MAKE DO AND MEND

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Prägen und geprägt werden

Wenn Songs mit „There is a light that never goes out / But try as I might, I can’t seem to find it now“ (aus „Each of us“) beginnen und die Mitglieder der Band das bekannte Flamme-Wasser-Musik-Tattoo auf ihrer Haut tragen, muss alles gut werden. „Don’t Be Long“, das dritte Album von MAKE DO AND MEND, hat das Potenzial, zum besten der Bandgeschichte zu werden. Nie ihre Wurzeln außer acht gelassen und hart gekämpft zu haben, das zeichnet die Band aus, die aus Sänger James Carroll, dessen Bruder Matt, Luke Schwartz und Mike O’Toole besteht. Dass sie mal eben ein ganzes Genre auf ein neues Level heben werden, interessiert sie unterm Strich jedoch einen feuchten Dreck.

Unsere Wurzeln liegen ganz klar bei Bands wie HOT WATER MUSIC oder THE SMITHS. Ich habe mich verstanden gefühlt von Chuck Ragan und Chris Wollard, die mit ihren Geschichten sicherlich dazu beigetragen haben, dass ich jetzt so bin, wie ich bin, und dass ich mich an Dingen erfreuen kann, die manchmal eben nur mir etwas bedeuten können.“ Sänger James Carroll ist aufgeschlossen und mitteilungsfreudig, wenn es um das neue Album „Don’t Be Long“ seiner Band MAKE DO AND MEND geht. Dass im Zusammenhang mit dem Quartett aus Boston die üblichen Verdächtigen genannt werden, wenn man musikalische Querverweise ziehen will, stört ihn dabei ganz und gar nicht: „Wir alle sind mit Bands wie TEXAS IS THE REASON, BRAID und vor allem HOT WATER MUSIC groß geworden. Dass wir mal mit ihnen in einem Atemzug genannt werden könnten, und auch wenn es nur für eine kurze Zeit sein mag, ist uns eine große Ehre.“ Hinter ihren in die Jahre gekommenen Vorbildern muss sich hier jedoch niemand verstecken, und so offensichtlich sind die Parallelen nun auch wieder nicht.

Es sind jedoch Songs wie „Each of us“, das mit einem der sicherlich am häufigsten zitierten THE SMITHS-Zitate beginnt und damit einige Gedanken anstößt. Sind es die gleichen Lieblingsbands, die Künstler wie Carroll und seine Hörer verbinden? Was steckt noch hinter den Texten auf „Don’t Be Long“? „Es gibt tatsächlich so etwas wie einen roten Faden, der sich inhaltlich durch das Album zieht. Man glaubt es kaum, aber auch als Musiker, der sich eigentlich darüber freuen sollte, dass er durch seine Musik an die verschiedensten Orte auf der Welt reisen und überall die interessantesten Leute treffen kann, hat man Sorgen und Existenzängste. Das menschliche Miteinander und dass jeder Mensch, den man im Laufe seines Lebens trifft, Einfluss auf einen selbst hat, ist eigentlich eine ganz interessante Sache. Mit einigen dieser Menschen müssen wir besser klarkommen, andere tangieren uns nur kurz und verschwinden dann für immer aus unserem Leben. Vom Miteinander unter Freunden handeln die meisten Songs auf der neuen Platte. Manchmal geht es um Zweckbeziehungen, die wir nur durchziehen müssen, um eine bestimmte Sache zu erreichen. Manchmal geht es aber auch darum, aneinander zu glauben, sich Hoffnung zu geben und Mut zu machen, etwas zusammen zu durchzustehen.“

Woher diese Gedanken kommen, erklärt James nach einer kurzen Pause. „Rückblickend betrachtet, ist unsere letzte Platte, ,Everything You Ever Loved‘, bei den Leuten überhaupt nicht gut angekommen. Wir sollten live immer die alten Songs spielen und haben uns die schlechten Kritiken sehr zu Herzen genommen. Für uns als Band ist es das Größte, dass wir die Chance haben, mit unserer Musik unseren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Solange du merkst, dass die Leute an dich glauben, ist das wirklich wundervoll. Sobald aber das, was du machst und wo du vor allem dran glaubst, in Frage gestellt und an dir gezweifelt wird, gerät alles ins Wanken. In diesen Zeiten mussten wir als Band sehr zusammenhalten – was uns glücklicherweise sehr leichtfiel. Jedoch geht auch so eine Zeit nicht spurlos ein einem vorbei.“

Über mangelnde Aufmerksamkeit konnte sich die Band in den letzten Jahren eigentlich auch nicht beschweren, gehören sie doch zur Speerspitze des Emo-Revivals rund um Bands wie BASEMENT, TITLE FIGHT, MOOSE BLOOD und LA DISPUTE. Natürlich haben sie auch auf den großen Festivals gespielt, sowohl in Amerika als auch in Europa. Dazu zählt ein Auftritt auf dem belgischen Groezrock Festival, neben Bands wie TEXAS IS THE REASON und GRADE. „Ich finde es fantastisch wenn eine Band wieder zusammenfindet und es noch einmal wissen will. Sie müssen auf der Bühne dann aber auch ein wirkliches Feuerwerk abbrennen; sei es emotional oder mit einer actiongeladenen Bühnenshow. In den letzten paar Jahren wollen es aber irgendwie alle alten, eigentlich schon toten Helden scheinbar noch einmal wissen. Ich finde es bedenklich, wenn sich Bands aus rein wirtschaftlichen Gründen wieder zusammentun und noch einmal Profit aus ihrem Werk schlagen wollen. Natürlich kann ich es verstehen, wenn man sich den wohlverdienten Ruhm gönnen möchte. Dabei ist es jedoch wichtig, authentisch zu bleiben. Sonst zerstört man ganz schnell das, was einen mal ausgemacht hat.“

Manche Songs und Gefühle gehören also in ihre Zeit oder in den entsprechenden Lebensabschnitt der Hörer einer Band. Dass Authentizität für James bei MAKE DO AND MEND eine große Rolle spielt, zeigt sich nicht nur in den aufs Wesentliche beschränkte Bühnenshows. „Ich könnte kein guter Popmusiker sein. Mir sind meine Gefühle und das Wissen um die zeitliche Begrenztheit meiner Themen zu wichtig, als dass ich über irgendetwas Belangloses singen wollte. Es ist nicht zeitlos? Na und! Dafür kommt es von Herzen.“