ALASKAN

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Die Auswirkungen familiärer Gewalttaten

Gerade im Post-Metal sind ganzheitliche Konzepte beliebt, die Musik steht häufig nicht mehr nur für sich. Das geht manchmal so weit, dass sich Sound und Visualisierung nicht mehr voneinander trennen lassen. „Despair, Erosion, Loss“, die neue LP der Kanadier ALASKAN, lässt sich zwar auch wunderbar hören, ohne dabei die zugehörigen Bilder zu betrachten, aber mit ihnen wird alles noch viel spannender. Sänger Gary erklärt uns, was es mit der Fotoserie zum neuen Album auf sich hat.

Gary, welche Beziehung besteht zwischen eurer Band und der gleichnamigen Hunderasse?


Haha, eine sehr interessante Frage. Es besteht allerdings keinerlei Verbindung zu den Hunden. Der Name klingt eben kalt und leer, kahl und düster.

Das Artwork eures neuen Albums ist unglaublich faszinierend und beängstigend zugleich. Zudem vermittelt es ein treffendes Bild eures Sounds.

Ich bin im Internet auf die Bilder gestoßen. Der Fotograf heißt Niki Feijen. Ich fand sofort, dass er mit seinen Bildern genau das eingefangen hat, was wir auf „Despair, Erosion, Loss“ ausdrücken wollen. Ich zeigte Cory und Scotty die Fotos und sie waren auch sofort begeistert. Wir einigten uns auf einige davon für das Artwork und kontaktierten Niki. Anschließend stellten wir unserem Label das Konzept vor, schließlich musste es ja auch finanziert werden. Timo und Basti von Alerta Antifascista haben uns aber in jeder Hinsicht unterstützt. Außerdem kümmerten sie sich darum, dass Niki dafür, dass wir seine tollen Bilder verwenden, auch adäquat bezahlt wurde. Übrigens kann man auf seiner Homepage artofurbex.com einen Eindruck von seinen weiteren Arbeiten bekommen.

Du erwähntest euer deutsches Label Alerta Antifascista. Wie ist der Kontakt seinerzeit zustande gekommen?

Wir sind auf Timo von Alerta Antifascista gestoßen, weil er für uns bei unserer ersten Europatour im Jahr 2011 den Van gemietet hat. Er bat uns nach der Tour, sich wieder bei ihm zu melden, sobald wir ein neues Album fertig hätten. Er kam uns in jeder Hinsicht entgegen und nun freuen wir uns riesig, zur Alerta Antifascista-Familie gehören zu dürfen.

Demnach lief eure Europatour im Frühjahr 2014 gut?

Oh ja, die Tour war total aufregend. Alles war super organisiert und die Shows waren ziemlich gut besucht. Wir haben mit vielen tollen unterschiedlichen Bands zusammenspielen dürfen und konnten eine Menge Freundschaften schließen. Insgesamt war es eine unglaubliche Erfahrung und wir können es gar nicht erwarten, irgendwann in der Zukunft wieder hierher zu kommen. Vermutlich wird diesmal auch nicht so lange bis zur nächsten Tour dauern. Wirklich beeindruckend an Europa ist ja die Architektur in Verbindung mit ihrer Geschichte. Bei uns zu Hause ist das anders, schließlich ist das Alter unseres Landes kaum mit Europa zu vergleichen.

Dafür aber blüht bei euch daheim gerade die Szene, so erscheint es zumindest. Woran liegt es, dass derzeit unzählige tolle Bands ähnlicher Prägung, also Post-Metal, Doom oder Sludge, aus Ottawa und Umgebung kommen?

Ich denke, in vielen Städten ist es ebenfalls der Fall, dass es Hochs und Tiefs gibt. Im Moment allerdings erleben wir hier definitiv eine Hochphase. Es gibt gerade eine Menge Leute, die die Szene unterstützen. Außerdem arbeiten die ganzen Bands sehr hart.

Kann diese Entwicklung vielleicht auch auf die Umgebung zurückzuführen sein? Das Klima und die tiefen, endlosen Wälder laden nicht gerade dazu ein, fröhliche Musik zu machen.

Da bin ich mir nicht sicher. Allerdings ist es bei uns in Ottawa so, dass die Stadt an sich immer Gegenstand des künstlerischen Ausdrucks gewesen ist, und das trotz des konservativen Gepräges. Vielleicht provoziert die konservative Stadtverwaltung auch gerade die künstlerische Auseinandersetzung.

Die Texte des Vorgängeralbums waren allesamt recht uneindeutig, sie ließen dem Hörer einen großen Interpretationsspielraum. Beim neuen Album ist die Sache insofern etwas konkreter, da ihr jedem einzelnen Text den Namen einer Person zusammen mit den Lebensdaten zugeordnet habt. Allesamt Mordopfer und Selbstmörder. Lässt sich nun hinter ALASKAN ein bestimmtes Konzept erkennen?

Als wir das Album schrieben, hatten wir nicht wirklich ein Konzept im Kopf, allerdings standen Begriffe wie Leid und Elend immer im Raum, schließlich wird man damit ständig konfrontiert. Als ich auf der Suche nach Ideen für unsere Texte die Zeitungen durchblätterte, stieß ich auf einige Artikel über unglaubliche Gewalttaten. Je mehr ich mich damit beschäftigte, desto deutlicher wurde, was ich mit den neuen Songs ausdrücken möchte. Dann teilte ich der Band meine Idee für das neue Album mit und sie waren damit einverstanden. Nun war klar, dass es eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen familiärer Gewalttaten werden würde. Dabei steht der Begriff der Familie nicht für das klassische Konzept, er ist eher als die Vorstellung eines unerreichbaren Zustands zu verstehen.