MAHONES

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Die RAMONES der Irish-Folk-Music

Die kanadischen MAHONES haben irische Wurzeln, lieben Punk und sind mit der Volksmusik ihrer Ahnen aufgewachsen. Man könnte meinen, dass sie die kleinen Brüder der großen, erfolgreichen DROPKICK MURPHYS sind, mit denen sie gerade lange auf Tour waren. Stimmt aber nicht: Die MAHONES gibt es seit 25 Jahren, die Murphys als die Klassenbesten des Genres erst seit 1996. Die MAHONES sind damit nach den POGUES die älteste Band im Folkpunk-Zirkus. Frontmann Finney McConnell erklärte uns vor dem gemeinsamen Konzert mit dem Murphys-Nachwuchs in Köln, was seine Band so besonders macht – und wie das ist, mit Shane MacGowan abzustürzen.

Finney, THE MAHONES werden in diesem Jahr 25 Jahre alt. Das ist ein Jubiläum und damit etwas Besonderes. Was ist das Besondere an deiner Band?


Wir waren die Ersten, die diese Art der Musik – die Kombination von Irish Folk und Punk – spielten und damit das fortsetzten, was die POGUES begonnen hatten.

Und doch sind jüngere Bands wie DROPKICK MURPHYS oder REAL McKENZIES deutlich bekannter als ihr und füllen die größeren Hallen. Was ist euer Alleinstellungsmerkmal gegenüber dieser Konkurrenz?

Wir haben allen, die nach uns kamen, den Weg bereitet. Und wir sind die Schnellsten von allen, haha! Da sind wir konsequent. Wir sind die RAMONES der Irish-Folk-Music. Daher ja auch unser Name: Er ist eine Kombination aus „Ramones“ und „Pogue Mahone“, dem Ur-Namen der POGUES.

Ihr habt euch allerdings nicht im RAMONES-Stil den gleichen Familiennamen, „Mahone“, gegeben. Das ist dann ja schon wieder inkonsequent.

Von wegen inkonsequent: Wir wollen nur nicht bei den RAMONES klauen. Das machen ja schon genug Leute. Und jeder rennt mit ihrem Band-Logo auf dem Shirt rum. Da müssen wir nicht mitmachen. Wir ehren sie auf andere, auf musikalische Weise. Würde Dee Dee noch leben, hätte ich ihn wahrscheinlich darum gebeten, einen Song für uns zu schreiben.

In dem Vierteljahrhundert eurer Existenz habt ihr 13 Alben rausgebracht und tourt nahezu endlos. Braucht ihr nicht mal eine Auszeit?

Gar nicht. Denn MAHONES sind mehr eine Leidenschaft als ein Job: Ich darf Gitarre spielen, vor Menschen auftreten und um die Welt reisen. Mein Leben klingt wie ein Urlaub! Warum sollte ich mich da beschweren? Auch wenn ich noch nicht einmal mit meiner Frau Katie auf Hochzeitsreise gehen konnte, haha. Wir widmen uns eben mit allem, was wir haben, dieser Band. Außerdem ist das mit der Auszeit natürlich auch leichter gesagt als getan. Denn: Wir müssen touren, um zu überleben. In der heutigen Zeit verdienst du ja kein Geld mit Platten. Klar, die Musikfirmen werden reich. Auch die Musikanbieter wie Spotify oder iTunes werden reich. Aber die Musiker selbst bleiben arm. Ein Beispiel: Pharrell Williams, dieser R’n’B-Sänger, hat für seinen Song „Happy“ von Spotify einen Scheck über 5.000 Dollar bekommen. Lächerliche 5.000 Dollar! Das Stück hat die Welt rauf- und runter hört. Also wird eine Band wie wir erst recht keinen Cent mit ihren Liedern verdienen.

Das ist in der Tat ein Problem, wenn auch kein neues.

Nein. Und deswegen müssen diese großen Firmen eigentlich zerstört werden. Und das geht nur, wenn die Leute wieder mehr Musik auf Vinyl oder CD kaufen. Und wir müssen derweil weiter touren, um zu überleben.

Du deutest damit eine Abnabelung der Musik von den großen Labels an. Ein Weg dazu ist auch das Crowdfunding. Den seid ihr mit eurem neuen Album „The Hunger & The Fight“ zuletzt selber gegangen. Ist Crowdfunding die moderne Version von D.I.Y.?

Absolut. Es ist eine rundum gute Sache. Und zwar aus mehreren Gründen. Erstens kommt man schnell an das benötigte Geld. Wir selbst haben innerhalb weniger Monate 10.000 Dollar zusammenbekommen, um unser Album zu produzieren. Und auch wenn dir hinterher jemand dieses Album klaut, indem er es sich illegal herunterlädt, hast du nichts verloren – weil es eben vom Geld deiner Fans bezahlt wurde, nicht von deinem eigenen Geld. Die Fans wiederum haben für diesen Vertrauensvorschuss schöne Specials bekommen: Signierte Alben, Bühnenrequisiten, spezielle Songs. Das ist denn auch der zweite Vorteil des Crowdfundings: Du stehst dadurch viel intensiver in Kontakt mit deinen Fans. Und drittens und schlussendlich sind wir nicht abhängig von irgendeinem Label oder Management. Wir haben die Fäden selber in der Hand und können machen, was wir wollen. Mit Verträgen kannst du das nicht. Das ist in der Tat DIY.

Ihr seid bekannt dafür, dass ihr mit euren Fans – auch abseits des Crowdfundings – einen regen Austausch pflegt.

Ja, denn die Musik gehört ihnen. Ihnen gegenüber sind wir daher deshalb sehr großzügig. Das geht so weit, dass ich täglich ein paar Fans auf die Gästeliste setze, dich ich nicht kenne. Sie schreiben mich an und sagen mir, sie hätten kein Geld, um sich das Ticket zur Show zu kaufen – und ich lade sie ein. Das gehört dazu. Das sind wir den Leuten schuldig. Außerdem hat mir meine Mutter immer gesagt: „Egal was du tust, Finney: Sei kein Arschloch, sondern ein guter Mensch! Denn gute Menschen überleben.“ Das habe ich beherzigt, haha.

Sprechen wir über die Musik auf eurem neuen Album: Auf „The Hunger & The Fight“ finden sich Songs, die über sechs Minuten und damit für eine Punkband schlichtweg zu lang sind.

Ja. Ich stehe eben genauso auch auf Prog-Rock und liebe PINK FLOYD, Peter Gabriel, JETHRO TULL und so was. Das ist großartiges Zeug! Da dürfen wir doch wohl auch ein paar lange Songs aufnehmen. Hauptsache, wir spielen sie dann live wieder in drei Minuten, haha.

Eine weitere Auffälligkeit ist der Zusatz „Part One“ auf dem Cover des Albums. Auf „Teil eins“ müsste ja irgendwann „ Teil zwei “ folgen ...

Im kommenden Herbst ist es hoffentlich so weit. Du musst wissen: „The Hunger & The Fight“ ist das erste Konzeptalbum der Folkpunk-Geschichte. Wir erzählen auf der ersten Platte die Geschichte Irlands und der irischen Musik. Und die zweite Platte wird das Thema in Amerika weiterführen, wohin die irischen Auswanderer diese Geschichte, die Tradition trugen und wo die Nachkommen sie bis heute leben. Das geht von Dublin über Boston bis nach Kanada, wo ich ja aufgewachsen bin, obwohl meine Familie aus Irland stammt.

Das klingt nach dem „Quadrophenia“ der MAHONES.

So ist es. Und vielleicht werden wir das irgendwann sogar in großen Theatern aufführen, haha. Aber im Ernst: Den Plan zu so einem Konzeptalbum hatten wir schon lange. Und über die Jahre haben sich derart viele Songs angesammelt, die diese Themen rund um irische Tradition und Emigration aufgreifen, dass sie nicht auf eine Platte gepasst hätten.

Trends kommen und gehen. Irish Folk hat überlebt. Worin liegt die Magie dieser Musik?

Sie liegt in ihren Wurzeln. Die sind nicht nur 25 Jahre alt, sondern uralt. Sie reichen zurück bis mindestens ins Mittelalter. Es ist ein Vermächtnis, ein Erbe, das bis heute weitergegeben wird. So lief es ja auch bei mir: Mein Vater hatte einen Pub. Und dort habe ich schon als Kind wie verrückt all die Traditionals aufgesogen. Außerdem sind alle Künstler, alle Bands, die diese Tradition fortführen, eine Gemeinschaft. Eine große Familie. Wenn wir etwa mit den DROPKICK MURPHYS auf Tournee gehen, dann tun wir das, weil wir alle miteinander befreundet sind und uns alle mitunter seit einer Ewigkeit kennen. Wir sind eben alle Iren. Und Iren können mit allen gut. Wir haben Probleme damit, schlecht drauf zu sein. Wir sind immer gut gelaunt und lieben es, Musik zu machen. Und das hört man dieser Musik an.

Der größte Star des Irish Folk ist Shane MacGowan von den POGUES. Kennst du ihn persönlich? Bist du je mit ihm gemeinsam abgestürzt?

Natürlich! Und verdammt, ja! Einmal sogar über drei Tage hinweg. Ich habe ja mit „A great night on the lash“ sogar einen Song darüber geschrieben. Ich habe Shane damals in Montreal getroffen. Er hatte dort mit den POPES gespielt und sich dann eines unserer Konzerte angeschaut. Danach setzten wir uns zusammen – und es ging los. Im Hotel. In Pubs. Auf der Straße. Um sechs Uhr am Morgen des dritten Tages sagte ich ihm: „Shane! Bitte lass’ mich jetzt gehen. Ich kann nicht mehr. Ich muss nach Hause.“ Haha. Er ist so ein unglaublich netter Mensch. Und er ist ein verdammtes Genie. Leider haben ihm die Drogen und der Alkohol einen Teil seiner Kreativität genommen und er hat lange keine Platte mehr herausgebracht. Aber was er allein anfangs – auf den ersten drei Alben – mit den POGUES und auch später mit den POPES angestellt hat, ist bis heute unerreicht.