CHEECH

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Das lächelnde Partymonster

CHEECH sind für mich die Entdeckung des Sommers, ja vielleicht des Jahres. Das aktuelle Album der Bostoner Band hat ein derart hässliches Artwork, dass ich im Plattenladen sicherlich kopfschüttelnd daran vorbei gegangen wäre und mir den Rock’n’Roll-angehauchten Polit-Party-Thrash-Metal der Jungs hätte entgehen lassen, was ein Riesenfehler gewesen wäre. Nichts lag also näher, Gitarrist Joshua Bottomley mal zu Artwork und Band zu befragen. So viel vorweg: Die Jungs sind nicht nur musikalisch gut drauf!

Josh, woher kommt der Name CHEECH?

Chris, unser ursprünglicher Gitarrist, hatte in der Highschool den Spitznamen „Cheech“, natürlich in Anlehnung an die beiden dauerbekifften Comedians Cheech und Chong. Als Dave, Brad und Tim mit der Band anfingen, schlug ihnen Sean von WORDS OF TRUTH vor, sie sollten das Projekt doch CHEECH nennen. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.

Wie alt seid ihr Jungs und was macht ihr, um euch über Wasser zu halten?

Wir sind alle so Anfang bis Mitte dreißig. Ich war jahrelang Barkeeper und arbeite jetzt als Grafikdesigner. Unser Bassist Harry, Sänger Brad und Gitarrist Kevin arbeiten als Gas- und Wasserinstallateure und unser Schlagzeuger Dave ist Tontechniker.

CHEECH gibt es schon seit 17 Jahren. Wie hat es angefangen und wie schafft ihr es, immer noch weiterzumachen?

Es fing an mit ein paar Highschool-Kids, die das Bedürfnis hatten, jede Menge Lärm zu machen. Und weil dieses Bedürfnis unverändert vorhanden ist, gibt es auch die Band immer noch. Als Jugendlicher hast du manchmal das Gefühl, kurz davor zu sein zu explodieren, du brauchst also ein Ventil und gründest dafür eine Band. Ich fürchte, bei CHEECH haben wir gelernt, diesen Zustand kurz vor der Explosion zu lieben, und so lassen wir wieder und wieder Druck ab.

Über all die Jahre gab es sicher zahlreiche Veränderungen in der Band und auch privat. Was war für euch das Schwierigste in den letzten Jahren?

Die eigene Gesundheit. Harry hatte eine Ellenbogenverletzung, weshalb er eine ganze Weile aussetzen musste. Dave hatte kürzlich erst eine Schulteroperation, deswegen haben wir viele Shows absagen müssen. Tatsächlich hat er die Songs für „Beast From The East“ mit einer teilweise gerissenen Rotatorenmanschette eingespielt, das ist eine Muskelgruppe rund um das Schultergelenk. Bei vielen Bands werden die Mitglieder ersetzt, wenn sie ausfallen, wir nehmen es so hin und arrangieren uns damit. Denn in erster Linie sind wir Freunde, und die Gesundheit eines Freundes steht über den Verpflichtungen als Band. Wir bekommen es dann aber trotzdem hin, weil wir es hinbekommen wollen.

Eure Musik klingt nach Party, hat aber auch politische und sozialkritische Aspekte, wie passt das zusammen? Ist das Lächeln im Angesicht der Resignation?

Ja, das könnte man so sagen. Es gibt immer zwei Seiten einer Medaille, Yin und Yang. Wenn du dich nur auf die eine Seite konzentrierst, erzählst du immer nur die halbe Geschichte. Selbst wenn es um Politik oder soziale Probleme geht, lässt sich das immer auch aus einer anderen Perspektive betrachten. Nimm beispielsweise unseren Song „Radical“: das kann sich auf einen Polit-Aktivisten beziehen, aber genauso in Surfer- und Skateboard-Szene gebraucht werden, im Sinne von „awesomeness“. In unserem Song kann „radical“ beides bedeuten, eben beide Seiten, das finden wir großartig.

Ist es manchmal besser, einfach nur zu lächeln, als immer weiter zu kämpfen und Druck zu machen?

Absolut. Anstatt die ganze Zeit seine inneren Dämonen anzuschreien, kann man ihnen einfach ein paar Bunny-Ohren aufsetzen, damit sind sie deutlich weniger angsteinflößend. Lach lieber mal und zieh weiter, anstatt dich an Sachen aufzureiben, auf die du oft sowieso keinen Einfluss hast. Älterwerden hat den Vorteil, dass du bei anderen Menschen beobachten kannst, wie sich ihre früheren Entscheidungen auswirken. Ich hätte Jahre damit verbringen können, mich über irgendeinen Schwachsinn aufzuregen und dagegen anzurennen, und wäre jetzt vermutlich ein ziemlich unglücklicher Typ. So wie so einige andere Leute, die ich kenne.

Ist es einfacher, eine Message mit einem Lächeln rüberzubringen?

Ich weiß nicht, ob es einfacher ist, aber manchmal verleiht es dem Gesagten einen höheren Erinnerungswert. Schau dir einen Film wie „Stirb langsam“ an. Alle lieben den Film, weil Bruce Willis so einen abgefuckten Typ spielt, der die Bösewichter mit einem Kugelhagel niederstreckt, aber dabei eigentlich nur dämliche Einzeiler aufsagt. Es ist genau diese Kombination, dieser Humor, was dir in Erinnerung bleibt. Bei CHEECH funktioniert es genauso. Wir vermischen gerne Sachen und unterhalten uns damit selbst. Wir sind der Überzeugung, wenn uns etwas zum Lachen bringt, dann zündet der Witz garantiert auch bei anderen. Natürlich gibt es immer eine Reihe Leute, die darüber nicht lachen können oder uns bescheuert finden, aber scheiß drauf, wenn die keinen Humor haben.

Worum geht es im Song „Smoke assassin“?

Unser Schlagzeuger Dave hatte sich ein Gerät gekauft, das ihm dabei helfen sollte, das Rauchen aufzugeben. Das Teil war aber totaler Müll und Dave telefonierte mit dem Händler und wollte sein Geld zurück. Das Gespräch wurde immer hitziger und es fielen einige unschöne Worte. Zu Ehren dieser Auseinandersetzung haben wir beschlossen, den Song, an dem wir gerade arbeiten, nach diesem Gerät benennen. Als wir später einen Text dafür brauchten, haben wir uns die Geschichte eines Ninja-Auftragskillers ausgedacht, der sich, nachdem er jemanden getötet hat, in Rauch auflöst. In seiner Freizeit gibt er die verdiente Kohle dann in Bars und für Tattoos aus. Eigentlich ist er also ein ganz gewöhnlicher Kerl, mit einem etwas ungewöhnlichen Beruf. Die Idee basiert im Wesentlichen auf Noob Saitan, einem Charakter aus dem Videospiel „Mortal Combat“. Daher nehmen wir mit CHEECH unsere Ideen auch hauptsächlich aus zahlreichen Kultfilmen und -Videospielen der 80er Jahre.

Wieso habt ihr euch bei dem Artwork für euer Album für diesen postapokalyptischen Terminator-Style entschieden?

Eigentlich sollte das Album ja „Radical“ heißen, aber als wir den Song „Beast from the east“ geschrieben haben, gefiel uns dieser Titel irgendwie besser, der gibt uns das Gefühl, wir wären wie ein alles zerstörendes Monster. Es gab Überlegungen, dass wir für das Albumcover gerne ein rundherumlaufendes Bild hätten, irgendwas, das aussieht, als wäre Godzilla oder Cthulu gerade durch die Stadt spaziert und hätte alles zerstört. Das letztendliche Motiv haben wir beim Googlen gefunden. Es stammt von dem Engländer Daniel Quigley, der uns freundlicherweise erlaubt hat, es zu verwenden. Ich finde es passt sehr gut zu der dystopischen Atmosphäre von Songs wie „Everyone dies“, „Old glory“, „Death oft the middle class“ oder dem Titeltrack. Die futuristische Schrift entdeckte Brad, als wir etwa 3.000 unterschiedliche Schriftarten durchsahen. Die sieht schon ziemlich „terminatoresque“ aus, ich finde, das erinnert auch an „Battlestar Galactica“, den Schriftzug von IRON MAIDEN, „RoboCop“ oder tausend anderen Science-Fiction-Sachen. Die Schrift ist nicht wirklich eine davon, aber fühlt sich so an wie alle davon, deswegen denkt auch jeder: „Hey, das hab ich schon mal gesehen.“ Aber alle haben dabei etwas anderes im Kopf, so wird daraus Diskussionsstoff – und das ist es ja, was Kunst schließlich bewirken soll.