NECROTTED

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Deathcore ist tot?

Wenn Totgesagte tatsächlich länger leben, verwundert es nicht, dass sich auch Deathcore noch immer weitaus lebendiger zeigt, als es so manchem Puristen gefallen mag. Aber hat die heutige Deathcore-Generation überhaupt etwas mit Hardcore am Hut? Und was kann man sich als Genre-Vertreter aus der Provinz für Hoffnungen machen? Die Saitenfraktion der 2008 gegründeten Abtsgmünder Band NECROTTED, die kürzlich über Supreme Chaos ihr Debütalbum „Anchors Apart“ veröffentlicht haben, stand in Person von Fabian (Bass) und Philipp (Gitarre) Rede und Antwort.

Euer Album wurde produziert von Nikita Kamprad/DER WEG EINER FREIHEIT, ex-FUCK YOUR SHADOW FROM BEHIND. Wie ist der Kontakt entstanden?

Fabian
: Wir kannten Nikita und die anderen Jungs durch Freunde schon etwas länger. Deshalb war er eine unserer ersten Anlaufstellen, um unser Debütalbum aufzunehmen – und wie sich herausstellen sollte, wirklich ein Glücksgriff!

Die Weiterentwicklung von eurem Demo zu „Anchors Apart“ ist nicht nur durch den Sound und die noch tighteren Neuaufnahmen unüberhörbar.

Philipp:
Ich denke, dass wir uns auch sonst musikalisch weiterentwickelt haben. Wir haben noch mehr Wert auf den Kontrast zwischen melodiösen Riffs und knallharten Slam-Parts und Breakdowns gelegt, aber gleichzeitig immer versucht, die optimale Mischung aus allem zu finden. Dabei war uns auch der Wiedererkennungswert der einzelnen Songs sehr wichtig.

Das Schiff auf dem Cover fällt direkt auf, genau wie die häufige Verwendung der Meeresthematik in den Texten. Wie kommt man auf so etwas?

Fabian:
Das Artwork ist besonders an den inhaltlichen Titelsong des Albums, „This blustery ocean“, angelehnt, hat aber zu allen Songs auf dem Album einen gewissen Bezug. „Anchors Apart“ ist kein reines Konzeptalbum, aber dennoch versuchen wir, in jedem Song eine positive Botschaft und besondere moralische und ethische Werte zu vermitteln. Dabei arbeiten wir mit farbigen Metaphern, oft entlehnt aus der griechischen Mythologie.

Und wer ist der titelgebende Sohn in „Inhale the wrath of Peleus’ son“? Achilles?

Fabian:
Bei dem Song geht es, wie du richtig erkannt hast, um den aus der Ilias bekannten Helden Achilles, der als Sinnbild sowohl für Ruhm und Erfolg als auch für Versagen und Fehler steht. Wie der Einzelne diese Metaphern dann deutet, ist Interpretationssache. Die Texte sind stellenweise persönlich, aber immer für die Allgemeinheit bestimmt. Auch als Teil unserer Selbstverwirklichung.

Was sind eure gemeinsamen Einflüsse? Ich mag mich irren, aber ich meine, da eine Vorliebe für CARNIFEX und angenehm melodische Riffs herauszuhören ...

Philipp:
Du irrst dich ganz und gar nicht, CARNIFEX haben uns sicherlich beeinflusst. Noch ausschlaggebender waren allerdings Bands wie DESPISED ICON, WHITECHAPEL oder THE BLACK DAHLIA MURDER, die man als unseren gemeinsamen Nenner bezeichnen kann. Die Vorliebe für melodische Riffs ist natürlich auch vorhanden. Wir finden, dass gerade die eingängigen Melodien unsere Musik einzigartig machen und etwas von der Masse abheben. Hierbei hat uns vor allem US-Metalcore sehr beeinflusst.

Ich frage, weil mich interessiert, ob euer Sound mit Hardcore- oder Punk-Einfluss entstanden ist. Viele jüngere Bands wachsen statt mit Death Metal und Hardcore direkt mit Deathcore auf.

Fabian:
Wir sind alle geprägt durch das Summer Breeze Festival, das bis einschließlich 2005 noch bei Abtsgmünd direkt vor unserer Haustür stattfand, und deshalb mehr mit Metal aufgewachsen als mit Hardcore oder gar Punk. Das Interesse an Hardcore kam dann erst später, als sich beide Musikrichtungen annäherten. Mittlerweile ist unser Musikgeschmack wirklich weit gefächert, wir sind für alles offen und aufgeschlossen. Deshalb finden wir es auch super, dass Metal und Hardcore immer weiter zusammenwachsen und ständig neue Musikrichtungen entstehen.

Viele ehemalige Vorreiter des Genres wenden sich mittlerweile von Deathcore ab und „reinerem“ Metal zu. Was haltet ihr von dem „Deathcore ist tot“-Gerede?

Philipp:
Das Gerede interessiert uns, ehrlich gesagt, recht wenig bis gar nicht. Wir haben musikalisch schon immer das gemacht, was wir wollten, uns das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Schubladendenken ist uns fremd und nur weil andere Bands ihren Stil verändern, bedeutet das für uns nicht, dass wir das ebenfalls tun müssen.

Was darf man in Zukunft von euch erwarten? Ich nehme einfach mal an, dass ein Leben auf Tour nicht infrage kommt ...

Fabian:
Wir sind in dieser Hinsicht ziemlich realistisch. Wir sind alle Schüler, Studenten oder in der Ausbildung und konzentrieren uns erst mal auf die wichtigen Dinge im Leben, wie man so schön sagt. Die Musik ist und bleibt unser Hobby. Ein paar Konzerte in und um Deutschland sind natürlich in Planung, live zu spielen ist uns besonders wichtig und macht uns großen Spaß. Und selbstverständlich gehen wir auch davon aus, dass „Anchors Apart“ einen Nachfolger bekommt. Ideen sind bereits vorhanden und wir befinden uns mittlerweile auch schon wieder in der Songwriting-Phase.