TUXEDOMOON

Foto

Under the influence

Gerade ist eine 10-LP-Box der 1977 in San Francisco gegründeten Band erschienen, die alle „klassischen“ Studio-Alben von TUXEDOMOON enthält, die oft und zu Unrecht auf ihren Hit „No tears“ reduziert werden. Wir baten Bassist Peter Principle anlässlich dieses Releases darum, für uns aufzuschreiben, welche Musik, welche Bands ihn damals beeinflussten und begeisterten.

Es ist nicht leicht, mich daran zu erinnern, was ich vor so langer Zeit gehört habe. Eigentlich haben wir immer versucht, so anders wie möglich zu klingen, also haben wir bei Musik von anderen Musikern meist darauf geachtet, dass wir nicht genauso klingen. Allerdings kann ich mich auch daran erinnern, dass wir, als ich Steven und Blaine 1978 das erste Mal traf, einen Track spielten (spontan bei meinem „Vorspielen“), der sehr an Brian Eno auf „Another Green World“ erinnerte. Wir waren sehr stolz darauf, diese Referenz zu teilen, obwohl wir uns vorher noch nie getroffen hatten. Außerdem waren wir uns einig bei WIRE, ULTRAVOX, JOY DIVISION, CABARET VOLTAIRE, PERE UBU, DEVO und anderen, die in eine ähnliche Richtung gingen. Wir liebten die Sachen der „No New York“-Compilation, die die New Yorker No-Wave-Bewegung der späten 1970er Jahre dokumentiert.

Texte wie dieser zielen ja meistens darauf ab, irgendwelche obskuren Anerkennungen auszusprechen, aber da gibt es einfach zu viele für mich. Ich wüsste einfach nicht, wo ich anfangen sollte. Ich habe schon immer viele verschiedene Sachen gehört. Ich bin in den Sechzigern und frühen Siebzigern mit den freien Radiosendern in New York aufgewachsen und habe dadurch viele Arten von Musik kennen und lieben gelernt, unter anderem auch klassische Musik, die ich auch gerne live erlebt habe. Ich habe schon früh angefangen, in Rockbands zu spielen und versuchte mich zeitgleich in elektro-akustischen Improvisationen. Ich liebe Soundtracks und alle Art von atmosphärischer Musik, vor allem Instrumentalstücke, Pre-Midi-Electronic und Noise im Stil von Tod Dockstader.

In der Zeit, in der wir unser erstes, 1979 erschienenes Album „Half Mute“ aufnahmen, habe ich viele neue Underground-Bands gehört und College-Radio-Punk (der mehr D.I.Y. und gegen die Gesellschaft als sonst was war). Auf der anderen Seite liebte ich auch spanische Oldies und südkalifornischen Latino-Pop. Als wir für die Aufnahmen des zweiten Albums „Desire“ nach England reisten, habe ich nicht viel Musik gehört, war mir aber bewusst, dass es eine schleichende Kommerzialisierung des Untergrounds gab. Während des Entstehungsprozesses von „Ghost Sonata“ hatte ich einige Soundtracks von Fellini-Filmen auf Kassette, unter anderem von „Achteinhalb“, „Amarcord“ und „Casanova“, und außerdem eine selbstgemachte Compilation von Olivier Messiaen-Orgelsoli und die Ennio Morricone-Zusammenstellung „I Film Della Violenza“. Während der „Holy Wars“-Zeit war ich viel in den Plattenläden in Brüssel unterwegs und habe mich durch obskure deutsche Krautrockbands der Siebziger gehört. Das war übrigens auch die Blütezeit des Psychedelic-Revivals und Bands wie ACID DREAMS wurden neu aufgelegt. Also hatte ich die Möglichkeit, den inspirierenden Sound meiner Jugend noch mal zu erleben. DJ Samy Birnbach hat mir oft Tapes mit interessanter zeitgenössischer Musik zusammengestellt, aber die haben mich meistens nicht umgehauen. Ich habe viel Musik gehört von Leuten, die ich kannte, wie MINIMAL COMPACT und Benjamin Lew.

Seitdem hat sich für mich nicht viel geändert. Durch das Internet, dessen Verbreitungsmethoden und der Mühe von Musikliebhabern haben wir eine neue Ära von Möglichkeiten erreicht. Es ist eine großartige Zeit, um neue Musik zu entdecken. Früher war man immer darauf angewiesen, dass irgendwer einem den Zugang zu irgendwas verschafft oder dir von irgendwas erzählt, aber heute ist alles nur noch einen Klick entfernt. Alles, was man braucht, sind Motivation, Entdeckerlaune und einen guten Internetzugang. Seid nicht schüchtern, die Musik wartet auf euch.