LA FLINGUE

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Bienvenue Pünk

Durch ein Interview im Ox neugierig geworden, war ich im Juni 2006 mal auf einem Konzert von LES HATEPINKS. Dienstagabend in der Düsseldorfer Altstadt, parallel zu einem WM-Testspiel Deutschland gegen Japan. Die Folge: ein halb leerer Keller – und dann Garage-Trash und Spastic-77er-Punk von vier smarten Jungs aus Marseille. Ein Fest, nicht zuletzt dank ihres charismatischen Frontmanns Olivier Gasoil! Trotzdem, die Shows bleiben auch die nächsten Jahre eher intim, und als die Leute gerade anfangen, sich für die Band zu interessieren, ist der Spaß schon wieder vorbei: Tour gecancelt. Band tot. Hate le Pink! 2011 kehrt Gasoil mit THE IRRITONES zurück, der Sound ein wenig glatter, aber die Show ebenso zwingend, mit ihrem Cover des ABWÄRTS-Klassikers „Computerstaat“ auch live ein Highlight. Aber im Mai 2012 muss wieder eine Tour abgesagt werden, eine schwere Krankheit bedeutet das Aus für die Band. Diesmal dauert es nur ein paar Monate, nun geht es mit neuem Line-up und neuem Namen weiter – LA FLINGUE, übersetzt etwa „Der Revolver“, sind auch gleich wieder auf Tour, vom 10. bis 20. April 2013 geht bis auf ein Date in Brüssel einmal quer durch Deutschland. Willkommen zurück, Monsieur Gasoil!

Mit LA FLINGUE ist es jetzt das dritte Mal, dass du mit einer „neuen“ Band bei uns im AK47 in Düsseldorf spielst. Ihr beginnt im Grunde immer wieder von vorne.


Es ist nie ein Neustart. Eine echte Punkband sollte niemals etwas Neues probieren, versuchst du es trotzdem, wird es auf keinen Fall funktionieren. Einfach gute, kurze und eingängige Songs schreiben, mit Texten, die leicht zu merken sind. Und darauf achten, dass man schwarze Instrumente hat. Ist besser. Es sieht besser aus.

Französische Punkbands hatte bei uns leider noch vor ein par Jahren kaum jemand auf dem Schirm.

Möglich. Ich bin mir nicht sicher. Ich war in Deutschland mit GASOLHEADS auf Tour, das war vor 13 Jahren, später mit HATEPINKS. Ich habe nie mitbekommen, dass man irgendwo eine Band aus Frankreich gebucht hätte. Aber vielleicht sind die einfach nur faul, manchmal ist es hart und da ist es für sie schon großartig, in ihren langweiligen kleinen Städten für ihre Freunde zu spielen.

Ich bin ja überzeugt, wäret ihr eine US-Band gewesen, hätte man von den BRIEFS immer nur als „the Seattle-HATEPINKS“ gesprochen.

Ich weiß nicht, es ist mir auch egal. Wir kommen aus Frankreich und das ist auch viel besser, als Amerikaner zu sein. Ich liebe Bands wie THE DAMNED, mit BRIEFS konnte ich nie besonders viel anfangen.

Und wie sieht es mit deutschen Punkbands in Frankreich aus? Da macht „Cool“ Olivier von Crapoulet Records offenbar einen guten Job.

Deutsche Punkbands trifft man hier nicht so sehr oft, jedenfalls in Marseille. Es kann natürlich sein, dass in der Hardcore-Szene mehr abgeht, auch dank der Spastic Fantastic/Crapoulet-Connection ... Olivier Crapoulet ist ein ausgesprochen aktiver Typ. Wie’s aussieht, gehen wir bald in Südamerika auf Tour, dank seiner vielen Kontakte dorthin.

Worin unterscheidet sich der Sound von LA FLINGUE von dem der HATEPINKS oder IRRITONES?

Weniger Gitarre, mehr Bass, weniger Soli, dafür mehr Geschrei, mehr kaputte Mikros, mehr Hardcore-Shirts, Anti-Glam und schwarze Spitzenhemden. Coole Gewalt. Gaffer-Tape. Gaffer um den Kopf ist immer gut. Das entspannt. Und klingt schön.

Einer eurer neuen Songs heißt „Homo pogo“. Und wie sieht das aus?

Das ist einfach eine Hymne auf die Kids, die zu einem Konzert kommen und tanzen. Keine Anspielung auf Homosexualität, es ist eher gemeint im Sinne von Homo sapiens oder Homo erectus. Verstehst du?

Welche Drogen verkauft ihr?

Wir verkaufen keine Drogen. HATEPINKS sind langweilig geworden durch die Drogen. In „We sell drugs“ geht es um die die Entmenschlichung der Leute, die in den grauen Hochhäusern der Vorstädte leben. Von denen die Schweine und Politiker wollen, dass man in ihnen nichts anderes sieht als Drogendealer. Was sie nicht sind.

Ihr scheißt auf Kommerz, oder?

Ja, exakt so ist es. Auf kommerzielle Überlegungen scheißen wir. Ist das Ox nicht ein kommerzielles Fanzine? Mit Anzeigen? Holy shit.

Apropos, wie wär’s zum Schluss mit ein klein bisschen Reklame für die neuen Platten?

Von uns gibt es zwei 12“s, das Debüt erscheint auf Crapoulet Records und nennt sich „Rubber-Glue Zéro-Un“, die zweite kommt dann bei P.Trash raus – wir veröffentlichen sowieso ausschließlich Maxi-LPs – und zwar mit Gaffer auf eine „ Sergeant Pepper“-LP geklebt. Wir hassen die BEATLES! Die haben populäre Musik sechzig Jahre lang in ein Format gepresst. Der beste Song auf „Kleb-Stoff Zéro-Deux“ ist vielleicht auf Deutsch, er heißt „Hass Hass Hass“: „Deine toten Augen machen mich so negativ ...“

Merci, et à bientot!