir so aussahen, wie wir aussahen. Wenn man sich dann aber mal kennen lernte und feststellte, dass sich die Einstellungen und Arbeitsweisen gar nicht unterschieden, fanden uns selbst jene, die uns zuvor noch gehasst hatten, großartig.

Verband SST denn die beiden Lager? Als Punk sah man es natürlich als Punklabel an, aber vielleicht gab es ja auch eine andere Sichtweise auf deren Arbeit. In späteren Jahren erschien da ja auch reichlich eigenwillige Musik, die eher schon Richtung Jazz ging.

Als wir dort unterschrieben, war es ein reines Punklabel, es wurde als „Hardcore-Label“ wahrgenommen. Ich denke, diesen Ruf hat SST immer behalten, auch als es später seine Finger in experimentellere Bereiche ausstreckte. SST war und blieb „das“ L.A.-Punk- und Hardcore-Label.

Bist du denn noch in Kontakt mit SST-Gründer und -Betreiber Greg Ginn?

Nein, aber es redet heute ja auch kaum noch jemand mit Greg. Aber ich bin noch in Kontakt mit Chuck Dukowski, Dez Cadena und Henry Rollins.

Aber eure Platten auf SST werden bis heute immer wieder neu aufgelegt. Im Gegensatz zu SONIC YOUTH oder DINOSAUR JR habt ihr SST die Platten nicht „weggenommen“.

Wir haben über die Jahre immer wieder Platten von SST bekommen und die dann auf Konzerten verkauft, aber darüber hinaus kann ich derzeit nicht mehr zu dem Thema sagen, denn wir kümmern uns gerade darum, dass wir künftig selbst über diese Platten verfügen können.

Auf den frühen Platten war noch Scott Reagers Sänger von SAINT VITUS. Was ist aus dem geworden? Der war als euer erster Sänger ja nach Winos Ausstieg zurückgekehrt und auf dem 1995er Album „Die Healing“ zu hören.

Er lebt in Los Angeles, hat Frau und Kind und einen normalen Job, und wenn wir mal in L.A. spielen, kommt er zu unseren Konzerten. Mark, der ebenfalls in LA lebt, hat mit ihm noch recht viel Kontakt.

Als es um die Reunion von SAINT VITUS ging, war da klar, dass die mit Wino sein würde, oder stand auch Scott zur Debatte?

Nein, es war und schon bei der kurzen Reunion 2003 klar, dass die im Line-up des „Born Too Late“-Albums sein würde, also mit Wino. Scott hat damit kein Problem, er stand in L.A. sogar mal für einen Song mit uns auf der Bühne. Es ist einfach so, dass das aktuelle Line-up das ist, das funktioniert.

„Mournful Cries“, euer viertes Album von 1988, war das letzte für SST. Ihr seid dann zum neu gegründeten Berliner Label Hellhound gewechselt, wo die nächsten drei Alben erschienen, „V“ von 1990, „C.O.D.“ von 1992 und 1995 „Die Healing“ sowie die Live-Platte „Live“ 1990. Wie kam es dazu? Ich erinnere mich, dass durch euer hiesiges Label und regelmäßige Touren die Bekanntheit in Europa stark anstieg.

Auf unserer ersten Europatour bekamen wir jeden Abend zu hören, dass unsere Platten hier nicht zu bekommen seien. SST kümmerte sich offensichtlich nicht darum, dass unsere Platten in Europa zu haben waren, und als Hellhound uns dann ein Angebot machten, nahmen wir das an. Es war ein neu gegründetes Label, denn eigentlich war die Firma eine Tourbooking-Agentur, die hatten nur ein paar Bands, probierten Neues aus. Es war cool, erst zum Schluss hin war es dann weniger schön. Europa war für uns sehr wichtig, ich war schon früh der Meinung, dass man uns als Band dort besser verstehen und akzeptieren würde als in den USA. In den USA war es speziell im Metal schon immer so, dass man bestimmte Bands und Stile gutzufinden hat und sonst nichts, speziell im Westen. Unsere Shows an der US-Ostküste waren immer besser als die an der Westcoast. An der Ostküste sind die Leute einfach offener. Als wir dann endlich die Chance bekamen, in Europa, in Deutschland zu spielen, waren wir begeistert. Schon das erste Konzert war ausverkauft, wir mussten lange spielen, die Leute wollten sogar unsere alten Stücke hören, die wir lange nicht geprobt hatten. Wir waren wirklich überrascht vom Ausmaß des Zuspruchs. Uns wurde dann bald klar, dass Europa für Bands, die „anders“ sind, ein viel besseres Terrain ist als die USA. In Europa hört man sich eine Band erst an und bildet sich dann eine Meinung, wohingegen in den USA die Metal-Fans damals das gut fanden, was ihnen die Magazine „vorschrieben“. Und wir hatten auch keine Ahnung, dass es sogar eine kleine Szene von Menschen gab, die speziell auf unsere langsame Art von Musik standen.

Was macht eure Musik jenseits des reduzierten Tempos aus?

Wir haben uns ja zu Beginn nicht zum Musikmachen zusammengefunden, um etwas Besonderes zu machen. Wir hatten anfangs ganz verschiedene Songs, doch dann schafften es eher die langsamen Stücke auf unser erstes Album und so wurden wir für diese Art von Songs bekannt, woraufhin ich absichtlich eher langsame Lieder schrieb. Abgesehen davon hatten mir schon immer die langsameren Songs von BLACK SABBATH gefallen, denn ich fand, dass die heavier waren. Langsame Songs kommen einfach heavier rüber, finde ich. Einen anderen Plan gab es nicht, der Begriff „Doom Metal“ existierte noch gar nicht. Wir wollten einfach nur eine Heavy-Metal-Band sein und verschiedene Arten von Songs spielen. Aber nach den ersten Reaktionen, als Leute sich beklagten, dass wir zu langsam seien, reagierten wir dann so, dass wir erst recht langsam und nur langsam spielten: „Oh, das war euch zu langsam? Na, dann wartet mal das nächste Lied ab ...“

Ich schätze an euch diese Reduktion auf das Wesentliche, die ja schon immer auch ein Zeichen guten Designs war.

Exakt! Mich fragte mal jemand, warum ich denke, dass „Born too late“ zu einem Klassiker geworden ist. Ich antwortete, weil es einfach ist. Wenn man sich die Akkorde mal genau anschaut, wird das schnell klar. Weniger ist manchmal eben mehr.

Wann hast du den Begriff „Doom“ erstmals in Bezug auf eure Musik gehört oder gelesen?

Das war bei unserer zweiten Europatour. Bei der ersten Tour stand auf den Postern als Beschreibung „SST’s mavens of metal“. Wir verstanden nicht so ganz, was das heißen sollte, aber es war uns egal. Bei der zweiten Tour stand auf unseren Postern dann „godfathers of doom“, und ich fragte unsere Agentur, was das denn heißen solle. Die antworteten, wir würden doch „Doom Metal“ spielen, und ich meinte dann nur: „Ach so, äh, ja, was auch immer ...“ Ganz ehrlich, ich hatte diesen Begriff nie zuvor gehört, und sagte zu Mark, „Hey, we play Doom Metal!“, und er schaute mich nur fragend an und sagte: „Was soll das sein?“ Na ja, und seitdem spielen wir eben Doom Metal.

Nun habt ihr mit „Lillie: F-65“ ein neues Album raus, das erste seit 17 Jahren. Wie schwer oder leicht fiel euch das?

Die Aufnahmen an sich gingen uns sehr leicht von der Hand. Jeder wusste, was er spielen muss, alles klappte reibungslos. Aber das war eigentlich schon immer so, wir kamen im Studio immer gut miteinander klar. Und auch das Songwriting fiel uns leicht. Ein Beispiel: Wir waren auf Tour und ich spielte beim Soundcheck einen Riff so vor mich hin. Wino fragte, ob das ein neuer Song sei, ich antwortete „Nö“, und er meinte, ich solle einen daraus machen. Und ich wieder: „Wenn du einen Text dazu schreibst ...?“ Daraus wurde dann „Blessed at night“. Wir spielten den ein paar Leuten vor, die Reaktion war, ob das ein neues Album werden solle, und wir sagten ja. Wir arbeiteten gut zusammen, aber ich muss zugeben, dass mir das Songwriting anfangs schwerer fiel, ich hatte es einfach so lange nicht mehr gemacht, ich bin älter, ganz anders drauf als damals. Ich hatte schon Bedenken, dass nachher alles „falsch“ klingt, dass die Platte nicht das Feeling rüberbringt, das die alten Platten vermitteln. Ich hasse es doch selbst, wenn sich alte Bands reformieren, eine neue Platte machen und die nichts taugt. Gleichzeitig musste das Album frisch genug klingen, um neue Leute anzusprechen. Ich hatte also gewisse Startschwierigkeiten, aber irgendwann lief es dann und alles war gut, ich wusste, dass es hinhaut. Dazu kam, dass wir so weit voneinander entfernt leben: ich in New Orleans, Henry in Fort Worth, Texas, Mark und Wino an der Westküste. So nahm ich meine Gitarrenriffs auf und schickte sie ihnen, die lernten ihre Parts, und dann trafen wir uns ein paar Tage zum Proben und nahmen auf. Ich hoffe, das Album strahlt die altbekannte „Fuck you“-Attitüde aus, für die SAINT VITUS immer bekannt war.

Und wie kamt ihr dann zu Season Of Mist, jenem für extremen Metal bekannten Label aus Marseille in Frankreich?

Wir sprachen mit verschiedenen Labels, und letztlich hat uns ihre Herangehensweise und Attitüde überzeugt.