VOICE - Kampf für Tierrechte

Während jeden Tag das Leben unzähliger Rinder, Schweine, Hühner, Fische und vieler anderer Tiere für den menschlichen Konsum ausgelöscht werden, gibt es Menschen, die sich fast während ihrer kompletten Freizeit für Tierrechte einsetzen. Um Tieren ohne Lobby eine Stimme zu verleihen wurde 1995 die Zeitschrift VOICE mit einer Startauflage von 50 Exemplaren ins Leben gerufen - heute liegt man bei 1.200 Heften. Dass ein engagierter Aktivist kein bornierter Asket sein muss, bewies der sympathische Chefredakteur des Tierrechtsmagazins Andreas Hochhaus in einem Gespräch über VOICE und ANIMAL LIBERATION.

Andreas, welches Ziel verfolgt ihr bzw. du mit VOICE?


" VOICE will die internationale Tierrechtsbewegung dokumentieren und somit aufzeigen, was gegen Tierausbeutung getan wird bzw. getan werden kann. Es ist nicht das Ziel des Magazines über Lebendtiertransporte, Massentierhaltung oder Tierversuche zu informieren. Das sehen die Menschen auch im Fernsehen oder können es in anderen Zeitschriften wie "du und das Tier" vom Deutschen Tierschutzbund lesen. Dem VOICE-Magazin geht es darum, aufzuzeigen, was gegen dieses Unrecht unternommen wird und will die LeserInnen animieren, selbst aktiv zu werden."

Wie viele Mithelfer hat VOICE?


"Das ist schwer zu sagen. Im Impressum stehen derzeit sechs Leute: Rosemarie ist für die Buchhaltung und den Versand zuständig. Leane liest Korrektur und erspart mir damit viele peinliche Tipp-Fehler. Helmut hilft, was die Buchhaltung bzw. unser Konto in Österreich angeht. Stefan und Hendrik versorgen mich hin und wieder mit Informationen und Bildmaterial. Es bleibt jedoch noch viel Arbeit für mich übrig. Wenn sich eine kompetente Person finden sollte, die aktiv an der Voice mitarbeiten möchte, ist diese herzlich willkommen!"

Wie finanziert sich VOICE?

"Wir haben immer noch finanzielle Schwierigekeiten, nur nicht mehr so extrem wie noch vor einem Jahr. VOICE finanziert sich zum einen durch die Abo-Beiträge, zum anderen durch Anzeigen und auch durch mein Gehalt als DTP-Operator. Ohne die privaten Zuwendungen kann das Heft aber noch immer nicht überleben, wenn die Qualität nicht darunter leiden soll."

Was ist deine Motivation VOICE auch weiterhin zu betreiben?

"Der Glaube, dass jeder Einzelne etwas bewirken kann und die Überzeugung, dass wir ethisch-moralisch dazu verpflichtet sind, Schwächeren die Hand zu reichen - egal ob Mensch oder Tier."

Wie groß würdest du die TierrechtlerInnen-Szene in Deutschland schätzen?

"Schwer zu sagen... Vielleicht hundert, vielleicht hundertfünfzig Leute, vielleicht aber auch viel weniger. Es ist wirklich sehr schwer einzuschätzen. Ich glaube, dass sich die Tierrechtsbewegung momentan wieder in einem Boom befindet nach der Talfahrt durch den enormen Crash bei "Animal Peace". Ich hoffe, dass der Trend anhält und es wieder zwei- oder dreihundert Leute werden, die der Bevölkerung zeigen, dass Tiere keine Sachen sind."

Bist du der Meinung, es ist positiv, wenn vegane/vegetarische Produkte möglichst überall angeboten werden und somit für eine breitere Masse zugänglich sind, oder findest du, dass man diese auch nur dort kaufen sollte, wo es ausschließlich vegane Produkte gibt?


"Ich halte es für richtig, rein vegane oder auch rein vegetarische Geschäfte zu unterstützen und dort einzukaufen. Ich halte es aber auch für wichtig, vegetarische bzw. vegane Produkte in Supermärkten zu kaufen. Denn dort kauft "Otto Normalverbraucher" nun mal ein. Wenn dort keine vegetarischen oder veganen Produkte angeboten werden, schneiden wir uns selbst - oder besser: den Tieren - ins Fleisch. Im Interesse der Tiere sollten wir meiner Meinung nach daher auch in Supermärkten vegane Produkte kaufen, denn nur dann werden sie fest ins Sortiment aufgenommen und wir haben bessere Chancen, den Menschen die pflanzliche Lebensweise näher zu bringen."

Sind Tierrechte und das Leiden von Tieren solange "egal", bis es jedem Menschen auf der Erde gut geht?

"Diese Meinung vertreten viele Menschen. Aber das ist meiner Meinung nach ebenso ethisch-moralisch falsch wie die Ansicht, das Leid anderer Menschen sei unwichtig, solange es mir selbst gut geht. Wenn jeder Mensch sich selbst der nächste ist bzw. alle nach dem "Nach mir die Sintflut"-Masche leben, werden sich die Zustände auf diesem Planeten niemals ändern."

Blockiert der Einsatz für Tiere den Einsatz für Menschen?

"Nein, ganz bestimmt nicht. Sich für Tierrechte einzusetzen, bedeutet schließlich nicht, die Rechte der Menschen zu beschneiden. Die Rechte der Tiere werden lediglich aufgewertet - nicht die der Menschen abgewertet. TierrechtlerInnen kämpfen - wie MenschenrechtlerInnen - für Gerechtigkeit. Warum sollten sich diese beiden - in meinen Augen in dieselbe Richtung strebenden Bewegungen - gegenseitig behindern? Behindert die Bewegung für den Erhalt der tropischen Regenwälder die Bewegung für den Erhalt unserer heimischen Natur?"

Hat sich deiner Meinung nach in den letzten 10 Jahren etwas deutlich verbessert für die "Nutz-Tiere" in Deutschland?

"Nicht wirklich. Zumindest nicht in Deutschland. In der Schweiz wurden Legebatterien abgeschafft. In Deutschland bezeichnete das Bundesverfassungsgericht Legebatterien zwar als gegen das Tierschutzgesetz verstoßende Haltungsform, weigerte sich jedoch, die Käfighaltung grundsätzlich zu verbieten. Was wir nun haben ist eine noch schwammigere Rechtslage, die uns die Arbeit an Infoständen nur erschwert hat. Der Tierschutz wurde immer noch nicht ins Grundgesetz aufgenommen. Tierversuche in der Kosmetikindustrie sind zwar bundesweit verboten, doch das EU-Recht hat hier Vorrang - und das erlaubt die Versuche am Tier noch immer. Ich weiss leider wirklich nicht, was sich in den vergangenen zehn Jahren in Sachen Tierschutz verbessert haben soll."

Du hast auch sehr viele internationale Artikel in deinem Heft - Ist die Tierrechtsbewegung international organisiert und zieht an einem Strang?

"Die internationale Tierrechtsbewegung könnte wirkllich besser zusammenarbeiten, aber das ist ja eines der Ziele, die das VOICE-Magazin anstrebt: Die LeserInnen sollen sehen, wie TierrechtlerInnen in anderen Ländern ähnliche oder gar die selben Probleme aufgreifen und angehen. Wie reagiert die Bevölkerung darauf? Wie die Politik?"

Die Tierrechtsbewegung wird oftmals als militant und intolerant bezeichnet - was ist deine Meinung dazu?

"Es ist nicht leicht tolerant zu sein, wenn es um Leben oder Tod geht. Aber Toleranz ist insofern wichtig, dass viele Menschen das Ganze eben nicht so eng sehen wie wir TierrechtlerInnen. Von daher legen diese Menschen eben auch viel Wert auf Toleranz. Ausserdem müssen wir bedenken, dass wohl der Großteil von uns mit Fleisch, Milch, Eiern etc. großgeworden ist. Und wer kann und will sich schon von einer Minute auf die andere um 180 Grad drehen? Insofern müssen wir - auch im Interesse der Tiere - Toleranz üben. Es ist ganz eindeutig eine Gratwanderung, ein sehr beschwerlicher Weg."

Die Tierrechtsbewegung wird häufig in ein kriminelles Licht gedrängt. Worin bestehen die juristischen Schwierigkeiten und wie verlaufen die Repressionen von Seiten des "Staates"?

"Wie so oft haben Gesetze nicht viel mit Gerechtigkeit, Ethik oder Moral zu tun. Daraus ergeben sich Gesetze, die mensch aus ethisch-moralischer Sicht befolgen sollte und solche, die mensch lieber nicht befolgen sollte. Nicht nur in der Tierrechtsbewegung kommen da einige Menschen in rechtliche Schwierigkeiten. Die Tierrechtsbewegung ist in Deutschland noch recht jung. Von daher kann noch nicht viel über Repressionen von Seiten des Staates gegen die Tierrechtsbewegung gesagt werden. Klar ist, dass es einige angezapfte Telefonanschlüsse gibt und auch, dass es den ein oder anderen V-Mann gab. Aber in anderen linkspolitischen Bewegungen kann mensch weitaus mehr über Repressalien klagen als in der deutschen Tierrechtsbewegung. Bei uns in Deutschland gibt es jedenfalls noch keine Polizei-Sondergruppe gegen die Tierrechtsbewegung, wie dies seit vielen Jahren in Großbritannien der Fall ist."

Wenn jemand ausser seiner Ernährungsweise für Tierrechte aktiv werden möchte, was würdest du ihm/ihr raten?

"Am besten eine Kleinanzeige mit Chiffre-Nummer in einer Tierrechtszeitschrift aufgeben und nach Gleichgesinnten in der Umgebung suchen. Der Rest ergibt sich oft von selbst. Und ganz wichtig: Nur soweit aktiv werden, wie es sein oder ihr Innerstes zulässt. Viele lassen sich durch andere AktivistInnen zu Taten hinreissen, zu denen sie eigentlich - noch - nicht bereit sind."

Für welche Bands kannst du dich begeistern?

"Ich höre Bands der verschiedensten Musikrichtungen gerne, MOBYs Punkrock-Album "Animal Rights" etwa ist wirklich klasse, aber auch seine neuen Songs, die mit Punk nicht allzuviel zu tun haben, höre ich gern. Was deutschen Punk angeht, höre ich KAPITULATION B.O.N.N. und die KAFKAS sehr gerne. DRITTE WAHL höre ich auch gerne, ebenso die BAFFDECKS, die wohl in Richtung Hardcore gehen. Ebenfalls zu meinen Favoriten zählen derzeit COURSE OF ACTION, aber auch CLAWFINGER und andere X-Over-Band."