BEASTMILK

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Die dunkle Seite von Helsinki

Viel Fantasie braucht man nicht, um sich vorzustellen, dass Helsinki, speziell in der dunklen Hälfte des Jahres, die Kreativität einer Post-Punk/Goth-Band beflügelt – BEASTMILK sind der beste Beweis dafür. Ungewöhnlich ist der Werdegang von Sänger und Mastermind Mathew Joseph McNerney aka Kvohst, der sich gesanglich Glenn Danzig zu orientieren scheint. Kvohst kommt ursprünglich aus der Black-Metal-Szene, gründete die Formation VOMITORIUM, lebte in den Niederlanden und Norwegen und ist nun in Finnland angekommen. 2002 war er Mitgründer der englisch-norwegischen Black-Metal-Band CODE, dann war er bei DØDHEIMSGARD und anderen Projekten aktiv, und 2010 gründete er BEASTMILK. Hier sind es Genreklassiker wie BAUHAUS, THE SISTERS OF MERCY, JOY DIVISION und KILLING JOKE, die ihn vermutlich beim Songwriting inspirieren. Auf angenehme Weise erinnert das BEASTMILK-Debütalbum „Climax“ an das wunderbare Album „Patient Pending“ von HEAVENS, dem Nebenprojekt von Matt Skiba von ALKALINE TRIO. Doch BEASTMILK geben der dunklen Seite ihrer Musik den nötigen Druck, um auch bei Fans von Horrorpunk Gehör zu finden, die nach Alternativen zu den MISFITS suchen. Die norwegische Black-Metal-Legende Fenriz (DARKTHRONE) gehört ebenso zu ihren Förderern wie Kurt Ballou (CONVERGE), der „Climax“ produziert hat. Für viele gelten BEASTMILK als Band des Jahres 2013. Im Mai 2014 wird es einige Konzerte in Deutschland geben. Gitarrist Goatspeed beantwortet uns einige Fragen.

Euer Debütalbum „Climax“ ist ein spannender Ritt durch die verschiedenen Facetten von Post-Punk, Goth und Horrorpunk, man fühlt sich an BAUHAUS, DANZIG, ROSETTA STONE oder KILLING JOKE erinnert. Was inspiriert euch während des Songwritings und der Studioaufnahmen?


Ich kann nicht für die anderen Bandmitglieder sprechen, aber auf mich treffen alle diese Bands nicht zu. Ich denke, meine musikalischen Inspiration über die Zeit sind die PIXIES, aber vor allem Black-Metal-Bands wie die französischen PEST NOIRE, die finnischen KARMIC VOID oder WHITEHOUSE, und die britische Anarcho-Punk- und Deathrock-Formation RUDIMENTARY PENI aus den frühen Achtziger Jahren, sowie Lil Wayne.

Euer Sänger Kvohst hat zuvor in verschiedenen Black-Metal-Bands gespielt. Wie ist es zu seinem stilistischen Wandel zu diesen doch mehr von den Achtzigern geprägten Genres wie Post-Punk und Goth gekommen?

Das musst du ihn schon selber fragen. Was mich betrifft, war ich einfach unzufrieden und uninspiriert von den Bands, die ich gerade hinter mir gelassen hatte. Die ganze Szene interessierte mich nicht mehr und ich wollte etwas komplett Neues machen. Etwas, was ich noch nicht zuvor gemacht hatte, und musikalisches Neuland betreten. Meine Intentionen entsprachen fast gänzlich denen von Kvohst, so dass es für uns beide fruchtbar war zusammenzuarbeiten. Es war fast wie eine Fügung.

Kurt Ballou von CONVERGE hat euer Album produziert. Wie seid ihr zusammengekommen und wie hat sich die Arbeit mit ihm dargestellt?

Ich hatte absolut keine Ahnung, wer er war und was er zuvor gemacht hatte, aber er hat uns einfach kontaktiert und gesagt, dass er sehr daran interessiert sei, unser Album zu produzieren. Die Zusammenarbeit mit Kurt war exzellent. Er ist ein vielseitiger und sehr begabter Produzent, und hat ein gutes Gespür für Gruppendynamik. Er hat sich die ersten Probeaufnahmen angehört und so ziemlich alles daran gesetzt, die Songs zu optimieren und auf ein Niveau zu bekommen, wie wir es wollten. Er hat uns dabei geholfen, genau den Sound zu entwickeln, auf den wir aus waren. Es war eine wirklich fruchtbare Zusammenarbeit.

Woraus ziehst du deine Inspiration?

Es ist doch so, alles, was du hörst in deinem unmittelbaren Umfeld, jedwede Lebenserfahrung, das beeinflusst dich in deinem künstlerischem Schaffen. Ein Spaziergang im Wald kann ebenso inspirierend sein wie ein gutes Buch und Musik, die dich bewegt. Für mich ist Songwriting wie die Instrumentierung von Energien und Harmonien. Ich habe keine Kenntnisse in Musiktheorie und -lehre, und habe auch nie Musikunterricht im traditionellen Sinne erhalten, aber am Ende ist es doch entscheidend, wie du deine eigene Resonanz wahrnimmst und den Weg zu bestimmen, den du musikalisch beschreiten willst.

Kvohst ist auch als DJ aktiv und legt einmal in der Woche im Club Mega Therion in Helsinki auf. Wie sieht das Konzept dieses Clubs aus?

Der Club Mega Therion ist eigentlich ein klassisches Gemeinschaftsprojekt, das wir vor einigen Jahren zusammen angeschoben haben, als Kvohst nach Helsinki gezogen ist und er noch keine wirklichen Jobs und Anknüpfungspunkt hier hatte. Das war sein erstes Projekt in Helsinki und wir haben ihm dabei geholfen, es voranzubringen. Wir haben eine Menge Bands für den Club gebucht, wie beispielsweise die norwegische Death-Metal-Band OBLITERATION oder VOID OV VOICES, die Black-Metal-Institution aus Ungarn um den Sänger Attila Csihar. Das war wirklich eine großartige Zeit. Wir haben oft Themenabende organisiert, und ich erinnere mich daran, dass ein Abend Frankreich gewidmet war. Wir hatten französisches Brot und Käse vorbereitet, und haben natürlich französische Klassiker gespielt, Chansons von Serge Gainsbourg, um danach französische Black-Metal-Bands wie DEATHSPELL OMEGA und PESTE NOIRE auf die Bühne zu holen. Einer der Abende, die ich organisierte, stand unter dem Motto: „Disparate aspects of truth and lie which is also not falsely known as The Celebration of The Death of King George II, or Free Money Lottery also acknowledged as The Great Day of the Cosmic Carrot, and Beware the Clown“. Irgendwie war dieses Motto ziemlich lang. Das war an einem 1. April und wir hatten einen Haufen riesiger künstlicher Karotten an die Decke gehängt. Ich habe noch einen Clown gebucht, der verschiedene Tricks aufgeführt hat und mit Magic Ballons hantierte. Er hatte überhaupt keine Ahnung von dem, was er tat, aber es war doch unterhaltsam. Der Abend ergründete – dem Motto entsprechend – eine Welt zwischen Wahrheit und Lüge. Das musikalische Konzept ist dann etwas aus dem Ruder gelaufen und wir spielten alles von Donna Summer, WHEN, eine der ersten norwegischen Punkbands überhaupt, und PLASMA POOL, einer EBM-Band aus Budapest.