Nazis im Netz

Als ob das so etwas Neues wäre... Tagtäglich wird in Deutschland auf Ausländer Hatz gemacht, sie werden gejagt, verprügelt oder gar totgeschlagen. Nach einer langen Zeit halbherziger "Finden-wir-nicht-gut"-Erklärungen geht im Juli dieses Jahres plötzlich ein Ruck durch die Parteien - Rechtsextremismus ist auf einmal durch die Bank Thema Nummer eins und wird wochenlang Tag für Tag auf die Titelseiten gehoben.

Auch die wie immer stattfindenden Attacken der Neonazis finden auf einmal dorthin ihren Weg. Natürlich will ich das alles nicht thematisch anfechten, jeder mit einem einigermaßen klaren Kopf wird wissen, dass dieser geistige Unrat absolut verabscheuungswürdig ist. Trotzdem bleibt ein schaler Beigeschmack, hat das Ganze doch den Anschein, dass mit der plötzlichen Thematisierung und Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Tendenzen nur das alljährliche Sommerloch gestopft werden soll. Das hört sich hämisch an, aber um das mal ganz klar zu sagen:

FASCHOGEWALT IST IN DIESEM LAND AN DER
TAGESORDNUNG!!!

Komisch, dass plötzlich jeder seinen Senf dazugibt, dass das doch alles sehr schlecht sei und was man nicht alles dagegen tun soll... Mitauslöser dieser noch anhaltenden Diskussion (die auch bitte schön anhalten soll) war, dass das Augenmerk der Medien und Politiker sich auf das Internet richtete, in dem sich braunes Gedanken"gut" jeder Schattierung finden lässt.

Ein Hackerfreund von mir hat mal gesagt "Das Internet ist Anarchie!", und was Informationsfreiheit angeht hat er damit auf jeden Fall Recht. Egal wozu und worüber, zu allen Themenbereichen gibt es irgendeinen Trottel, der seine gesamte Freizeit für irgendeinen Unsinn opfert. So auch für braune Seiten. Ich muss vorab erklären, dass es natürlich auch bei diesen Seiten Abstufungen gibt, was die Präsentation angeht - sowohl inhaltlich als auch von der Optik her. Neben Fanpages für Rechtsrockbands, die sich vornehmlich der Musik widmen, so wie jede andere Musikpage auch, bei der politische Einstellung eher allgemeine Grundlage und nicht Thema ist, gibt es rechten Informationsquellen, Nachrichtendienste, die die Szene mit allen nützlichen News versorgt, bis hin zu beinharten Seiten der Revisionisten und Holocaust-Leugner, die zum Teil aufs Hämischste mit dem Thema umgehen - ein weites Spektrum der Braunen.

Zugegeben, mit den Begriffen tue ich mich etwas schwer, weil Nationalist ist ja nicht gleich Revisionist ist ja erst recht nicht gleich Skinhead. Und "Fascho" ist naja - etwas zu platt halt. Ich versuche mich da im Folgenden so genau wie möglich auszudrücken. Wie dem auch sei - die Repräsentanz der Rechten im Netz bedarf auf jeden Fall der Beobachtung und eines Überblicks. Denn auch sie haben kapiert, dass im Internet im Prinzip jede Information gleichwertig nebeneinander steht und dass es ein 1A Propagandamedium ist, mit dem sich viele erreichen lassen. Es ist ja nicht so, dass die Kameraden je irgendeine Art von Scheu gegenüber Informationsmedien gezeigt hätten. Nur zur Erinnerung: Fernsehen in Deutschland gibt es nicht erst seit der ARD und schon in der NS-Zeit flimmerten in Schauräumen z.B. in Berlin (logo) bewegte Bilder über die Bildschirme... Vom Volksempfänger ganz zu schweigen. Aber auch in den letzten Jahrzehnten waren sie immer an vorderster Front (sic!), wenn es um den Einsatz moderner Kommunikationsmedien ging - schon der holprige BTX kam seinerzeit zu braunen Ehren. Und so spinnt sich heute ein braunes Netz durch die Datenkanäle, mit einigen Tastatureingaben auf jedem Computer der Welt (na fast) aufrufbar.

Dieses braune Netz ist im Prinzip genauso wie das restliche Internet - wenn man einmal den Einstieg gefunden hat, dann kann man unendlich lange sich von Seite zu Seite treiben lassen. Wichtig bei all den Seiten ist ja natürlich das gegenseitige verlinken, man sitzt ja im selben Boot. So mag es erst verwundern, wenn man von einer eher gemäßigten - oder besser - zurückhaltenden Seite auf eine Hardcore-Nazi-Seite gelangt. Aber das kann viele Gründe haben, zum Beispiel die Meinungsfreiheit. Hier muss ich erstmal voranstellen, dass ich persönlich gegen jede Art von Zensur bin. Altersfreigaben sollten reichen (und an die halten sich zum Teil auch die braunen Brüder!). Jede Information und Meinung sollte zugänglich sein; mit dem, was hierzulande "Meinungsfreiheit" genannt wird, wird doch z.B. erst der massive braune Untergrund (und nicht nur der) geschaffen. Ich will meinem Feind ins Gesicht sehen können. Aber das nur am Rande.

Die Gesetzgebung führt nun dazu, dass bestimmte Meinungen, die auch hierzulande existieren, eben hier nicht geäussert werden dürfen - das gilt auch für das Internet und daran müssen sich auch deutsche Web-Hosts, die Platz auf ihren Servern für Netzseiten bereitstellen, sowie deren Kunden halten. Da bietet das Internet natürlich den perfekten Ausweg, denn egal woher die Information stammt, sie ist global abrufbar - problemlos kann man sich mit Informationen aus anderen Ländern versorgen. Damit sage ich ja nix Neues. Nun ist es aber so, dass in anderen Ländern andere juristische Umstände herrschen, die man sich dabei zu Nutze machen kann.

Beispiel Nummer 1 (natürlich): Die US of A und ihre liberale Gesetzgebung, was die Meinungsfreiheit angeht (Stichwort: First Amendment). Denn hier können Daten jedweder Art gespeichert und angeboten werden. Holocaust-Leugner werden ihre Daten natürlich von dort aus anbieten. Und so machen es auch die Deutschen. Oft kam es vor, dass in letzter Zeit im Zuge der Medienaufmerksamkeit Nazi-Seiten geschlossen werden mussten, weil die Daten nicht aus Deutschland angeboten werden durften. Das störte dann nicht allzuviel, weil diese flugs zu Kameraden in den Staaten geschickt wurden, die diese auf ihren Servern packten und somit genauso verfügbar waren und sind wie zuvor. Momentan kommen ja sowieso viele Anbieter erst auf den Trichter, die bei ihnen angebotenen Inhalte auf Rechtmäßigkeit hin zu prüfen. Ins Visier gekommen war im August beispielsweise die Domain www.heil-hitler.de, die ein 28-jähriger Oberfeldwebel der Bundeswehr registriert hatte. Die zuständige Staatsanwaltschaft erkannte darin den Strafbestand der Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen (§86 StGB) und zeigte den Mann an. Darauf stellte die STRATO AG, der zuständige Web-Host, über den die Registrierung bei der Denic (der deutschen Registrierstelle für Domain-Namen) lief, 10 Leute ein, die den von Strato verwalteten Datenbestand nach fragwürdigen Inhalten durchsuchten. Und schon nach ein paar Tagen waren über 30 Webseiten gelöscht und deren Betreiber gekündigt worden.

Tja, komisch, dass denen das jetzt alles einfällt... Eigentlich könnte man sich ja denken, dass nicht alle die Benutzerrichtlinien befolgen, wenn man über 1 Million(!!!) Domains verwaltet. Die Chance aufzufallen ist aber denkbar gering, wenn man seine Angebote unauffällig unter großen Anbietern anbietet, z.B. unter den Homepages bei T-Online, von denen es nun auch undenkbar viele gibt. So war mir die Seite des "Victory Or Valhalla"-Fanzines aufgefallen, das schwer auf nordische Identität macht. Aus dem Fanzine selbst wird nun selbst nicht viel berichtet, dabei handelt es sich ja auch nur um einen "Rundbrief an Freunde", wie es immer so schön heißt, damit man dem Pressegesetz nicht unterliegt und so etwas klarer vom Leder ziehen kann. Da wird viel mit Schwertschwingern, Runen und nördlichem Gedankengut gearbeitet, vermischt mit nationalistischen Inhalten. Da steht das sogenannte "Heidnische Bekenntnis" neben einer Zitatsammlung, in der die Wehrmacht bejubelt wird. Interessant wird es auf den Versand- und Linkseiten. Dort kann man dann zum Beispiel die Adresse von Panzerfaust Records aus den USA erhalten, die mit Faschomusik bis zum Geschmacklosesten aufwartet. Als Beispiel sei nur EXTREME HATRED genannt, die ihre letzte Platte "Have A Nice Day" mit dem mehr oder weniger bekannten Bild eines in einer Todesgrube stehende Mannes, dem von einem deutschen Soldaten die Pistole an den Kopf gehalten wird, schmücken. Das Gesicht des Soldaten wird dabei von einem Smiley bedeckt. Kein Kommentar. Einen direkten Link gibt es auf den Nordland-Versand in Schweden, der online Platten und Merchandise zur Bestellung anbietet. Ob Bands wie SVASTIKA verfassungsrechtlich unbedenklich sind, wage ich zu bezweifeln. (Nur weiss ich nicht, ob man wegen dieses indirekten Verweises auf eine in Deutschland noch nicht indizierte CD belangt werden kann...) Allgemein gilt auch hier: Alles ist höchstens drei Klicks entfernt.

Natürlich findet man nicht hinter jedem offensichtlichen Nazidomainnamen eine passende Seite, oft wird diese vorsorglich von Antifas registriert, damit diese nicht in falsche Hände gerät. Momentan wird auch darüber nachgedacht, ob die Regierung nicht beginnt, zweifelhafte Domainnamen auf sich zu registrieren, damit sie ihrerseits damit auf aufklärerische Seiten umleiten kann. Aber um noch mal auf Seiten wie die des Nordland-Versands zurückzukommen: Es sei nur mal kurz darauf hingewiesen, dass man natürlich auch von Deutschland aus dort bestellen kann. Und das wird natürlich auch gemacht - eine Vielzahl von rechten Versänden buhlt im Internet um die Kohle der volkstreuen Hohlköpfe.

Auf eine Seite sei noch kurz hingewiesen, weil ein Link zu dieser sich auf fast jeder Rechts-Page finden läßt. Die Rede ist vom aufrechten Volksbarden Frank Rennicke, der auf seiner Homepage sich und seine Musik vorstellt. Geschickt inszeniert er sich da in Sepiatönen als eine Mischung aus nationalem Romantiker und aufrechtem Widerstandskämpfer (nicht schwer als ehemaliger Wiking Jugend-Aktivist), der auch mit Scherzen nicht geizt. Für alle etwas. Zusammen mit seiner Gitarre tingelt er von Liederabend zu Liederabend und gibt seine Weisen und zugegebenermaßen geschickt erzählten Dönekes zum Besten (was ihn natürlich nichts besser macht). Natürlich vergisst er nicht, auf seinen Output hinzuweisen, der zum guten Teil indiziert ist. Interessanterweise bietet er Hörproben seiner Alben über mp3.com an und nicht über einen deutschen Anbieter, auch wenn sich die dort angebotenen Lieder rechtskonform anhören. Das mag allerdings auch andere Gründe haben.

Und auch hier deutet sich schon an, wie einfach es zum Teil ist, an braune Musik zu kommen; Rennicke bietet Songs zum Download bei mp3.com an, aber man muß es nun nicht mal so öffentlich machen, denn auch wer Napster - die Tauschbörse für mp3-Songs - sein Eigen nennt, kann durch wenig Suchen auf fiesesten musikalischen Abschaum stoßen. Wer "Türkenfotze" von den ONKELZ haben will wird dort schnell fündig, aber auch andere, hierzulande indizierte Titel, sind dort problemlos zu finden. Und wer lieber gleich ganze zusammenhängende Alben haben will, der kann sich an verschiedene mp3-Seiten wenden, die sich auf Nazi-Musik spezialisert haben. Mir persönlich ist da eine Seite besonders ins Auge gefallen, weil der auf ihr erhältliche Inhalt ungefähr der Indizierungsliste der BPjS entspricht und darüber hinaus noch einiges an Musik mehr zu bieten hat. Diese selbsternannte "white power-mp3-Site" wird von Deutschland aus verwaltet, die einzelnen Alben nun liegen wieder auf Servern in den USA.

Mit "white pride worldwide" wirbt auch die Seite der "stormfront", die sich als Portal für alle White Power-Aktivisten geriert. Hier findet der weiße Rassist ein Sammelsurium rassistischer Inhalte, von theoretischen Texten über Bilder, Karikaturen und Musik bis hin zu so obskuren Ausläufern wie eine Kinderseite, um die Kiddies schon von klein auf zu infiltrieren, und eine Dating Page, ganz für weisse Rassisten. Dazu dann auch noch die übliche Linkliste, die auf so ziemlich alles, was Rang und Namen hat in der nordamerikanischen rechten Szene hat, verweist und ein Diskussionsforum, in dem man sich via Nachrichten, die man dort an ablegt, "unterhält". Sprich, einer "postet" ein Thema, andere können darauf antworten und ihre Antwort erscheint darunter. Interessant dabei sicher die deutsche Abteilung, denn dort finden sich interessante Aufrufe zu terroristischen Vereinigungen, Hinweise darauf, dass diese schon existieren (sogar Cyberterrorismus wird angedeutet) und auch Erklärungen, wie man von einer auf freenet.de abgelegten Seite durch einen Klick auf das rechte Auge des SS-Totenkopfes, mit dem richtigen Passwort auf eine geheime Seite gelangt, auf der dann zum Beispiel wieder indiziert Songs von LANDSER oder den BULLY BOYS zum Download bereitstehen.

Die bereits erwähnten Links verweisen sowohl auf Seiten von bekannten Institutionen wie dem Ku-Klux-Klan oder den Homepages berüchtigter Holocaust-Leugner wie Ernst Zündel oder David Irving, der sich ja noch zu Beginn des Jahres in einem Gerichtsprozeß in England, der von ihm angestrengt war, in aller Öffentlichkeit als bewusst fälschender Pseudo-Historiker bloßstellen lassen musste. Dazu kommen noch Links auf Seiten, die sich mit weisser Anthropologie oder Christenlehre oder mit keltisch-sächsischer Geschichte befassen.

Auf der Seite Zündels befasst man sich natürlich in aller Breite mit der Leugnung des Holocaust. Nach wie vor stützt sich der seit Jahrzehnten aktive Aktivist auf den stümperhaft zusammengeschusterten Leuchter-Report, dessen Verfasser absolut keine Ahnung von der Materie hat, sich aber dennoch vor nun schon über zehn Jahren zu einem pseudowissenschaftlichen Urteil hinreissen ließ, das heute immer noch als eines der Hauptargumente gegen die Authentizität der Fließbandvernichtung von Menschen in Auschwitz herhalten muss. In diesem Zusammenhang will ich auch mal eine ebenfalls pseudowissenschaftliche Seite hinweisen, die ebensolche Gegenargumente anhand von Luftaufnahmen bringen will. Und nur um es nicht zu vergessen: Das ThuleNet ist natürlich auch im Internet präsent und richtet sich vornehmlich an deutsche Neo-Nazis. Auch hier sind Verweise auf strafbare Inhalt zu finden, wenn auch explizit als solche ausgewiesen.

Fest steht: Wer sich einen theoretischen und "wissenschaftlichen" Unterbau für sein rechtes Weltbild beschaffen will, trifft im Internet auf unzählige Quellen, die dazu "beweisend", zeigend und/oder unterstützend beisteuern.

Darüber hinaus bedarf es natürlich aktueller Informationen und die werden Deutschland zum Beispiel vom www.nit.de bereitgestellt. Täglich findet sich hier eine Sammlung von Meldungen, die dem volkstreuen Kamerrrrrrraden auf den neuesten Stand der rechts-relevanten Geschehnisse des Tages bringen. Auch hier darf eine extensive Linkliste nicht fehlen (zum Beispiel zum Nordland-Versand u.ä.).

Es ließe sich seitenlang über das Thema schreiben, so immens ist die braune Präsenz im Netz. Wie gesagt wissen Neo-Nazis, Nationalisten, Revisionisten und ähnliches Gesocks die technischen Gegebenheiten bestens zu nutzen. Gut nur: Was sie sehen, können wir auch sehen. Natürlich nicht ALLES, aber die Strukturen sind im Netz um einiges transparenter und es fällt leichter, ein Auge auf die Kameraden zu behalten. Also: WACH OUT!