CANCER BATS

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Alles auf null

Die Songs der CANCER BATS handeln oft von den dunklen Seiten des Lebens. Wer dahinter depressive Miesepeter erwartet, liegt jedoch weit daneben. Mit „Searching For Zero“ hat sich die Band aus Toronto, Kanada auf die Suche nach ihrem „true zero“ begeben – dem Nullpunkt, an dem man alles Negative hinter sich lässt und in eine positive Zukunft blickt. Vor allem Sänger Liam Cormier erwischt man sowieso nie mit schlechter Laune und so spricht er auch gerne über das fünfte Album seiner Band und darüber, wie das BLACK SABBATH-Coverprojekt BAT SABBATH die neuen Songs beeinflusst hat.

Liam, würdest du sagen, dass „Searching For Zero“ ein typisches CANCER BATS-Album ist?


Ich denke schon. Es sind immer noch wir vier. Wir tun, was wir lieben, und haben Spaß daran, Songs zu spielen. Das ist also wie immer. Was die Sounds angeht, handelt es sich jedoch schon um eine weiterentwickelte Version der Band. Nach zehn Jahren haben wir es als Band, Musiker und einfach als Menschen weit gebracht. Es ist also auf jeden Fall typisch CANCER BATS, aber auch eine Erweiterung dessen, was wir bisher gemacht haben.

Als ihr „Dead Set On Living“ aufgenommen habt, seid ihr quasi mit bereits fertigen Songs ins Studio gegangen. Wie lief das dieses Mal ab?

Sehr ähnlich. Mit jedem Album, das wir schreiben, werden wir besser, was das angeht. Wir lernen aus unseren Fehlern. Eine der wichtigsten Lektionen ist, dass man nie vorbereitet genug sein kann, wenn man ins Studio geht. Wir hatten das komplette Album bereits als Demo aufgenommen und ich konnte die Texte schon auswendig. Wir sind also wirklich gut präpariert ins Studio gekommen, wo unser Produzent dann unsere Ideen umsetzen und noch einiges verbessern konnte. Das hätte, schätze ich, nicht funktioniert, wenn wir es anders angegangen wären. Jedem, der das liest, rate ich also: Junge Bands, seid besser vorbereitet, als ihr es je für möglich gehalten hättet, haha!

Während eurer Zeit im Studio habt ihr jeden Tag einen Song aufgenommen. Welche Vorteile, eventuell auch Nachteile hatte das?

Ich finde, dass das riesige Vorteile hatte. Wir haben die Drums natürlich extra aufgenommen, das hätten wir sonst nicht alles geschafft. Das Gute ist, dass man jeden Song anders angehen kann. Man kann für jeden Song einen anderen Sound wählen, anstatt sich nur schnellstmöglich durchzuarbeiten. Sonst sagt man: So klingt der Bass super, nehmen wir einfach jeden Song damit auf. Aber jetzt haben wir uns über jeden Song einzeln Gedanken gemacht und mit verschiedenen Gitarren- und Bass-Sounds und Gesangsstilen herumprobiert. Es war cool, sich darauf konzentrieren zu können. Ich wünschte nur, dass wir die Drums genauso hätten aufnehmen können. Es wäre schön gewesen, etwas mehr Zeit zu haben und eventuell zwei Tage pro Song investieren zu können. Das zeitliche Limit war der einzige Nachteil. Aber dafür ist das Ergebnis großartig geworden!

Ihr habt einen sehr organischen, LoFi-angehauchten Sound gewählt.

Das war die Idee unseres Produzenten Ross Robinson. Er hat viel über unsere Band recherchiert und war angetan von der Aggression und der Energie, die bei unseren Live-Shows rüberkommt. Er sagte: „Ihr klingt sehr einzigartig. Selbst wenn ich nur ein Handyvideo auf YouTube anschaue, fühle ich diesen Vibe. Das wurde noch nicht so richtig festgehalten und vollständig genutzt.“ Es ist ein riesiger Unterschied, ob man gut im Studio oder gut in einem Keller klingt. Es war wirklich interessant zu sehen, wie Ross die verschiedenen Elemente dekonstruiert. Wir hatten uns auf Studioarbeit eingestellt, aber er wollte, dass alles so krass und verrückt klingt wie bei einer kleinen Show. Es war cool, jemanden mit dieser Perspektive zu sehen, denn letztendlich ist es die Perspektive eines Fans. Jeder, der unsere Band mag, liebt unsere Live-Shows.

Meinst du, dass sich einige Leute erst daran gewöhnen müssen? Dieser Sound ist schließlich nicht üblich bei der Art Musik, die ihr macht, und viele könnten sich etwas „Glatteres“ wünschen.

Ja, ich glaube, die Fans werden ein paar Durchläufe brauchen. Es wird nicht so sein, dass sie „Dead Set On Living“ hören und danach „Searching For Zero“ und es sofort schlüssig klingt. Wir wollten jedoch nicht, dass es so klingt wie „Dead Set On Living – Part Two“. Nachdem wir so zufrieden mit diesem Album waren, wollten wir nicht einfach zurück ins Studio gehen und es gewissermaßen kopieren.Wir hatten keine Angst davor, das Album so zu machen.

Ihr habt euch immer irgendwo zwischen Punk, Metal und Hardcore bewegt. Wolltet ihr mit „Searching For Zero“ einen bestimmten Stil verfolgen?

Nein, eigentlich möchten wir immer noch diese drei Genres umfassen, sogar beim Schreiben. Wir wollten kein reines Stoner-, Metal- oder Punk-Album machen. Es ist eine wichtige Eigenschaft unserer Band, dass wir die verschiedensten Stile miteinfließen lassen können. Das schätze ich besonders und deswegen haben wir beim Schreiben auch sehr bewusst darauf geachtet.

Du scheinst dich mit deiner Singstimme inzwischen sehr viel wohler zu fühlen. Inwiefern hat euer Nebenprojekt BAT SABBATH das beeinflusst?

Insofern, dass ich einfach lernen musste zu singen, haha. Mein natürlicher Instinkt wäre wohl immer, mich einfach überall durchzuschreien. Es hat also eine Weile gedauert zu lernen, wie man diese Songs singt und live spielt. Bei vielen der Ozzy-Songs kann man nicht einfach die ganze Zeit headbangen oder im Circle Pit im Kreis rennen. Wenn wir als BAT SABBATH spielen, haben viele Leute einfach nur Spaß daran, dabei zu sein und das alles zu beobachten. Da gibt es nicht viel Moshing, obwohl der Raum voll mit verrückten Typen ist. Nimm nur „War pigs“ – da wird nicht gemosht und ich singe ganz alleine, und trotzdem ist es kraftvoll. Viele der Songs haben mir dabei geholfen, mich mit diesem Gesangsstil wohler zu fühlen. Und dann dachte ich, dass ich so etwas auch bei CANCER BATS machen könnte. So sehr ich die Dynamik unserer Shows auch liebe, ist es toll, auch ruhigere Songs spielen zu können, die dennoch kraftvoll sind.

Woher kommt eure Liebe zu BLACK SABBATH überhaupt?

Das ist unsere gemeinsame Leidenschaft. Egal, ob wir mit Punkrock oder Metal aufgewachsen sind, wurden wir alle sehr früh von BLACK SABBATH angezogen. Das waren die ersten Alben, die jeder von uns gekauft hat. Scott interessierte sich dann immer mehr für Metal, ich für Punkrock. Es ist cool, dass wir unsere musikalischen Wurzeln zu diesem gemeinsamen Punkt zurückverfolgen können.

Euer Motto während der Arbeit an „Searching For Zero“ war „No more bullshit“, das ist auch ein Songtitel auf dem Album. Was steckt dahinter?

Wir sind an einem Punkt in unserer Karriere angekommen, an dem wir sichergehen wollten, dass wir aus den richtigen Gründen dabei sind. Manchmal macht man Dinge nur noch, weil man sie als seinen Job empfindet. An sich ist die Band natürlich unser Job, aber ich will niemals Verrat an den Gründen begehen, aus denen wir eine Band sind. Wäre ich nur in der Band, weil es eben mein Job ist, dann sollte ich mir lieber einen richtigen Job suchen – da verdiene ich mehr Geld, haha. Wenn Geld der Grund wäre, warum wir das machen, dann müssten echt mal einen Gang zulegen. Von diesem Punkt aus haben wir dann weitergedacht: Wenn wir als Band etwas tun, dann sollten wir es nicht aus Karrieregründen tun, sondern weil es uns einfach Spaß macht. Es war gut, dass wir uns dessen einmal bewusst geworden sind. Nach dem Motto: „Sind alle noch begeistert? Ja? Cool, no more bullshit“, haha.

In deinen Texten geht es oft um düstere und intime Themen wie Tod und Verlust, eine der prägnantesten Zeilen im Song „Arsenic in the year of the snake“ lautet: „Too many friends died this year“. Wie behältst du bei solchen Schicksalsschlägen deine positive Einstellung?

Darüber zu sprechen und mir bewusst zu werden, dass mir diese Dinge sonst schaden würden, hilft mir immer, positiv zu bleiben. Mir diese Dinge von der Seele schreien und mich mit anderen Leuten austauschen zu können, ist eine große Hilfe. Es bedeutet mir viel, wenn Leute auf mich zukommen und sagen: „Ich habe einen schlimmen Verlust erlebt und euer Song hat mir geholfen, das durchzustehen.“ Das ist für mich der ultimative Grund, aggressive Musik zu hören und solche Songs zu singen – es beruhigt mich einfach. Ich habe keine angestauten Aggressionen, weil ich bei den Shows ausrasten und alles rauslassen kann.

Hast du also dein „true zero“ gefunden?

Letztendlich auf jeden Fall. Allein durch die Arbeit an diesem Album. Wir haben jetzt diesen Punkt erreicht und sind auf dem Weg zu besseren, positiveren Dingen.

Christina Wenig