KYLESA

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Zwischen den Stühlen

KYLESA sind seit vielen Jahren schon eine heimliche Lieblingsband vieler Ox-Schreiber. Sympathisch an der 2001 in Savannah, GA gegründeten Band ist ihre unkonventielle Mischung von so unterschiedlichen Musikstilen wie Psychedelic, Wave/Goth, Punk, Sludge, Doom und wenig Metal, ihre Konzerte sind immer wieder beeindruckende Erlebnisse, und mit Sängerin und Gitarristin Laura haben sie eine sehr charismatische Frontfrau, hinter der Bandmitgründer Phil, der einst bei der (wieder)entdeckenswerten Hardcore-Band DAMAD spielte, etwas im Schatten steht. Ende Mai erschien auf dem französischen Label Season Of Mist mit „Ultraviolet“ das nach „Kylesa“ (2002), „To Walk A Middle Course“ (2005), „Time Will Fuse Its Worth“ (2006), „Static Tensions“ (2009) und „Spiral Shadow“ (2010) sechste KYLESA-Studioalbum. Aktuell sind KYLESA Phillip Cope (voc, git), Laura Pleasants (voc, git), Carl McGinley (dr), Eric Hernandez (dr) und Chase Rudeseal (bs). Ich sprach mit Phil, übrigens Jahrgang 1973.

Phil, man sagte mir, ich könne „nur“ mit dir das Interview machen, weil Laura gerade umzieht. Wollen wirklich immer alle nur mit deiner Co-Bandgründerin sprechen?

Laura gibt schon viele der Interviews, aber wie du schon sagtest, ist sie derzeit beschäftigt und schwer erreichbar. Und ich habe ja durchaus auch was zu erzählen, ich schreibe viele der Songs. Dass Journalisten fast immer mit Laura sprechen wollen, ist keine neue Erfahrung, das ist irgendwie ganz normal für uns, das war von Anfang an so. Ich kann ja durchaus nachvollziehen, warum der Fokus auf ihr liegt, und es stört mich nicht, macht mich nicht sauer oder so. Es wäre ja schon beinahe seltsam, wenn es nicht so wäre.

Warum?

Wie soll ich das jetzt geschmackvoll ausdrücken, ohne dass es blöd klingt ...? Laura ist eine sehr talentierte, hart arbeitende Metal-Musikerin, und es gab über die Jahre auch immer mal andere Frauen wie sie, aber sie sind immer noch eine Minderheit. Deshalb kann ich nachvollziehen, warum es für Journalisten manchmal eine größere Story ist, mit ihr zu reden als mit mir. Ich finde das völlig okay, ich habe kein so großes Ego, dass ich der ganzen Welt mitteilen muss: „Hallo, ich spiele in der Band aber auch eine wichtige Rolle!“

Ich habe gerade eine Bandbiografie gelesen, und in der kam deutlich zum Ausdruck, wie sehr es manch anderes Bandmitglied störte, dass bei dieser die Aufmerksamkeit sich so stark auf den Sänger konzentrierte, obwohl der nicht mal die Texte schrieb. Die öffentliche Wahrnehmung kann also schon ein großes Thema sein für die „Bandchemie“.

In meinem Fall geht es echt nicht um die Aufmerksamkeit. Ich liebe es, Musik zu machen, ich genieße jeden Aspekt davon, das macht mich glücklich. Ich brauche es nicht, dafür ständig Anerkennung zu bekommen, mir reicht es, wenn ich auf die Bühne gehen kann und überhaupt irgendwer reagiert. Die Sache ist die: Laura und ich sind ein Team. Wir schreiben beide Texte und Songs, wir arbeiten hart, und so habe ich bei jedem KYLESA-Song mitgearbeitet. Was immer irgendwer denkt, wer hinter einem Song steckt, ist mir egal – wichtig ist mir nur, dass ein Song jemandem gefällt. Aus diesem positiven Zuspruch ziehe ich meine Befriedigung. Ich will einfach nur, dass die Menschen unsere Musik genießen.

Nun hast du eben dich und Laura als kreativen Kern der Band bezeichnet. Wie seid ihr als Band aufgestellt, wie ist die Rolle der anderen?

Laura und ich sind der kreative Kern, aber auch Carl hilft uns sehr, die Songs zu strukturieren. Er ist der von unseren beiden Drummern, der beim Songwriting dabei ist. Eric hat aber auch seinen Beitrag zum Songwriting geleistet, also trägt jeder seinen Teil bei, so war das schon immer. Alles, was die Band erreicht, ist Teamarbeit. Für das Songwriting gibt es keine „typische“ Arbeitsweise. Laura und ich haben Ideen, spielen damit herum, führen sie dem anderen vor, und dann machen wir gemeinsam weiter. Bei anderer Gelegenheit jammen wir alle zusammen und es ergibt sich etwas.

Bist du also eher ein Teamplayer?

Das war auch schon bei DAMAD so, da teilte ich mir die kreative Arbeit mit Victoria Scalisi, die alle Texte schrieb. Ich schrieb die Musik, hier und da mit der Hilfe des einen oder anderen Bandmitglieds.

Siehst du eine musikalische Verbindung zwischen DAMAD und KYLESA? Neben dir und Laura bestand 2001 die Urbesetzung von KYLESA auch aus Brian Duke und Christian Depken, also drei Leuten des letzten DAMAD-Line-ups.

Das erste KYLESA-Album klingt schon noch stark nach DAMAD. Wie du schon sagtest, bestand die Band aus drei DAMAD-Mitgliedern, und wir machten beim Songwriting auch so weiter wie vorher. Ohne unsere Sängerin Victoria war es aber eben doch eine andere Band, und Laura brachte natürlich ihren Stil ein, der KYLESA maßgeblich zu dem machte, was die Band jetzt ist. Für mich als Songwriter war das aber kein wirklicher Einschnitt, es war einfach ein weiterer Schritt, eine weiterlaufende Entwicklung.

DAMAD waren in Verbindung mit dem Label Prank Records aus San Francisco, auf dem auch noch das Debüt von KYLESA erschien, Teil der D.I.Y.-Hardcore-Szene. KYLESA werden hingegen in den letzten Jahren eher als Metal-Band wahrgenommen, was ich nie so ganz verstanden habe.

Ich habe das Gefühl, dass sowohl DAMAD als auch KYLESA noch nie in eine Schublade oder Szene gepasst haben. Zu DAMAD-Zeiten war die ganze Sludge-Metal-Sache noch ziemlich neu, als DAMAD sich Anfang der Neunziger gründeten, wurde Sludge ja noch nicht mal als eigenes Genre wahrgenommen. Wir waren keine reine Sludge-Band, hatten auch Einflüsse aus Crust und Psychedelic, es gab eigentlich kaum eine andere D.I.Y.-Punkband, die so was machte wie wir. Wir mussten uns die seltsamsten Sprüche anhören damals, etwa: „Wenn ihr dazugehören wollt, müsst ihr mehr politische Texte schreiben!“ Viele wollten uns in die eine oder andere Szene hineinpressen, aber so richtig willkommen oder zu Hause waren wir in keiner. Glücklicherweise hatten wir Ken Sanderson von Prank Records an unserer Seite, der glaubte an uns und veröffentlichte unsere Platten. Für DAMAD als auch KYLESA ging es letztlich darum, Menschen zu finden, die an uns glauben. Welche Szene jetzt dahintersteckt, hat uns nie wirklich interessiert.

Wo kam nun aber schon zu DAMAD-Zeiten dieses „Sludge“-Element her?

Victoria und ich waren vor DAMAD zusammen in einer Band namens ROSE GALLERY. Wir machten da ziemlich straighten Punkrock und trafen zu der Zeit Brian, der später bei DAMAD einstieg. Brian, ich und Christie Wagner buchten damals zusammen Shows in Savannah, aus den verschiedensten Stilrichtungen, vor allem aber EYEHATEGOD und BUZZOV•EN, die damals immer beliebter wurden. Mit denen zusammen Konzerte zu spielen und sie immer wieder live zu sehen, übte sicher einen Einfluss auf uns aus. Gleichzeitig buchten wir auch Bands wie SPITBOY, CITIZEN FISH oder NEUROSIS, also die verschiedensten Arten von Underground-Musik. Als wir dann DAMAD gründeten, hatten wir die Vorliebe für Heavy-Musik gemeinsam, von Crust über Sludge bis hin zu Death Metal. Wir waren damals echt große Death-Metal-Fans, was als Einfluss auf unseren Sound kaum mal jemand aufgefallen ist. Sogar etwas Black Metal steckte bei DAMAD mit drin. Und an diesem Einfluss unterschiedlichster harter Underground-Musik hat sich bis heute nichts geändert.

Ich habe die Beobachtung gemacht, dass man in jungen Jahren oft sehr bemüht ist, beispielsweise nur „echten“, „richtigen“ Punk oder Hardcore zu hören und seine Vorliebe für beispielsweise 70s-Hardrock eher geheim zu halten. In späteren Jahren hingegen, wenn sie selbstbewusster geworden sind, lassen viele Musikfans – und auch Musiker – dieser Vorliebe dann freien Lauf. Kannst du diese Beobachtung bestätigen?

Oh ja, absolut! Ich weiß noch genau, wie das bei mir damals war, da wurde unter jungen Leuten eine Menge Druck ausgeübt, um in bestimmte Szenen reinzupassen. Man nimmt solche „Regeln“ dann auch ernst, denn man will mit seiner Band ja Konzerte spielen. Wir hatten damals mit DAMAD aber nie das Bedürfnis, in eine bestimmte Szene zu passen – und wir waren auch nie wirklich bekannt. Wenn wir wirklich nur Crust oder Sludge gespielt hätten, wäre das vielleicht anders gewesen. Wir hatten damals aber auch das Glück, in einer Stadt zu wohnen, die nicht besonders groß war, aber in der verschiedene Underground-Szenen existierten. Infolgedessen feierte man zusammen, egal, wie die musikalischen Vorlieben aussahen. Wir mussten miteinander auskommen, ob Metaller oder Polit-Crust-Punks, es war ganz normal. Und wenn dann in Savannah mal ein Konzert stattfand, kamen auch die verschiedensten Leute, einfach weil mal wieder was Cooles passierte. Diese Erfahrung hat sowohl DAMAD als auch KYLESA geprägt, einfach weil wir nie gezwungen waren, uns für die eine oder andere Seite zu entscheiden.

Bei der Erwähnung eurer Heimatstadt Savannah in Georgia hat man speziell hier im fernen Europa auch schnell Klischeebilder der US-Südstaaten im Kopf. Spielt diese Herkunft eine Rolle?

Natürlich, man wird von seiner Umgebung geprägt. Ich hatte aber auch das Glück, seit meinem 19. Lebensjahr regelmäßig auf Tour zu sein. Ich habe schon früh viel vom gesamten Land gesehen. Ich und die anderen aus der Band hatten die Chance, Einflüsse von außerhalb unserer „Blase“ aufzunehmen. Ich lebe mittlerweile zwar ein paar Stunden entfernt in Columbia, South Carolina, habe aber bis heute viele Verbindungen nach Savannah – irgendwie bin ich nie so ganz von dort weggegangen, wir proben auch da.

Du bist jetzt vierzig, hast mehr als die Hälfte deines Lebens als Musiker gelebt. Ist man da nicht „durch“ mit normalen Lebensentwürfen?

Ich habe über die Jahre immer wieder die verschiedensten Jobs neben der Musik gehabt, ich war also nie ganz raus aus der „normalen“ Gesellschaft. Aber ich glaube, ich werde immer ich sein, egal, was ich mache, verstehst du? Solange ich es körperlich durchhalte, will ich aber Musik machen – ganz losgelöst davon, ob ich touren kann oder ob sich meine Platten verkaufen. Selbst wenn ich nur noch für mich selbst spielen sollte, ich werde niemals aufhören, Musiker zu sein. Ich weiß also nicht, ob mich mein bisheriges Leben für eine andere Lebensweise „verdorben“ hat, aber ich weiß genau, was ich mit meinem Leben tun will: Musik machen.

Wie viele Tage wart ihr 2012 auf Tour?

Da habe ich das nicht nachgehalten, aber ich habe mal ausgerechnet, dass wir jedes Jahr mindestens hundert Konzerte spielen. Das hat nicht mal unbedingt was mit einer wirtschaftlichen Notwendigkeit zu tun, denn mit der Band können wir nicht immer für unseren Lebensunterhalt sorgen – wir kamen schon von Touren zurück, mit denen wir kein Geld verdient haben. Es hat vielmehr etwas mit der Einstellung von Laura und mir zu tun: wir sind einfach der Meinung, dass man in einer Band ist, um Konzerte zu spielen – Punkt! Das macht man einfach so, du gründest eine Band und dann spielst du so viele Konzerte wie möglich. Und es macht uns Spaß, wir genießen es, live zu spielen.

Meine Frage hatte den Hintergrund, dass viele in Europa KYLESA mittlerweile für eine ziemlich große Band halten – und da überrascht deine Antwort zur wirtschaftlichen Situation etwas.

Es ist für keine Band da draußen wirklich leicht. Jede Band hat heutzutage Schwierigkeiten, überhaupt etwas Geld zu sehen. Aber ich beklage mich nicht, wir sind zufrieden, wie es ist. Ich bin in der Situation, auf zwanzig Jahre im Musik-Underground zurückblicken zu können, und es war noch nie leicht. Entsprechend zerbreche ich mir auch nicht den Kopf über die heutige Musikpiraterie und wie diese für uns Musiker alles noch schwieriger macht, es war für Typen wie mich noch nie leicht, von daher macht es keinen großen Unterschied. Man kann nur sein Bestes geben und mit der Situation leben, in der man sich befindet, und sich über das Bisschen freuen, das man erreicht hat. Mit dieser Einstellung sind wir immer gut gefahren, und wir haben ja auch einen gewissen Erfolg. Wir sind ja nicht arm, wir können uns das Leben leisten, das wir leben wollen. Das ermöglicht es eben auch, hundert Konzerte im Jahr zu spielen, viele andere Bands schaffen das gar nicht.

Als „Nebenjob“ produzierst du seit einer ganzen Weile schon andere Bands. Was hast du in letzter Zeit so aufgenommen?

In den letzten Monaten war ich natürlich mit unserem Album beschäftigt, aber davor hatte ich ziemlich zu tun. Ich habe an der neuen EP von BLACK TUSK gearbeitet, am jüngst erschienen BIRD BOOKS-Album, das Album von JAGGED VISION aus Norwegen sollte bald erscheinen, LAZER/WULF sind eine großartige neue Band aus Georgia, und ich könnte jetzt noch endlos weitermachen, haha. Für dieses Jahr habe ich mir etwas weniger vorgenommen, denn wir werden mit KYLESA ziemlich viel unterwegs sein – ich hoffe allerdings, dass ich Zeit finde für das neue IROHA-Album.

Was erhoffen sich die Bands, wenn sie mit dir aufnehmen, was ist deine geheime Zutat?

Ich kümmere mich wirklich um sie! Das Produzieren ist für mich nicht einfach nur ein Job, und die meisten Bands kommen deshalb auch ein zweites oder drittes Mal zu mir. Ich hänge mich 100% rein, mir ist jede Band, mit der ich arbeite, wirklich wichtig. Ich begleite den gesamten Entstehungsprozess eines Albums und empfinde es immer wieder als großartiges Erlebnis, zusammen mit einer Band all die mit dem Aufnahmeprozess verbundenen Erfahrungen zu machen. Ich glaube, die Bands, mit denen ich arbeite, schätzen es, dass ich nicht so ein Produzent bin, der einer Band einfach seinen Sound überstülpt. Ich sehe jede Band als Individuum an, und so helfe ich dabei, ihren ureigenen Sound zu entwickeln.

Arbeitest du im eigenen Studio?

Ich habe kein eigenes Studio, aber ich arbeite ausschließlich im The Jam Room in Columbia, South Carolina. Das Studio nutzen verschiedene Produzenten, und ich komme mit allen dort gut klar, es ist eine angenehme Atmosphäre. Vor allem muss ich mir keinen Kopf darüber machen, ob ein Album, das ich dort aufnehme, wirklich gut wird – ich weiß es einfach, ich kann mich darauf verlassen.

Euer neues Album „Ultraviolent“ habt ihr konsequenterweise auch dort aufgenommen, und du hast es selbst produziert.

Die Aufnahme hat Spaß gemacht, wir hatten viel Zeit und es war insgesamt ein recht langer Prozess. Ich bekam viel Hilfe von den anderen Leuten, die im Jam Room arbeiten, und so hatten wir recht lange Arbeitstage, jeder gab 100%, weil jeder als Ergebnis eine richtig gute Platte sehen wollte. Es war eine echt gute Erfahrung.

Das Artwork eures neuen Albums, das Sean Beaudry gezeichnet hat, greift das von Labortüren und der New Yorker Band BIOHAZARD bekannte „Biological Hazard“-Logo auf.

Haha, das höre ich jetzt zum ersten Mal ... Ehrlich, mir war das gar nicht bewusst, ich sah darin nur drei Mond-Symbole, die sich in der Mitte berühren. Als „Rip-off“ der Band BIOHAZARD ist das also keinesfalls zu verstehen. Wir hatten Sean weitgehend freie Hand gelassen bei der Artwork-Gestaltung. Er lebt in Savannah, ich kenne ihn eigentlich kaum, er ist ein Bekannter von Laura, so kamen wir in Kontakt. Er ist sehr talentiert, er hat auch schon am Artwork der Neuauflage von „Time Will Fuse Its Worth“ gearbeitet sowie am Cover von „From The Vaults, Vol. 1“. Wir mögen alles, was er bislang gemacht hat, da fiel uns die Entscheidung leicht. Und seine Sachen passen einfach zu uns.

Auf „Ultraviolet“ gefallen mir drei Songs ganz besonders, „Unspoken“, „Long gone“ und „Vulture’s landing“, denn bei denen ist unterschwellig so ein leichter Achtziger-Wave/Goth-Einfluss zu hören.

Wir hatten diesen Einfluss schon immer, aber wir haben die Angewohnheit, bei jedem Album gewisse Einflüsse zu verarbeiten, sie aber nicht so sehr in den Vordergrund zu stellen, so dass man sie leicht überhört. Aber beim nächsten Album stellen wir so was dann stärker heraus, so dass es auffällt – und so ist es auch diesmal. Auf „Spiral Shadow“ gab es zum Beispiel „Dust“, der wies auch schon in diese Richtung, und diesmal haben wir dem einfach mehr Platz eingeräumt. Laura und ich sind schon von früher Jugend an Fans dieses Sounds, aber es braucht einfach viel Arbeit und Zeit, wenn man solche Einflüsse wirklich gut in seine Musik einfließen lassen will. Bands, die mir aus dieser Richtung gut gefallen – es gibt da ja zig Bands – sind die frühen THE CURE, JOY DIVISION, frühe SIOUXSIE & THE BANSHEES, so was eben.

Musikalische Eindimensionalität konnte man euch wirklich noch nie vorwerfen.

Weißt du, Laura und ich sind eben in erster Linie große Musikfans. Wir haben abartig große Plattensammlungen, und so spiegelt KYLESA in erster Linie unser eigenes Erfahren von Musik wider. KYLESA ist Ausdruck der Musik, die wir im Laufe unseres Lebens in uns aufgenommen haben und die wir wiedergeben. Aus Respekt vor anderen Bands „klauen“ wir niemals absichtlich direkt, wir versuchen vielmehr, durch Zitate zu zeigen, was und wer uns beeinflusst hat. Unsere eigene Identität als Band ist uns wichtig, aber es ist meiner Meinung nach okay, seine Einflüsse auch offen zu zeigen.

Du erwähntest eben, dass du Plattensammler bist. Ich nehme an, du bevorzugst Vinyl.

Ja, wobei ich kein „Snob“ bin, ich höre Musik also durchaus auch in Form vom mp3s. Als Sammler bevorzuge ich Vinyl, das gibt mir das Gefühl, die Musik auch wirklich zu besitzen. Ich finde auch den Aspekt wichtig, Bands und Musiker zu unterstützen, also in der Form, dass man ihre Kunst bezahlt. Wenn man Künstler ist, egal, in welchem Bereich, verdient man Bezahlung – als Fotograf, als Musiker, als Maler, als Produzent. Jeder erwartet eine Bezahlung, und als Band ist man da mittendrin, denn du brauchst die alle, sollst und musst die bezahlen und bist deshalb darauf angewiesen, dass wiederum jemand für deine Musik bezahlt. Wenn Musiker also kein Geld mehr bekommen, hat das Auswirkungen auf die gesamte Kunstszene. Wir können nicht von jedem Menschen erwarten, diesen Zusammenhang zu verstehen, aber ich finde, zumindest Künstler sollten das verstehen und deshalb bereit sein, für Musik zu bezahlen. Wenn ich Geld übrig habe, kaufe ich mir Platten. LPs sind also mein liebstes Format.

Und wie arbeitet ihr mit eurem Label zusammen, macht ihr da genaue Vorgaben, etwa wie genau das Vinyl aussehen soll?

Wir waren früher echte Kontrollfreaks, aber wir haben uns da gebessert, haha. Die Label-Macher investieren eine Menge Geld, also überlassen wir die Entscheidung heute ihnen, denn sie müssen dafür bezahlen und es verkaufen. Die sollen ruhig ihren Job machen.

Ihr seid auf Season of Mist, einem französischen Label. Eine ungewöhnliche Entscheidung für eine US-Band.

Ich glaube, heute spielt es keine große Rolle mehr, auf welchem Label eine Band veröffentlicht. Früher hat man seine Musik viel stärker nach Label gekauft, heute ist das kaum noch der Fall. Oft wissen Fans gar nicht mehr, auf welchem Label eine Band ist. Season Of Mist wollten mit uns arbeiten, sie machen einen guten Job, und ein europäisches Label macht für uns Sinn, weil wir in Europa viel bekannter sind als in den USA. Da versteht man uns irgendwie besser. Wir waren in unserem Genre schon immer eine der dunkelsten Bands, und das kommt in den USA nicht so gut an – im Gegensatz zu Europa. Apropos: Im Herbst oder Winter 2013 werden wir wieder bei euch auf Tour gehen.

Phil, besten Dank für das Interview.