ARTWON ARTOWN ARTNOW

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Die Melodie der Rückkopplung

Wie so oft: Aus den Trümmern einer anderen Band erschaffen Bassist Maziar Yazdkhasti, Sänger und Gitarrist Yoko Suno und Schlagzeuger Till Gavaller ARTWON ARTOWN ARTNOW. Im Sommer 2013 erscheint „White Noise Romance“ auf bluNoise, ausdrücklich nur als LP. Zwischenzeitlich spielt das Trio ungewöhnliche Musik an ungewöhnlichen Orten. Das Besondere an ihrer Musik ist die leichtfüßige Verknüpfung von Krautexperience und puren Hits. Dabei klingen sie hochmodern und international, zitieren stilecht, ohne bloß zu kopieren, und stellen ihre Musik einerseits zum Kennenlernen umsonst auf ihre Homepage, andererseits bieten sie dem LP-Käufer eine edle Gatefold-Verpackung mit schweren 180-Gramm-Vinyl und exklusiven Bonustracks an. Beim Live-Konzert aber hauen sie einen einfach nur um und lassen dem Publikum kaum Ruhepausen.

Dreimal Kunst im Bandnamen ARTWON ARTOWN ARTNOW? Und tatsächlich habt ihr öfter in einem Kunstkontext gespielt.

Maziar:
Da zitiere ich gerne Yoko: „Der Bandname ist Ausdruck der Übertreibung als dadaistischer Moment.“ Wir hatten einfach Lust, auf diese Schallplatte, die ja eh schon Kunst ist, noch mal ausdrücklich und mehrfach Kunst draufzuschreiben. Wir waren uns allerdings einig, dass wir einen sperrigen Namen wollten. Aber letztendlich soll das natürlich Interpretationsspielräume ermöglichen, genauso wie die Songtexte keine Vehikel sind, um die eine Message rüberzubringen, sondern eher in den Raum geworfene Assoziationsketten, mit denen der Hörer dann spielen kann.

Yoko: Und man muss natürlich sagen: Düsseldorf als Stadt ist dafür prädestiniert, weil es Künstler und Kunstvereine wie Sand am Meer gibt, im Gegensatz zu vielen anderen Städten. Im Oktober haben wir in einem Kunstverein gespielt, der direkt bei mir in der Nachbarschaft liegt und von dem ich nie gedacht hätte, dass es da möglich ist, so was Lautes wie AAA zu machen, haha ...

Maziar: Allerdings entstand der Bandname deutlich vor diesen Verbindungen und hat nichts unmittelbar damit zu tun. Die Initialzündung dafür war 2008 unsere Teilnahme an einem Theaterstück der FFT Düsseldorf, und zwar „Sophopkles’ Antigone“, für welches wir auch die gesamte Musik schreiben und mehrfach aufführen durften. Von daher gibt es schon eine gewisse Affinität, diese Band immer wieder in verschiedene Kontexte zu verpflanzen – das bringt immer neue Einflüsse, neuen Input und ist immer fruchtbar.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Guido Lucas?

Yoko:
Zufällig über einen privaten Kontakt! Wir haben dann erst mal eine Testsession vereinbart, ’n Bierchen getrunken, zwei Songs aufgenommen und viel gequatscht. Und das war cool: da hatten wir eine konkrete Vorstellung davon, was eine Blubox-Session für uns sein könnte, und Guido hatte ein Bild im Kopf, wir wir ticken und was wir wollen. Wichtig war Guido und uns nämlich die systematische Arbeit an der produktionstechnischen Idee dieses Albums und eine wesentliche Idee war: wir wollen kein überproduziertes Ding daraus machen, sondern die Band so aufnehmen, wie sie ist und der Musik die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln und zu verändern. Im April 2013 haben wir dann die Recording-Session durchgezogen, alles live aufgenommen und vor allem Priorität auf das Einrichten der Basic-Settings – Aufstellung, Mikrofonierung – gelegt und einen langen Soundcheck gemacht. Alle Tracks sind komplett live eingespielt und nachträglich haben wir noch hier und da einen Overdub, etwa einen Klaviersound, der Gesang wurde ebenfalls nachträglich aufgenommen. Guido war auch schon in den Monaten vor den Aufnahmen in die Entwicklung des Albums involviert, hat hier und da Tips gegeben.

Angeblich habt ihr die Gesangsaufnahmen draußen gemacht.

Yoko:
Das stimmt. Die Hälfte der Songs habe ich spontan draußen eingesungen. Guido fragte, wo ich das gerne machen würde, in einem der Aufnahmeräume oder im Regieraum? Und ich sagte dann: „Hey, das Wetter ist so schön, lass uns die Kabel verlängern, ’nen Kasten Bier besorgen und los geht’s.“

Maziar: Allein das hat die Platte atmosphärisch insgesamt wahnsinnig stark beeinflusst. Das macht einen Produzenten aus: Guido legt einfach extrem viel Wert auf den Wohlfühlfaktor aller Beteiligten, das ist seine Stärke, reinhorchen in die Befindlichkeiten einer Band. Er war ja auch vorab bei uns im Proberaum und hat genau hingehört. Dass die Platte jetzt auch auf bluNoise Records erschienen ist, hat sich während der Produktion entwickelt. Guido meinte: „So wie ich eure Band jetzt kennen gelernt habe, kann ich mir durchaus vorstellen, dass ihr eine bluNoise-Band seid!“ Das war für uns natürlich dann eine runde Sache.

Yoko: Und wir wollten natürlich Vinyl! Das ganze Haptische von 180-Gramm-Vinyl und beispielsweise auch die Auswahl des richtigen Kartons, das gehört ja auch alles dazu. Eine CD wandelst du zu Hause in mp3s um und dann verstaubt sie im Schrank. Eine Schallplatte ist da eine komplett andere Geschichte, die packst du öfters an und legst sie auch auf, zu der hast du eine körperliche Beziehung.