OTHER

Foto

Zurück auf Null

Seit dem Ende der legendären Originalbesetzung der MISFITS gelten THE OTHER als die international führende Horrorpunk-Band. Die Musiker um Sänger Thorsten Wilms alias Rod Usher sind Gäste auf großen Festivals, spielten vor Alice Cooper und veröffentlichten mit „The Devils You Know“ 2012 ein Album, das für Aufsehen sorgte. Umso überraschender war von THE OTHER danach kaum mehr etwas zu vernehmen. Die Konzerte wurden weniger, von einem neuen Album ist bis heute keine Rede. Besorgt und mit der Bitte um Aufklärung baten wir den Frontmann zum Gespräch.

Thorsten, das Album „The Devils You Know“ von 2012 war euer bislang größter Wurf. Alle waren gespannt, was als Nächstes kommen würde. Und plötzlich ist es still um THE OTHER. Was ist los mit der Speerspitze des Horrorpunk?


Tja, wenn ich bislang Interviews gegeben habe, war es ja meist so, dass ich davon berichten konnte, wie geil es läuft, welche tollen Gigs wir spielen und wie schön alles ist. Dieses Mal aber muss ich sagen: 2013 lief es zum ersten Mal seit Bestehen der Band so richtig beschissen. 2013 war der absolute Tiefpunkt. Das war ein schlimmes Jahr. Mein Traum – die Band – war akut gefährdet. So etwas möchte ich nicht noch mal erleben.

Was war passiert?

Es gab einen Neustart, der holprig verlief. Und wenn dein Leben an so einer Band hängt und sich solche Umbrüche ereignen, dann ist das wie eine Scheidung mit mehreren Partnern. Wir hatten, nachdem unser ehemaliger Bassist Mirko uns seinerzeit verlassen hatte, mit seinem Nachfolger Roland jemanden in der Band, der uns richtig weit nach vorne brachte. Er war ein Glücksfall für THE OTHER, ein fantastischer Musiker, der Aufbruchsstimmung verbreitet hat. Das hört man „The Devils You Know“ ja auch an. Aber plötzlich hatte er keine Lust mehr aufs Touren und auf Punkrock und verabschiedete sich. Zudem verließ uns relativ spontan auch noch unser Gitarrist Sarge von Rock, ein Gründungsmitglied und alter Freund von mir. Er hat geheiratet, ist Vater geworden und nach Flensburg gezogen.

Die Masche „Mund abwischen, weitermachen“ zog nicht?

Nein. Man denkt zwar immer, man könnte so etwas kompensieren. Aber weil THE OTHER immer eine Band gewesen sind, in der Freunde zusammen gespielt haben, tat es besonders weh. Da denkt man, jetzt erreicht man ein anderes Level und ganz plötzlich gibt es diesen Tritt in den Hintern und du stehst da und fühlst dich, als ob du wieder wie vor der ersten Platte im Proberaum rumhängst. Wir mussten dann ja auch die Tour mit BETONTOD absagen, die schon gebucht war und die natürlich eine Riesensache für uns gewesen wäre. Stattdessen kam das große Loch.

Trotzdem habt ihr mittlerweile zwei neue Gitarristen und einen neuen Bassisten.

Unseren Gitarristen Fabian – Jack Saw – habe ich übers Internet kennen gelernt. Er ist Metalhead, hat Feuer unterm Hintern, ist 21 Jahre jung und könnte damit mein Sohn sein, haha. Ben, dessen Bühnenname Ben Crowe ist, hatte sich über eine Music-Store-Anzeige beworben. Er spielt bereits in einer Alice Cooper-Coverband, was natürlich bestens passt. Mittlerweile haben wir auch einen neuen Bassisten, der hier aus der Gegend um Köln herum kommt, den wir demnächst noch vorstellen.

Bei aller Klage, das hört sich doch gut an.

Sicher. Manchmal musst du dich als Band eben auch mal verjüngen, wenn es bei den Älteren plötzlich auf Job, Familie, Kinder hinausläuft. Ist ja auch völlig in Ordnung. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Dafür habe ich Verständnis. Aber das Problem für die Band, die zurückbleibt, ist dabei natürlich: Du musst jedes Mal bei null anfangen. Anstatt neue Songs zu schreiben und Auftritte zu buchen, musst du erst mal neue Bandmitglieder anlernen. Und man muss die Freundschaft untereinander erst noch entwickeln.

Man merkt, wie sehr du um die Band kämpfst und versuchst, sie am Laufen zu halten. Inwiefern betrachtest du sie als dein Baby?

Die Band ist schon irgendwie mein Baby, aber ich habe sie nie als allein meine Band angesehen. Es geht mir einfach darum, auf der Bühne zu stehen und mit allen gemeinsam eine perfekte Show abzuliefern. Jeder hat eben seine Hobbys. Und meines ist es, vor möglichst vielen Leuten Punkrock zu spielen. Wir haben mit THE OTHER über die Jahre eine Professionalität erlangt, die ich nicht aufgeben will. Immer mehr Leute zahlen immer mehr Geld, um uns zu sehen. Da will ich nicht spielen wie damals als Schüler, als wir angefangen haben. Dazu nehme ich die Sache zu ernst.

Wie kurz standen THE OTHER vor der Auflösung?

In der Tat habe ich mehrfach daran gedacht, die Band an den Nagel zu hängen. Ich habe mich gefragt, wo ich jetzt stehen könnte, wenn ich von Anfang an auf eine Karriere im Job gesetzt hätte – ich habe meine Arbeit ja immer auf die Band ausgerichtet, während andere in ihrem Beruf weiter gekommen sind. Aber letztlich ist es immer darauf hinausgelaufen, das ist keine Option für mich. Solange jemand THE OTHER hören will, mache ich weiter. Jetzt werden wir eben mit der neuen Besetzung durchstarten.