Rechte Presse

Statt "Bullenschweinen" gibt's "Ehre, Stolz und Treue", die BÖHSEN ONKELZ sind Pioniere und Rio Reiser ist tot. Der gezielte Tabubruch des "Rechtsrock" mache das Establishment lächerlich und sei somit die wahre Revolution der 90er Jahre, jubelte im Februar die neurechte Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) auf ihrer Zeitgeist-Seite. Denn jung, frech und rechts sein - das ist es, was die Berliner Zeitungsmacher in ihrem Blatt vereinen wollen."Ursprünglich war die Junge Freiheit nicht viel mehr als eine Schülerzeitung. 1986 startete sie in Freiburg als Sprachrohr der "Freiheitlichen Volkspartei", einer politisch erfolglosen Abspaltung der Republikaner unter der Führung des ehemaligen CSU-Abgeordneten und Gründungsmitgliedes der Republikaner, Franz Handlos. Doch während es sich damals um 400 Exemplare einer achtseitigen Zeitschrift im Format DIN A5 handelte, erscheint die Junge Freiheit heute mit einer offiziellen Gesamtauflage von 70.000 Exemplaren und durchschnittlich 24 Seiten als deutschlandweite Wochenzeitung, die sich selbst gerne als "rechte taz" bezeichnet."Seit 1995 erscheint die Junge Freiheit in Berlin. Der ursprüngliche Plan, Potsdam zum langfristigen Herausgabeort für den lange angestrebten und im Januar 1994 realisierten Start einer Wochenzeitung zu machen, scheiterte. Zwar zog die Redaktion im September 1993 zunächst von Freiburg in die Brandenburgische Landeshauptstadt, wechselte nach zwei Jahren jedoch in das nahe Berlin. Vorangegangen waren Auseinandersetzungen mit Landespolitikern und Proteste des Stadtrates gegen eine Produktion der Zeitung in Potsdam. Zudem kam es zu massiven Antifa-Aktionen, die zuletzt in einer Großdemonstration und Brandanschlägen auf Einrichtungen der Jungen Freiheit mündeten."Von der anfänglichen Marschroute als Organ der "Freiheitlichen Volkspartei" hatte sich die Junge Freiheit bereits in ihrem Gründungsjahr entfernt, nachdem die Partei erfolglos aus den bayerischen Landtagswahlen hervorging. Anfang 1987 gab die Redaktion die neue Losung aus: "Es hat sich gezeigt, daß man sich als zarte Stimme im publizistischen Chor der konservativen Rechten nur dann Respekt verschaffen kann, wenn man rigoros mit dem eigenen Lager so umgeht, wie mit der Mitte und der Linken." Die JF will die deutsche Rechte, mit deren politischen und publizistischen Wirken sich die Redaktion intensiv auseinandersetzt, gesellschaftsfähig machen. Dies kann nach Auffassung der Redaktion jedoch nicht mehr durch eine Partei geschehen, sondern nur durch ein "vielfältiges politisches, kulturelles und publizistisches ,Kapillarsystem', durch das konservative Vorstellungen in breitere Schichten sickern können.""Welche Kräfte es sind, die den gesellschaftlichen Wandel herbeiführen könnten, stellte der langjährige Redakteur Roland Bubik in einem programmatischen Grundsatzartikel dar. Als Gegenreaktion auf die Generation der linken "68er" und ihres hegemonialen Einflusses auf die Gesellschaft seien jetzt Widersacher der 60er und 70er Jahrgänge angetreten, eine alternative Konzeption zu entwickeln - den "Jungen Konservatismus", dessen geistige Heimat die "Konservative Revolution" sei. Gegen eine durch den Liberalismus hervorgerufene Orientierungslosigkeit und einen daraus folgenden Verfall der Werte soll ein "Junger Konservatismus" wieder Bindungen, zum Beispiel an die Nation, manifestieren. "Durch die Wahrung kultureller Einheit, in Tradition gefaßt, kann die Nation Sinn und Leben in gemeinschaftliche Existenz einführen", schwärmte er Anfang 1993."Gedankengut, das Bubiks Redaktionskollege Hans-Ulrich Kopp ein Jahr davor etwas unverblümter den Lesern präsentiert hatte. Er prangerte eine Zerstörung der "Identität des deutschen Volkes" durch die angestrebte multikulturelle Gesellschaft und eine Hofierung "asozialer und krimineller Minderheiten", während die "Mehrheit der Anständigen an den Rand" gedrängt werde. Außerdem käme man den "Maximalforderungen unfreundlicher Nachbarstaaten hemmungslos entgegen, während die ostdeutschen Landsmannschaften und volksdeutschen Minderheiten kurzerhand übergangen" würden."Die nationale Identität als Notwendigkeit gesellschaftlichen Lebens betonte JF-Mastermind Stein bereits 1987 in einem Kommentar: "Der junge Deutsche hat frech, unbequem und hart in der Sache, vorbildlich in Form und Haltung, aber nur einem verpflichtet zu sein: Der deutschen Nation." Und die definiert sich für die Junge Freiheit keineswegs innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik. So war auch der spätere Umzug nach Potsdam mehr als die Annäherung an die neue Hauptstadt. Wie die JF stolz in einer Werbeanzeige feststellte, ging es dabei um "eine programmatische Standortbestimmung" und ein "Bekenntnis zur Mitte Deutschlands". Abgelehnt wird in Verbindung mit der Betonung des Nationalstaates auch die Europäische Union, der "Feind von Bürgerfreiheit und kleinräumiger Selbstbestimmung", sowie eine angebliche Überfremdung und wirtschaftliche Bedrohung durch die Zuwanderung von Ausländern. "Mit dumpfer Deutschtümelei will die Junge Freiheit jedoch nichts zu tun haben. Randalierende Skinheads werden in der Zeitung verächtlich niedergemacht und die Verbreitung unintelligenter Parolen rechter Demagogen, wie etwa durch den DVU-Chef Gerhard Frey, als "deutscher Patriotismus in seiner tiefsten Erniedrigung" abgelehnt. Doch auch in der Jungen Freiheit werden immer mal wieder schwerste Geschütze aufgefahren - wenn auch durch Gastautoren und eingebettet in einen "wissenschaftlichen" Diskurs. So ließ man den britischen Historiker und Holocaust-Leugner David Irving in einer über mehrere Ausgaben gehenden Debatte zu Wort kommen und in einem dreispaltigen Artikel seine Zweifel am Genozid verbreiten. Dies wurde geschickt mit dem Hinweis gekennzeichnet, daß es sich hierbei um die Meinung des Autors und nicht die der Jungen Freiheit handele."Trotz solcher gelegentlichen offenen Annäherungen an die Gedankenwelt rechter Hardliner ist das Hauptziel der Jungen Freiheit den "Ausbruch aus der Schweigespirale zu schaffen, nicht ein Blatt zu sein, das unter Ausschluß der Öffentlichkeit erscheint", wie Stein verkündete. Die Redaktion bemüht sich, die herkömmlichen Einstufungsschemata "rechts" und "links" zu durchbrechen und den eigenen "Jungen Konservatismus" abgehoben davon zu präsentieren. Dazu wird eine politisch buntgemischte Schar von Interviewpartnern und Gastkommentatoren in der Zeitung zu Wort gebeten, die von REP-Funktionären über Unions-Hardliner bis zu ausgewiesenen Linken reicht."Wenn letztere dann, wie der SPD-nahe Extremismusforscher Eike Henning Sätze von sich geben wie "Also Antifaschismus! Ich habe das immer für Quatsch gehalten" zum Besten geben, dann schweigt die Redaktion und genießt. Ebenso andersrum: Zum zehnten Todestag von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß überließ die Junge Freiheit 1997 dessen Sohn beinahe eine ganze Seite, auf der er die alte Verschwörungsgeschichte eines unnatürlichen Todes seines mit 93 Jahren im Knast gestorbenen Vaters neu aufwärmen durfte: "Es spricht nahezu alles für Mord". Ansonsten macht sich die Redaktion auf den meist 24 Seiten gerne über Politiker lustig, berichtet ausführlichst über linke Chaoten und ihre Zeitungen, wittert PC-Kampagnen gegen sich und andere rechte Blätter, Personen, Organisationen und Parteien und plädiert für die Eigenständigkeit der Völker, die man nicht zerstören dürfe. Das alles eingebettet in feste Rubriken, die von "Politik" über "Nationalitätenfragen" und "Kirche" bis "Kultur" reichen."Mit artverwandten Medien pflegt die Junge Freiheit eine enge Zusammenarbeit. Bereits 1990 hatte die Zeitung gemeinsam mit anderen rechtsintellektuellen Zeitschriften die "Initiative Deutschland '90" ins Leben gerufen. Die damalige Zielvorstellung, die Aktivitäten der jungen rechten Presse zu vernetzen, wird bis heute verfolgt. So war zum Beispiel Gerhard Quast, jetzt bei der Jungen Freiheit für das Ressort "Natur und Umwelt" zuständig, lange Zeit verantwortlicher Redakteur von "Wir selbst" - einer Zeitschrift, welche die linke Ökologiebewegung mit rechten Inhalten zu besetzen versucht. Weiterhin schreiben oder schrieben viele der Redakteure der Jungen Freiheit für andere Zeitungen, so für den neurechten "Criticón" und für die rechtsextreme Zeitschrift "Nation und Europa", deren Herausgeber Manfred Rouhs seit Februar 1997 mit dem Fanzine "Noie Doitsche Welle" in der Skinszene fischt."Doch auch in etablierten Medien sitzen Freunde der Jungen Freiheit - etwa die Redakteure der "Welt am Sonntag", Ulrich Schacht und Heimo Schwilk. Beide sind Herausgeber eines Buches, das mit einer Autorenriege vom Verursacher des Historikerstreiks, Ernst Nolte, bis hin zu Roland Bubik und Beiträgen rund um Botho Strauß' umstrittenen Essay "Anschwellender Bocksgesang" Schlagzeilen machte. Der ehemalige Ullstein-Lektor und "Welt"-Redakteur Rainer Zitelmann soll dem Projekt sogar als Berater zur Seite stehen. Ein weiterer enger Freund ist Herbert Fleissner, der seinen Verlagskonzern Langen-Müller/Ullstein auf eine äußerst umstrittene politische Linie nach rechts eingestimmt hat. Fleissner inseriert regelmäßig in der Jungen Freiheit, die seine neuen Publikationen wiederum rezensiert und die Autoren zum Interview bittet. Das hartnäckige Gerücht, daß der Verleger neben seinen Anzeigenschaltungen das Blatt auch als geheimer Finanzier unterstützt, wird von der Jungen Freiheit dementiert."Als Herausgeber der Zeitung fungiert seit Juni 1992 die von zehn Mitarbeitern der Jungen Freiheit "zur finanziellen Absicherung" gegründete "Junge Freiheit Verlag GmbH", die 1994 in eine Kommanditgesellschaft mit einem Kapitalvolumen von 2 Millionen Mark umgewandelt wurde, um die Kosten des Wochenzeitungsstartes auffangen zu können. Zuvor lag die Herausgeberschaft bei dem als gemeinnützig anerkannten "Förderverein zur Wiedervereinigung Deutschlands Unitas Germanica e.V.", der 1988 unter dem Vorsitz von JF-Mitarbeiter Götz Meidinger und Chefredakteur Dieter Stein ins Leben gerufen und im Februar 1991 in "Verein zur Förderung der Toleranz auf dem Gebiet des Völkerverständigungsgedankens bei allen Deutschen Unitas Germanica e.V." umbenannt worden war."Wie die Redaktion konsequent betont, finanziert sich die Junge Freiheit außer aus den Erträgen der Kommanditgesellschaft lediglich über Verkauf und Anzeigengeschäft. So ist die Redaktion, die bis zum Wochenzeitungsstart ehrenamtlich arbeitete, seit der ersten Ausgabe bemüht, Abonnenten zu werben. In den ersten vier Jahren ihres Bestehens wurde die Junge Freiheit ausschließlich über diesen Vertriebsweg verkauft - was von der Auflage übrigblieb, wurde an Universitäten kostenlos verteilt. 1992 übernahm sie die Abonnenten der "Berliner Nachrichten", einer Monatszeitung der Republikaner mit 10.000 Exemplaren, die nach einer Vereinbarung mit der Jungen Freiheit eingestellt wurde. Die Republikaner warben dafür im Herbst 1996 bei ihren Parteimitgliedern in Nordrhein-Westfalen um eine freiwillige Erhöhung der steuerlich absetzbaren Mitgliedsbeiträge und versprachen als Gegenleistung ein Jahresabonnement der Jungen Freiheit. "Mit der Umstellung auf ein anderes Format gelangte die Zeitung 1990 auch in das Sortiment der Pressegrossisten und kann seitdem im Zeitungshandel erworben werden. Doch der Kioskverkauf bereitet Probleme: Eine deutschlandweit koordinierte Antifa-Aktion "Stoppt die Nazi-Zeitungen" versucht seit Jahren erfolgreich, die Kioskbesitzer mit Informationsbriefen und offensichtlichen Drohungen vom Verkauf der Zeitung abzubringen. So ist die Junge Freiheit meist nur unter dem Ladentisch und in vielen Zeitungsverkaufsstellen überhaupt nicht erhältlich. Laut Chefredakteur Dieter Stein ist die Zeitung in Berlin - hier ist auch die Koordinationsstelle der Antifa-Aktion beheimatet - nahezu unverkäuflich. "Den ständigen Kampf um die Finanzierung des Projektes verbindet die Junge Freiheit gerne mit politischer Agitation: Seit Ende 1989 offeriert die Zeitung ganzseitige Angebote ihres hauseigenen Mailorderservice, dem "JF-Buchdienst". Dort gibt's dann Bücher, die sich mit nationalen oder historischen Fragen, mit rechter Weltanschauung und der Schwäche der etablierten Parteien. Das Autorenregister liest sich dabei wie das "Who is Who" der Neuen Rechten in der Bundesrepublik. Neben prominenten Autoren wie Caspar v. Schrenck-Notzing und Franz Schönhuber werden aber auch Werke von JF-Autoren und anderen Verfassern mit entsprechender Thematik angeboten. Zusätzlich führt der Dienst inzwischen auch Videos wie "Die Geschichte der deutschen Luftwaffe" oder "Olympia 1936", Tonkassetten und die Armbanduhr "Thule-Watch". Der Buchdienst wird kontinuierlich ausgebaut - ebenso wie der Internet-Auftritt der Zeitung, mit dem die Junge Freiheit seit Herbst 1996 an neue Leser kommen will. "Trotzdem: Obwohl zum fünfjährigen Bestehen die Losung einer "wirtschaftlichen Konsolidierung des Verlages" ausgegeben wurde, schreibt die Zeitung bis heute rote Zahlen. So mußte Stein Mitte 1996 eine Unterdeckung von 450.000 Mark einräumen und appellierte an seine Leser, das drohende Ende des Blattes zu verhindern: Gestartet wurde eine Rettungsaktion Marke taz, die unter dem Titel "Jetzt geht's ums Ganze" bis Februar 1997 über 2500 Neuabonnenten für das Blatt gewinnen konnte. Diese Zahl hatte der Verlag als Zielmarke vorgegeben, ansonsten drohe die "Liquidierung des Projekts." Im Herbst 1997 legte die Junge Freiheit gleich nochmal nach und forderte unter dem Motto "Aufbruch für Deutschland " in Eigenanzeigen und vom Verein "Freunde der Jungen Freiheit" finanzierten Broschüre 1500 neue Abonnenten. Da wird dann plötzlich sogar das Grundgesetz konsultiert und festgestellt: "Pressefreiheit in Gefahr - Chaoten und Tugendwächter bedrohen ein Grundrecht.""Denn nicht nur die Antifaaktionen hätten zur wirtschaftlichen Schieflage der Jungen Freiheit beigetragen, jammert Stein. Vor allem die Erwähnung in Verfassungsschutzberichten des Landes Nordrhein-Westfalen seit 1994 sei für "zwei Drittel der finanziellen Verluste" verantwortlich, da diese Veröffentlichung die Werbekunden verschrecke. Bereits in einer 1994 erstellten Dokumentation wies man dort auf "tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen in der Wochenzeitung ,Junge Freiheit'" hin - eine Einschätzung, die sich bis heute nicht geändert hat. Eine Klage gegen das Innenministerium Nordrhein-Westfalen, die der Münchner Rechtsanwalt und "Bund Freier Bürger"-Vorsitzende Manfred Brunner 1996 für den Verlag einreichte, wurde vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf abgewiesen. Mit dem Verfahren sollte das Innenministerium unter anderem dazu verurteilt werden, die Junge Freiheit nicht mehr als rechtsextremistisch bezeichnen zu dürfen und einige Behauptungen in Bezug auf die Zeitung zu widerrufen."So hatte der NRW-Verfassungschutz unter anderem Bestrebungen gegen Grundrechte, Antiparlamentarismus und revisionistische Ziele festgestellt - in einem Fall erkannte die Behörde bei der Jungen Freiheit sogar eine "geistige Nähe zu den Euthanasieprogrammen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft". In einem Artikel hatte die Zeitung Maßnahmen gegen Tierseuchen und die Krankheit AIDS suggestiv miteinander verbunden: "Krankheiten bei Mensch und Tier hatten 1994 eine große Bedeutung. Als Folge der Schweinepest wurden in Niedersachsen 700.000 gesunde Tiere vorsorglich notgeschlachtet. Die betroffenen Bauern bezeichnen die Aktion als Riesensauerei. Die Zahl der AIDS-Fälle stieg 1994 von 2,5 auf 4 Millionen.""Während die Landesbehörde in Nordrhein-Westfalen dem Projekt in ihren Berichten seit 1994 ganze Kapitel widmet, findet sich im Bundesverfassungsschutzbericht erstmals 1995 eine kurze Erwähnung der Jungen Freiheit. Als Zeitung, "die rechtsextremistischen Autoren ein Forum gab, indem entsprechende Beiträge und Interviews abgedruckt wurden", wird sie als Beispiel für Zeitschriften angeführt, die eine "bedenkliche Erosion der Abgrenzung zwischen Demokraten und Extremisten" zeigen."Und wirklich ist die Herstellung einer kulturellen Hegemonie durch ein Verschieben des politischen Klimas nach Rechts erklärtes Ziel der Jungen Freiheit So sollte auch mit der Einrichtung von Leserkreisen das aktive Engagement der deutschen Rechtsintellektuellen in der Politik gefördert wie gebündelt werden und so nach Meinung der Redaktion "als Teil einer Offensive, in deren Mittelpunkt das Projekt Junge Freiheit steht", Einfluß auf die politische Stimmung in der Bundesrepublik nehmen."Anfang 1992 verwies Dieter Stein auf "einige sehr erfreuliche neue Aktivitäten im nationalkonservativen vorpolitischen Raum" und stellt neugegründete Leserkreise der Jungen Freiheit in Stuttgart, München, Gießen und Dortmund vor. Gleichzeitig wurde die Rubrik "Kleinanzeigen" zum öffentlichen Kommunikationsforum der Zirkel, die dort unter Namen wie "Junge Freiheit Leserkreis Berlin" oder "Konservativer Gesprächskreis Hannover" nach neuen Teilnehmern suchten. Die von der Jungen Freiheit auch im Sinne einer engeren Leser-Blatt-Bindung und zur Steigerung des Bekanntheitsgrades der Zeitung initiierte rechte Graswurzelbewegung umfaßte nach Angaben der Zeitung im Juli 1994 bereits 47 Kreise mit 1000 Teilnehmern. Erfreulich sei dabei, so Kopp, daß hier parteipolitische Differenzen keine Rolle spielten und "die von totalitären Parteistrategen gewünschte ,scharfe Abgrenzung' zwischen CDU-Mitgliedern und Angehörigen rechtsgerichteter Gruppen nur mit einem Lächeln quittiert wird.""Später bereitete gerade diese Tatsache der Jungen Freiheit Probleme. Nachdem bereits seit Anfang 1995 keine Kleinanzeigen der Leserkreise mehr veröffentlicht worden waren, erklärte die Redaktion im Juni 1996 ihre Zusammenarbeit mit den Zirkeln offiziell für beendet. Kurz zuvor hatte die JF ihre Klage gegen den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz eingereicht, der in dem Engagement eine geschickte Strategie vermutete: "Während die Zeitung selbst sich mehr und mehr zurücknimmt, antidemokratisches Gedankengut z.B. überwiegend in Anspielungen transportiert, treten in den Leserkreisen [...] Rechtsextremisten auf, die vertiefen, was die Zeitung taktisch offen läßt." Zwar gibt es nun keine offiziellen Leserkreise der Zeitung mehr, ihre Idee einer rechten Graswurzelrevolution verfolgt die Redaktion jedoch weiterhin, wie sie gleich anschließend betonte: "Nichtsdestotrotz wird die JF weiterhin konstruktive Arbeit in den zahllosen, seriös arbeitenden unterschiedlichsten Kreisen und Gruppen publizistisch mit Sympathie begleiten und unterstützen.""Bei der Vorstellung seiner Ideen für ein Konzept politisch agierender Zirkel hatte Kopp auch auf die Notwendigkeit von Koordinationsgremien hingewiesen: "Diese lokalen Gruppen sollten durch wenige staatsweit konzipierte oder thematisch spezifizierte Arbeitsgemeinschaften [...] ergänzt werden. Es ist sodann zu klären, in welcher Art eine Vermittlungsinstanz oder ,Schaltzentrale' eingerichtet werden soll. "Als solche Kaderschmieden sollten die ab 1993 jährlich von der Jungen Freiheit veranstalteten Sommeruniversitäten wirken, in deren Rahmen man die "Koordination der Leserkreisarbeit als unerläßlichen Programmteil" ansah. So bestand zumindest 1993 ein Großteil der rund 70 Seminarteilnehmer der Veranstaltung in Ravensburg aus Leitern der Leserkreise, mit deren Teilnahme die Junge Freiheit neben einer Vernetzung der Aktivitäten vorrangig ein Ziel verfolgte: "Auf der Seite der Leserschaft wurde das "Wir-Gefühl", also die Identifikation mit der Zeitung verstärkt; seitens der Redaktion der Informationsfluß zur Basis verbessert." "Die mehrtägigen Sommeruniversitäten drehten sich innerhalb von Referaten und Diskussionen ausnahmslos um die Situation und Perspektiven rechtskonservativer Anschauungen und Politik. So resümierte Kopp 1993 euphorisch: Mit dieser Veranstaltung habe man "dem pseudo-demokratischen Lehrmonopol der Friedenspädagogen, Charakterwäschetrommler und liberalextremen Institutionen der politischen Bildung eine konservative Alternative entgegengestellt". Als prominente Redner unter anderem der baden-württembergische Fraktionsvorsitzende und spätere Bundesvorsitzende der Republikaner, Rolf Schlierer, der Landesvorsitzende der sächsischen Paneuropa-Union und CDU-Abgeordnete Günther Brückner und der Politikwissenschaftler Klaus Hornung auf."Die letzte Sommeruniversität der Jungen Freiheit fand 1995 statt. Hatten schon 1993 zahlreiche Demonstrationen und Aktionen von linken Gruppen beinahe das vorzeitige Aus der Tagung zur Folge, mußte die Veranstaltung diesmal aufgrund schlechter Organisation nach zwei Tagen abgebrochen werden. Daraufhin kam es zur Einberufung einer "Freien Deutschen Sommeruniversität", die unter anderen von dem inzwischen nicht mehr für die Junge Freiheit tätigen Hans-Ulrich Kopp organisiert wurde. Vermutlich besuchten auch Leiter von JF-Leserkreisen die Veranstaltung, auf der Vordenker aus ausgewiesen rechtsextremen Kreisen referierten. Die Junge Freiheit jedoch distanzierte sich von der Abspaltung: "Mit der Organisation und Durchführung einer ,Freien Deutschen Sommeruniversitätsakademie', die sich einer JF-Nähe rühmt, hat die JF nichts zu tun." Doch unterhalb solcher offiziellen Verlautbarungen kommt es immer wieder zu personellen Verflechtungen. So referierten 1997 nach Beobachtung des NRW-Verfassungsschutzes mehrere JF-Stammautoren auf einem "Winterkolleg" der "Freien Deutschen Sommerakademie" "Im Sinne dieser Distanzierungen von zu offensichtlichen rechten Umtrieben hatte es zuvor auch schon innerhalb der Jungen Freiheit Kontroversen darüber gegeben, wie die grundsätzlichen Positionen und Ziele über die Zeitung transportiert werden sollten. Der Knall kam 1994 mit der "Ausschwitzlüge". Der rechte Vordenker und ehemalige Sekretär Ernst Jüngers Armin Mohler, seit Wochenzeitungsstart Autor der Jungen Freiheit, hatte im August 1994 in seiner Kolumne die Leugnung des Genozids zumindest angedeutet: "Die einen werden, schon aus Bequemlichkeit, jede Anklage von vornherein als wahr akzeptieren. Die andere Hälfte wird spontan alles für erfunden halten. Dabei liegt die Wahrheit auch hier in der Mitte." Der Artikel wurde, gemeinsam mit einer Entgegnung der Schriftstellerin Salcia Landmann und mal wieder mit einer Distanzierung der Redaktion, veröffentlicht - danach kam es zu einer Reihe personeller Umwälzungen."So entließ Stein im Herbst 1994 den Kulturredakteur Andreas Molau, in dessen Ressort die Kolumne erschienen war und der Mitgesellschafter der "Jungen Freiheit GmbH", Götz Meidinger wurde mit knapper Mehrheit aus der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen und als Geschäftsführer abgesetzt. Beide waren laut Stein Mitglieder der "Ghetto-Fraktion", die eine stärkere Annäherung an das rechte Spektrum befürwortete. Mit Molau und Meidinger verließen aus Protest schließlich auch weitere Redakteure der ersten Stunde die Redaktion. Seitdem werden die Anschauungen der Jungen Freiheit weniger aggressiv vertreten. Zumindest nach außen. Eine ehemalige Mitarbeiterin der Jungen Freiheit, die diese Kontroversen direkt miterlebt hat, meinte 1996 in einem taz-Interview: "Sie versuchen halt, sich einen modernistischen Anstrich zu geben. Am Ende ist es aber das gleiche. Sie haben nur eingesehen, daß man flotter auftreten muß. Es ist ein Fake.""

 

Alex von Streit"