KAFKAS

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Ist das noch Punkrock?

Seit ich die KAFKAS aus Fulda mit ihrem 1999 erschienenen dritten Album „Sklavenautomat“ kennen lernte, waren sie immer irgendwie Teil meines Lebens. Auch die Entscheidung, kein Fleisch mehr zu essen, wurde durch die Band, speziell durch dieses Album, mit beeinflusst. Nun gibt’s ein neue EP, ein Longplayer scharrt in den Startlöchern. Zeit also, Markus Gabi Kafka einmal mehr zum Gespräch zu bitten.

Markus, was hat sich seit unserem letzen Interview bei dir, bei euch so getan?

Wir haben viele Konzerte gespielt und fleißig an neuen Songs gearbeitet. Seit Ende 2010 ist Thorsten als Gitarrist fest an Bord. Wir haben im letzten Jahr angefangen, ein bisschen live zu experimentieren und auch reine Elektro- und Unplugged-Konzerte zu spielen. Es ist gerade alles ziemlich spannend. Mal sehen, was so kommt.

Ihr habt auch eine neue EP am Start.

Ja, es sind sechs neue Songs – die EP gibt es auf limitiertem, farbigen Vinyl, CD und als Download.

Ein Album ist ebenfalls in Planung?

Eigentlich sollte das Album im September kommen. Das Feedback auf die EP ist allerdings deutlich größer und besser als allseits erwartet, was zum einen den Release der EP nach hinten verschoben hat, aber auch das dafür erforderliche zeitliche Pensum vergrößert hat. Wir kümmern uns jetzt erst mal intensiv um die EP und fangen dann erst an, die Albumveröffentlichung anzugehen. Genug Songs sind schon im Kasten. Nur müssen wir jetzt erst einmal alles für die EP regeln.

Ihr macht das alles wieder selbst auf dem eigenen Label?

Ja, diese Entscheidung habe ich aber schon bitter verflucht in den letzten Wochen, haha. Es gab zwar ein paar interessante Angebote, doch wir hatten uns dann dazu entschlossen, die EP doch selbst zu veröffentlichen. Ich hatte leider fast vergessen, wie viel Arbeit das doch macht. Doch die ersten Reaktionen sind sehr gut, was uns natürlich freut.

Die musikalische Entwicklung, die sich auch schon auf „Paula“ abgezeichnet hat, zieht sich konsequent fort. Sag mal, ist das noch Punkrock?

Also, wenn man Inhalte als Maßstab setzt, dann waren wir entweder niemals Punkrock oder sind es immer noch. Wenn man die Musik alleine betrachtet, sind wir sicherlich keine Deutschpunk-Band. Wir klingen laut Medienvertretern eigen und durchaus speziell und sind nicht klar einzuordnen, aber wir machen genau das, was ich wollte und möchte. Ich fühle mich mit unseren Songs so wohl wie nie zuvor. Wir müssen in Sachen Punkrock niemanden etwas beweisen.

Ihr seht euch also in keiner speziellen Schublade?

Unser Publikum ist sehr breit gefächert und in ganz unterschiedlichen Bereichen zu Hause. Da gibt es keine Szene-Codierungen und keine trendige Coolness. Das finden wir auch sehr gut so. Mich interessieren diese musikalischen Einteilungen eigentlich gar nicht. Das finde ich zu limitierend und langweilig. Mir geht es um die Songs selber. Egal, was andere dann darüber sagen oder wo sie das einordnen möchten. Ich mag emotionale Momente und treibende, packende Refrains. Ob das dann in einem Punk- oder Pop-Kontext passiert, finde ich dabei nicht wichtig.

Die EP heißt „Lebenslang“, Songs zum Beispiel „Ich tanze nackt“. Um was dreht es sich inhaltlich?

Was die Texte angeht, so hat sich bei uns wahrscheinlich nichts Grundsätzliches geändert. Es ist das zu finden, was mich einmal bewegt hat oder mir begegnete. Wir wollten möglichst keine von uns erwarteten Klischees erfüllen und uns jenseits der aktuellen Trends positionieren. Man kann die Texte auf zwei unterschiedlichen Ebenen hören und interpretieren. Sie haben einerseits eine recht direkte Interpretationsebene als auch noch eine andere, tiefergehende Variante. Was sie beim jeweiligen Hörer auslösen und wie sie verstanden werden, ist somit sehr unterschiedlich.

Sind die KAFKAS 2014 zahmer geworden, persönlicher?

Nein! Eigentlich sind wir noch nie so unangepasst gewesen wie jetzt. Wir haben uns bewusst für ein Leben zwischen den für uns unbequemen Stühlen entschieden. Wir machen entschieden unsere ganz eigene Sache. Wir klingen nicht wie bestimmte Bands einer ausgewählten Clique. Wir hätten auch eine Punkrock-Platte aufnehmen können, so wie es der Punkrock-Leitfadenkatalog vorschreibt – aber das wollten wir nicht. Genauso wenig haben wir uns an eine Pop-Fraktion angebiedert. Wir haben das gemacht und sagen das, was wir möchten, woran wir glauben und wofür wir stehen. Es gibt Regeln im Musikgeschäft, die wir entschieden mit Füßen treten – mehr denn je, würde ich sagen. Klar gibt es dann auch Leute, die das gut finden und sagen, dass sie genau darauf gewartet haben – aber das ist dann nicht das Ergebnis von Angepasstheit.

Tierschutz spielt in deinem Leben nach wie vor eine große Rolle. Wie sieht das im Bandkontext aus? Sind deine Bandkollegen vegan? Ist das wichtig für dich?

Mir ist es wichtig, dass ich mit Leuten Musik mache, die ich zu schätzen weiß. Meine Bandkollegen sind auf alle Fälle wirklich besondere und großartige Menschen. Ich denke, es war großes Glück, solche Leute zu finden. Tierrechte sind uns allen wichtig. Da sind wir uns einig. Was ja nicht nur in unseren Songs zum Vorschein kommt. Wenn wir jemanden neu in der Band aufnehmen würden, würden wir nicht sagen, dass jemand bereits Vegetarier sein muss – die Chance sich zu verändern und das eigene Handeln reflektieren zu können, muss man jedem zusprechen. Sonst würde es bedeuten, dass alles so bleibt wie es ist – und das wäre nicht das, was wir wollen. Dass wir ein Herz für die Schwächsten unserer Gesellschaft haben, zeigt sich aber sicherlich an vielen Stellen, so dass es jemanden mit einer völlig anderen Einstellung bei uns wahrscheinlich gar nicht gefallen kann.