BAMBIX

BAMBIX sind definitiv eine meiner Lieblinxbands und mit das beste, was Holland im Moment zu bieten hat. Ich habe mit Frauenbands sonst nicht viel am Hut, weil sie a) entweder so belanglose, zuckersüsse Musik machen, dass mir davon regelmässig schlecht wird und/oder b) die Sängerin eine hohe Quäkestimme hat, die Männer reihenweise in Verzückung geraten lässt, bei mir sich aber nur die Nackenhaare aufstellen und der Killerinstinkt in mir geweckt wird. BAMBIX haben nix von beidem, und ich glaube, deshalb haben sie ohne Umwege einen festen Platz in meinem Herz gefunden. Willia, Sängerin und Gitarristin, stand mir für dieses Interview bereitwillig Rede und Antwort.

Ihr habt ja eine neue Bassistin, nachdem Maniet ausgestiegen ist. War es schwer, eine Nachfolgerin zu finden?


"Es war mehr als schwer, eine Nachfolgerin für Maniet zu finden, denn wir hatten ja ein bestimmtes Niveau erreicht mit einem bestimmten Bass-Sound. Bei BAMBIX ist halt der Bass eine Art zweite Stimme, die die Songs mitprägt und nicht, wie bei vielen anderen Punkbands, nur die Melodien mitmacht. Deshalb musste es schon jemand sein, der sehr gut Bass spielen kann. Obwohl wir viele Musiker kennen, waren da überhaupt keine Frauen dabei, also mussten wir überall suchen, haben auch eine Anzeige in einem bekannten Punk-/Metalzine gemacht, aber da hat sich fast niemand drauf gemeldet."

War es wichtig für euch, wieder eine Frau am Bass zu haben?


"Wir wollten auf alle Fälle eine Frau, weil das schon immer so bei BAMBIX war. Es haben auch einige Frauen mitgeprobt, aber die waren eben nicht so richtig für die BAMBIX-Musik geeignet oder haben menschlich nicht so zu uns gepasst. Naja, und weil das dauerte und dauerte, und für Peter und mich Musik machen das Wichtigste und Lustigste ist, was wir so machen - also auch wirklich unser Antriebsmotor ist -, haben wir in unserer Not dann sogar einen Bekannten von uns gefragt, ob der nicht mitspielen möchte. Glücklicherweise kam dann ein alter Freund von Peter mit der Idee an, mal seine Freundin zu fragen. Die konnte zwar nur Gitarre spielen, wollte es aber gerne mal als Bassistin versuchten. Das war Mariena. Wir haben sie dann in unserer Lieblingskneipe "De Bijstand" in Nimwegen kennengelernt und da hat sie uns erzählt, dass sie schon fünf Songs mitspielen könnte. Das haben wir nicht geglaubt, aber als sie uns dann den ganzen Abend Freibier ausgegeben hatte, haben wie es mal auf einen Versuch ankommen lassen - und was soll ich sagen: sie war richtig gut! Der grosse Vorteil ist halt auch, dass sie auch eine schöne Stimme hat und bei den Songs live wie auch auf Platte die zweite Stimme singen kann. Wie du siehst, haben wir das grosse Los mit ihr gezogen. Ausserdem ist sie auch noch sehr lustig."

Welche Rolle spielt diese 2:1-Konstellation in der Band für dich? Hat das deiner Meinung nach auch Auswirkungen auf die "Bandchemie"?

"Ich denke, dass die Kombination zwei Frauen, ein Mann sehr gut ist. Als wir noch eine Frauenband waren - das ist schon viele Jahre her -, wurden wir mehr wegen unserem Busen geschätzt als wegen unserer Musik. Da wurden wir auch oft gefragt, ob wir nicht auf Frauenfesten spielen wollen, wo halt keine Männer reingelassen werden und so´n Scheiss. Auch für das Miteinander ist so eine Kombination besser, denke ich. Männer sind eben anders, die reden nur Blödsinn, und Frauen sind zu ernst und kritisieren immer nur. Also wenn man das zusammenmischt, hat man eine gute "BAMBIX-Umgebung", nicht nur auf der persönlichen Schiene, auch musiktechnisch. Wenn man in einer Band spielt, weiss man, dass die Musiker niemals austauschbar sind. Bei BAMBIX waren wir auch immer Freunde. Es ist halt sehr schwer, eine Band zusammen zu halten, wenn man von der Musik nicht leben kann. Es gibt leider auch noch andere Dinge im Leben, die man auch machen muss oder will. Auch ist es so, dass wir fast jedes Wochenende Konzerte geben und viel auf Tour sind. Dann ist man 24 Stunden am Tag zusammen und wenn es einem nicht gut geht, ist es wichtig, dass die anderen das verstehen und darüber reden können. Das ist auch der Grund, wieso der Rest des BAMBIX-Teams so wichtig für uns ist: Paul, unser Soundsystem-Mann, Valerie, unsere beliebte Merchandyke und Bart, unser Fahrer, der in Deutschland schon fast einen Superstar-Status erreicht hat: ohne den würde es überhaupt keine BAMBIX geben. Für mich persönlich ist das genauso wichtig wie Musik machen. Ich würde niemals mit einem Arschloch - ausser meinem eigenen - unterwegs sein wollen."

BAMBIX - sind das Wick +? Du bist ja immerhin fast ausschliesslich für Musik und Texte zuständig.

"Obwohl ich die Musik und Texte mache, haben Mariena und Peter einen grossen Einfluss auf das endgültige Ergebnis: Peter und Mariena machen sich natürlich auch Gedanken und bringen sich aktiv mit ein, wenn es darum geht, wie die Songs letztendlich klingen sollen. Ohne den Einfluss von den anderen würden meine Songs genauso klingen wie die, die ich zuhause mache - also irgendwie eine Kombination aus Dolly Parton und Melanie, und das mögen unsere Punkfans eben nicht so und deshalb verpunken wir die im Proberaum bis sie "BAMBIX-Borrelnoten-Punk" sind."

Kannst du dir ein Leben ohne Musik(machen) vorstellen? Welche Rolle spielt Musik in deinem Leben?

"Ein Leben ohne Musik wäre für mich kein Leben. In meinem Kopf mache ich jeden Tag Musik und gehe die Songs immer wieder durch. Am liebsten sitze ich zuhause an meinem 4-Track-Recorder und komponiere oder bin im Proberaum. Das Leben mit BAMBIX ist für mich super, denn wir werden überall hin eingeladen. Neben Deutschland sind da auch viele andere europäische Länder, die Interesse an uns haben. Im April geht es sogar nach Brasilien, wo "Leitmotiv" auf dem brasilianischen Label "Barulho" veröffentlicht wurde. Es gibt immer Freibier, man lernt nette Leute kennen und es macht einfach nur Spass. Ich finde es auch sehr wichtig, dass wir in Nimwegen in den Bandbus steigen und dann z.B. nach acht Stunden Fahrt eine Menge Leute sehen, die Spass haben, auf unsere Musik tanzen oder die Texte mitsingen und eine gute Zeit haben. Wir haben alle drei eine Arbeit, wobei wir aber fast immer genug Zeit haben für die Band. Leider haben wir dadurch nicht soviel Zeit für unsere Freunde und Freundinnen in Holland, aber die sind auch willkommen, wenn wir 60 sind oder so, oder die müssen halt auch mal mit uns mitkommen."

Ihr wart im Dezember mit der Punklegende GBH auf Tour. Ist ja irgendwie eine seltsame Konstellation... Wie war das?

"Also wir haben schon öfter mal mit GBH gespielt. Beim Rostock-Festival ´99 haben wir uns dann so richtig kennengelernt und da kamen wir auf die Idee, eine Tour zusammen zu machen. Mit 15 war ich ein richtiger GBH-Fan und Collin war eigentlich damals mein persönlicher "Backstreet Boy", und deshalb fand ich die Idee einer Tour schon sehr lustig. Die Kombination war vielleicht irgendwie eigenartig, aber trotzdem war die Mischung der beiden Punk-Stile ok. Es gab einige Leute, die uns gefragt haben, wieso wir das gemacht haben, weil wir doch eine "Girl-Power"-Band sind und GBH so sexistisch sein sollen. Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass ich Songs wie "Slut" nie so richtig kapiert habe. Aber ich denke, allein schon dass GBH uns wegen einer gemeinsamen Tour angesprochen haben, hat uns gezeigt, dass sie uns wirklich ernst nehmen, denn es ist kein Vergnügen, mit BAMBIX auf Tour zu sein und bei jedem Sexistenwitz mit meinem Stahlkappenschuh auf den Boden gekickt zu werden... Wir sind sogar richtig Freunde geworden und sie haben uns für das Millenniumsfest nach Birmingham eingeladen. Wir sind da auch hingeflogen, und das würden wir niemals bei scheiss Sexisten machen."

Was sagst du zu meinem Vorwurf, dass die Punkszene eigentlich nur ein Mikrokosmos innerhalb der normalen Gesellschaft und genauso männerdominant und machomässig ist und Frauen - fast wie in der "real world" - nur die zweite Geige spielen? Es gibt doch kaum Frauen, die etwas auf die Beine stellen.

"Ich verstehe auch nicht, wieso sich so wenig Frauen in der Alternativ-Szene engagieren. Deshalb finde ich z.B. auch die "girls only"-Seiten im Ox gut. Wieso müssen das immer Männer sein, die Fanzines machen, Musik machen oder einen Mailorder haben? Als ich 13 war, war das "Punkmovement" für mich sehr wichtig, und das ist es immer noch. Nicht nur wegen der Musik, sondern auch was man so alternativ alles machen und erreichen kann. Es ist doch blöd, dass es in der alternativen Szene so viele kurzsichtige Leute gibt, die alles, was anders ist, dumm finden; auch wenn diese Szene offensichtlich mal anders gedacht war. Als das "grrrrlmovement" z.B. durch BIKINI KILL ins Leben gerufen war, hatten sich viele Frauen schon eine feste Meinung gebildet, weil das eben durch Frauen gemacht und von Frauen ausgedacht war. Ich finde, dass das, was Bands wie BIKINI KILL erreicht haben, grossartig ist. Sie sind nicht nur ein grosser Einfluss für die Musik oder die Szene gewesen, sondern auch für andere Gebiete wie z.B. Kunst oder Literatur. Aber ich stimme deinem Vorwurf, den du der heutigen Punkszene machst, absolut zu. Als die SLITS und andere Frauenbands ´77 angefangen haben, war das noch nicht so. Es gab zwar nicht so viele Frauen, die musikmässig aktiv waren, aber trotzdem waren sie sehr wichtig, denn sie haben genau dasselbe gemacht wie die Männer. Über ihre Musik und Texte haben sie sich über das System ausgekotzt."

Gibt es demnächst einen neuen Longplayer von euch? Ihr habt ja Ende letzten Jahres eine Split-7" mit den SKIN OF TEARS gemacht. Wie kam´s denn dazu?

"Wir gehen im Mai ins Studio, um unsere neue Platte aufzunehmen. Wir haben schon viele Songs fertig und es wird bestimmt ein Überhammer! Wir haben die Split-7" mit den SKIN OF TEARS gemacht, weil wir gut befreundet sind und wir deren Musik sehr mögen. Wir kennen die Typen schon länger, haben so ziemlich denselben Musikgeschmack und fanden die Idee einfach gut.Wir wollten auch zwischendurch mal was anderes machen und unseren Fans zwei neue Songs geben, die wir richtig super finden."

Welche Rolle spielen die neuen Medien für euch? Ihr habt ja eine eigene Homepage, wir kommunizieren via eMail miteinander...

"Durch die neuen Medien wie Internet wird die Welt plötzlich sehr klein. Es dauert nicht mehr ewig, bis dein Brief irgendwo ankommt und du eine Antwort darauf bekommst. Durch unsere Homepage www.bambix.de haben wir ein ideales Mittel, die Fragen von Fans zu beantworten, Tourdaten und News up-to-date zu veröffentlichen und unser Merchandise zu verkaufen. Die Leute können die Fotos und Biography gleich für Interviews oder Konzertflyer usw. verwenden. Alles wird plötzlich viel einfacher. Das Internet macht auch das Kontakteknüpfen leichter; bestes Beispiel ist unsere Brasilientour oder unsere geplante Tour im Juli durch Kroatien und Slowenien. Viele Leute hassen das Internet, weil sie sagen, dass es besser ist, mit einem wirklichen Gegenüber zu reden statt über eine Maschine zu kommunizieren - so wie die Superband TEEN IDOLS sagen: "Du bist ein www.loser.com." Aber für uns ist es ein gutes Medium, um mit unseren Fans in Kontakt zu sein. Ich finde ein Faxgerät mittlerweile wirklich superscheisse, und so bin ich froh, dass das Teil jetzt seinen Weg zur Hölle geht..."

Die Niederlande haben neben BAMBIX so geniale Bands wie JABBERWOCKY, NRA usw. Wie erklärst du dir, dass in Deutschland diese tollen Bands so wenig Leute kennen?

"Es gibt sicher sehr nette Bands in Holland wie UNDECLINABLE AMBUSCADE, JABBERWOCKY, OF NO AVAIL, NRA, BREZHNEV, SCREWBALLS oder CIRCLE OF FRIENDS, aber ich denke, dass diese Bands sich vielleicht mehr auf die Niederlande konzentrieren und deshalb nicht oft in Deutschland spielen. Unsere erste EP "They even took the Memory" - wer kennt die noch? - war bereits bei einem deutschen Vertrieb, und weil uns die Konzerte in Deutschland schon damals viel mehr Spass gemacht haben als die in Holland, haben wir uns auch keine Mühe gemacht, in Holland etwas zu organisieren."

Heisst das, ihr spielt in Deutschland lieber als in Holland?

"Also wir spielen schon auch in Holland, aber wir gehen halt lieber bei Goch über die Grenze, weil wir mittlerweile die deutsche Szene viel besser kennen und uns die Leute eben besser gefallen. In Holland stehen die bei Konzerten nur rum, und ausserdem hat in Holland jede Alternativ-Splitbewegung ihre eigenen Konzerte, Fanzines usw. In Deutschland ist das viel mehr gemischt, auch unser Publikum. Da gibt´s Panx, Skins, Rocker und was weiss ich was alles zusammen. Deutsche sind irgendwie auch viel bewusster; die konsumieren nicht nur Musik, sondern mischen sich in viele Sachen ein, Politik, und was so in der Welt vor sich geht. Ausserdem gibt es bei euch viele nette Bands, mit denen wir befreundet sind, wie TAGTRAUM, SKIN OF TEARS, NO EXIT, WIZO, WOHLSTANDSKINDER, TUT DAS NOT, DRITTE WAHL, RANK MIASM, TERRORGRUPPE, MONOTON, SO WHAT etc., und die Leute sind viel gastfreundlicher. Also eigentlich alles, von dem die Holländer normalerweise sagen, dass es den Deutschen fehlt!"

Any last words?

"Wir grüssen alle Fans, für die wir der Antriebsmotor sind - wir danken und lieben euch! Und danke für das Interview."