RISE AGAINST

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Status-Update

RISE AGAINST sind beeindruckend. Ich kenne keine einzige andere Band, die – im weitesten Sinne – Punk spielt und so großen kommerziellen Erfolg hat. Ihre letzte Platte „Endgame“ erreichte auf Anhieb Platz eins der deutschen Charts. Mit diesem Album im Gepäck spielten RISE AGAINST außerdem mehrere Europatourneen und traten bei der letzten in kleinen Arenen auf. Während man vorher mit einer „großen Punkband“ eine Band meinte, zu deren Shows vielleicht 2.500 Leute kamen, reden wir hier über eine Tour durch mindestens 5.000er Hallen. Kurzum: RISE AGAINST haben es kommerziell sehr weit gebracht, ohne dabei ihre musikalischen und ideellen Wurzeln zu vergessen. Das zeigt auch die jüngst veröffentlichte Compilation „The Long Forgotten Songs“ mit 26 Raritäten und Coverversionen, die RISE AGAINST zwischen 2000 und 2013 aufgenommen haben. Mit dabei sind zum Beispiel Coversongs von MINOR THREAT, SICK OF IT ALL und BLACK FLAG. Ein kurzes Gespräch mit Gitarrist Zach über die Bedeutung einzelner Cover, den Erfolg von RISE AGAINST und den Status des neuen, regulären Albums, das wohl 2014 erscheinen soll.

Zach, welche der Bands, die ihr auf „The Long Forgotten Songs“ covert, bedeutet dir am meisten?

MINOR THREAT! Das war die erste Band, die mir das Gefühl gab, kein Idiot zu sein. Ich bin ja in Texas aufgewachsen. Dort hielten mich viele für einen Trottel, weil ich straight edge war. Das war damals einfach so dermaßen uncool, dass du in jeder Clique gehasst wurdest und keiner etwas mit dir zu tun haben wollte, wenn du nicht geraucht, getrunken und keine Drogen genommen hast. Ohne Witz, ich bin wirklich verprügelt worden, weil ich straight edge war. Aber als ich das erste Mal MINOR THREAT hörte, dachte ich: Wow, die singen über dich! Das bist du, verdammt, und du bist kein Idiot! Dieser Moment war für mich extrem wichtig, weil er mir einfach ein immenses Selbstvertrauen gab. Dank MINOR THREAT merkte ich, dass es da draußen noch andere Menschen gibt, die so sind wie ich. Das wiederum inspirierte mich, die Kleinstadt, in der ich aufwuchs, zu verlassen und neue Dinge auszuprobieren. Dazu kommt, dass MINOR THREAT auch einfach total authentisch sind. Ihr Sound ist hart – ja, vielleicht sogar kompromisslos. Trotzdem brauchen sie keine Beatdowns, Moshparts, Windmills und sie müssen auch nicht böse gucken, um klar zu machen, dass sie mit ihrer Musik Aggressionen abbauen. Das ist wahnsinnig beeindruckend und deswegen war es mir auch so wichtig, ihren gleichnamigen Song „Minor threat“ zu covern.

Beeindruckend ist auch die Entwicklung von Ian MacKaye – als Mensch und als Musiker.

Richtig, wir vier von RISE AGAINST haben ihn auch neulich getroffen. Du hättest dabei sein müssen, weil wir alle so wahnsinnig beeindruckt waren, und ich fürchte, dass man uns allen klar und deutlich angemerkt hat, dass wir riesige Fans von MINOR THREAT, FUGAZI und eigentlich allen Sachen sind, die Ian je gemacht hat. Wir haben uns wirklich wie kleine Fanboys verhalten. Ians künstlerisches Schaffen ist jedenfalls eine riesige Inspiration für mich. Er hat die Integrität und den Mut gehabt, nach MINOR THREAT mit FUGAZI eine neue Band zu gründen, die musikalisch in eine ganz andere Richtung ging, die aber ideell alles verkörperte, wofür auch MINOR THREAT standen.

Jetzt sind RISE AGAINST kommerziell um ein Etliches erfolgreicher als zum Beispiel MINOR THREAT, BAD RELIGION oder die DESCENDENTS, die euch ebenfalls sehr stark geprägt haben. Welche Rolle spielt es da noch, selber Fan von diesen Bands zu sein?

Das ist ein guter Punkt, denn wir sind von unserem kommerziellen Erfolg, ehrlich gesagt, ziemlich überrascht. Über die letzten Tourneen wurden die Venues konstant größer und am Ende der Tour zum letzten Album „Endgame“ spielten wir tatsächlich in kleinen Arenen. Es gab mehrere Tage, an denen ich mir beim Soundcheck sagte: „Das kann nicht sein, das kann alles nicht sein“, weil ich einfach nicht glauben konnte, dass wir diese Venues füllen. Für mich ist unser Erfolg auch alles andere als selbstverständlich und ich danke allen Fans, die uns das ermöglichen. Jedenfalls, um auf deine Frage zu antworten, dass wir selbst Fans sind, ist die Basis von RISE AGAINST. Als sich die Band gründete, gab es eine recht klare Vision, dass RISE AGAINST etwa so klingen sollten wie BLACK FLAG, MINOR THREAT und BAD RELIGION. Wir waren einfach alle Fans dieser Bands und RISE AGAINST sollten ursprünglich genauso klingen wie sie. Deswegen ist es für uns eine riesige Ehre, wenn wir gemeinsam mit Bill Stevenson unsere Platten aufnehmen. Oder dass wir erst mit BAD RELIGION auf Tour waren und sie auf einer späteren Tour dann uns supportet haben. Oder dass die DESCENDENTS einen Support-Gig für uns gespielt haben. Trotz unseres kommerziellen Erfolges bedeutet es uns wahnsinnig viel, dass es diese Bands gibt und dass wir mit ihnen gemeinsam spielen beziehungsweise Platten produzieren dürfen. Ohnehin ist diese persönliche Komponente wichtiger als unser kommerzieller Erfolg, der wird sowieso wieder vergehen.

Was meinst du damit?

Ganz einfach: nahezu keine Band hat unbegrenzt Erfolg. Du kannst nicht ewig groß sein. Es gibt doch hunderte von Bands, die vorübergehend in ganz großen Hallen spielen und für die sich kurz darauf niemand mehr interessiert. Entsprechend rechnen wir auch damit, dass der kommerzielle Erfolg von RISE AGAINST irgendwann vorbei sein kann und dass wir dann wieder auf denselben Clubbühnen stehen wie vor zehn Jahren. Und weißt du was – das ist überhaupt nicht schlimm! Jede Minute, die es diese Band gibt, ist ein Geschenk, und dass sich zur Zeit sehr viele Menschen für uns interessieren, das ist eine riesige Ehre. Aber ich gebe auch dann alles, wenn wir kleine Shows spielen und nur fünfzig oder hundert Leute da sind.

Bevor es soweit ist, erzählst du aber bitte noch etwas zu eurem neuen Studioalbum, das, wie ich hörte, 2014 rauskommen soll.

Dazu kann ich leider noch gar nicht so viel sagen. Wir beginnen das Songwriting demnächst, werden dann ins Studio gehen und peilen ganz grob an, dass die Platte irgendwann 2014 erscheint.

An Inhalten dürfte es ja nicht mangeln, da zum Beispiel im Syrienkonflikt ein nächster Militärschlag diskutiert wird.

Ganz genau und ich denke, dass ich für die ganze Band spreche, wenn ich sage, dass Krieg und Gewalt nie die richtige Lösung sind. Ich hoffe wirklich, dass es zu einer diplomatischen Lösung kommt. Zwar kündigt die US-Regierung an, etwaige Interventionen auf einen Luftschlag zu reduzieren, aber ich glaube nicht, dass das geht. In der Vergangenheit hat sich einfach zu oft gezeigt, dass am Anfang davon geredet wird, dass es nur einen schnellen Angriff gibt und dann alles vorbei ist. De facto rücken aber Bodentruppen nach und es folgen Krieg und Leid.