GRANDE ROSES

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Pathosrock aus Nordschweden

Schweden überrascht immer wieder mit Bands, die einem vorkommen, als habe man sie sich aus seinen Lieblingsformationen zusammengemischt. Nach dem Ende von THE SOUNDTRACK OF OUR LIVES tröste ich mich derzeit deshalb gerne mit GRANDE ROSES, die nach der „Hide“-EP 2011 Anfang 2013 auf Nois-O-Lution Records mit „Disease“ ihr erstes Album veröffentlichten. Göran Messelt Anderson beantwortete meine Fragen.

Auf eurer Homepage habt ihr mal geschrieben: „Nehmt GUN CLUB, UNION CARBIDE, NATIONAL, frühe Sachen von Bruce Springsteen, MADRUGADA und die SISTERS OF MERCY als Vergleich – wir sind besser sind als alle zusammen.“ Schon als ich 2011 etwas über eure „Hide“-EP geschrieben habe, ist mir aufgefallen, dass ihr absolut nicht unter mangelndem Selbstbewusstsein leidet.

Haha, ja, mir wurde mal gesagt, dass es wichtig sei, eine lupenreine Bandbiografie zu haben. Also habe ich jeden, den ich kenne und der etwas Ahnung vom Schreiben hat, gefragt, ob er uns nicht beim Erstellen eines solch wichtigen Dokumentes helfen kann. Na ja, nur hatte niemand Zeit oder Lust dazu. Folglich habe ich mich selbst an den Rechner gesetzt und im Internet nach „Dos & Don’ts“ beim Biografieschreiben gesucht. Geschrieben habe ich dann genau das, was man auf keinen Fall in einer Bio schreiben sollte, wie: „Behaupte nie, ihr wäret die Größten, solange euch noch niemand gehört hat!“ Aber um ehrlich zu sein, haben wir schon einen gewissen, bescheidenen Überblick darüber, wo wir gerade im Business stehen. Zum Beispiel haben wir alle noch Jobs neben der Band – oder die Band neben den Jobs.

Einige der Bands, die gerade genannt wurden, gehören zu meinen Allzeit-Favoriten. Jetzt muss ich deine Glaubwürdigkeit mit ein paar Fragen testen. Verrate uns, welches der jeweiligen Band dein Lieblingslied ist und warum sie in dieser Liste auftaucht. Fangen wir an mit den SISTERS OF MERCY.

Ich muss dich enttäuschen, die Bandvergleiche wurden von Leuten aus unserem Umfeld gemacht. Verstehe mich nicht falsch, die Bands sind großartig, aber gehören nicht zu meinen persönlichen absoluten Lieblingen. Egal, ich versuche mein Glück: Mein Lieblingslied der SISTERS OF MERCY ist, tataaa, „Temple of love“. Ich weiß, klingt langweilig, aber allein die Tatsache, dass der Song über acht Minuten lang ist und trotzdem Erfolg hatte, muss schon etwas bedeuten. Obwohl man sicherlich Einflüsse der SISTERS OF MERCY in der Musik von GRAND ROSE hört, war die Truppe nie ein explizites Vorbild für uns.

Bruce Springsteen?

Mit „Hard to be a saint in the city“ hat Springsteen mich in seinen Bann gezogen. Okay, über das, was danach kam, müssen wir nicht weiter reden, der Typ hat während seiner Karriere nämlich auch eine Menge Mist fabriziert. „Greetings“, „Born To Run“ und „Nebraska“ gehören aber nach wie vor in jeden Plattenschrank.

GUN CLUB?

Ehrlich gesagt: Keine Ahnung. Ich habe noch nicht viel von ihnen gehört und kann nicht behaupten, dass ich einen absoluten Lieblingssong hätte, aber „Carry home“ ist schon ganz cool.

Ich kann auch NEW MODEL ARMY und LEATHER NUN in euren Songs hören. Fühlst du dich dadurch geschmeichelt oder eher beleidigt?

Haha, jetzt bekomme ich einen Eindruck von deiner Plattensammlung! Also LEATHER NUN sind großartig, NEW MODEL ARMY sind weniger unsere Helden.

Zurück zu eurer Bandgeschichte: Im Jahr 2011 solltet ihr eigentlich einen Deal bei EMI Schweden unterzeichnen, welcher offenbar geplatzt ist. Danach dauerte es zwei weitere Jahre, bis ihr euer erstes Album veröffentlich habt. Kannst du uns etwas darüber erzählen?

Ja, sie haben uns unter Vertrag genommen und die „Hide“-EP ist bei EMI erschienen. Dann sollte unser Album aufgenommen und veröffentlicht werden. Wir wurden ins EMI-Büro bestellt und die Bosse hielten uns ein paar Diagramme und Zahlenauswertungen von YouTube, Spotify und iTunes unter die Nase. Sie meinten, wir sollten es mindestens bis knapp unter METALLICA oder NICKELBACK schaffen, wenn wir wirklich ein Album veröffentlichen wollen. Völlig verdattert trotteten wir aus dem Büro, dabei hatten wir noch nicht mal damit angefangen, an dem Album zu arbeiten. Zwei Wochen bevor wir ins Studio gehen und das Album aufnehmen wollten, haben die Leute von der EMI Ernst gemacht und uns rausgeschmissen. Anstelle von 14 Studiotagen konnten wir uns nur noch vier leisten, weil wir die Kohle dafür jetzt selbst zusammenkratzen mussten, Also hat sich alles ein kleines bisschen verzögert. Das lief dann ungefähr so ab: Arbeiten – Studio bezahlen – arbeiten – den Mix bezahlen – arbeiten – das Mastering bezahlen und so weiter ...

Letztlich habt ihr „Disease“ beim Berliner Label Nois-O-Lution Records veröffentlicht. Berlin erscheint mittlerweile ein Sprungbrett für die Karriere skandinavischer Bands zu sein. Was macht diese Stadt und ihre kulturelle Infrastruktur so interessant für euch?

Ganz einfach die Tatsache, dass Berlin eine kulturelle Infrastruktur hat. Deutschland ist ein großes Land, in dem zehnmal mehr Leuten leben als in Schweden. Allein in Berlin kann man tausend Konzerte spielen und dabei jeden Tag auf einer anderen Bühne stehen – das wäre in Schweden unmöglich. In Schweden zu touren ist dagegen die Hölle! Schau dir nur mal die Strecke von Malmö nach Luleå an und stelle dir vor, wie du über eine schmale, vereiste Straße tuckerst. Und das im Dezember, wenn noch nicht mal die Sonne scheint. Ich liebe Deutschland! Ihr liebt Rockmusik und ihr liebt Bier: wir haben die selbe Blutgruppe.

Hast du eine Einschätzung, wo diese Straße euch hinführt? Viele geben für ein Rock’n’Roll-Leben alles auf, was sie besitzen.

Ich habe einfach den Anspruch an mich, bessere Platten zu machen, bessere Songs zu schreiben, bessere Live-Shows abzuliefern. Aber auch wenn wir damit nie etwas erreichen, würde ich weitermachen. Da wir alle noch Jobs haben, können wir uns künstlerische Freiheit und Integrität leisten. Ich hoffe, dadurch erlangen wir die absolute Befriedigung. Dann können wir aufhören.