BLACKOUT PROBLEMS

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Unruhige Zeiten

In diesen Tagen ein Album zu veröffentlichen, das sich nicht mit dem aktuellen Geschehen auseinandersetzt, kann keine Option sein. Und so haben es sich die drei Jungs von BLACKOUT PROBLEMS auf die Fahne geschrieben, mit ihrem beim Münsteraner Label Uncle M erschienenen Debütalbum „Holy“ diejenigen aufzuwecken, die immer noch glauben, dass das alles schon irgendwie vorbeigeht und uns alle nicht persönlich betrifft. Unterstützung dazu kam passenderweise von Nathan Gray (BOYSETSFIRE), der ja auch dafür bekannt ist, die Dinge beim Namen zu nennen. Im Gespräch mit Sänger Mario, Bassist Marcus und Drummer Michael dreht sich alles um ein Thema: die Gegenwart und was wir mit ihr anstellen.

In unruhigen Zeiten braucht jeder etwas, das ihm Halt gibt, vielleicht sogar dazu inspiriert, das Smartphone aus der Hand zu legen, sein Buch zuzuklappen und auf die Straße zu gehen. Diese Unruhe verspürten die Wahlmünchner BLACKOUT PROBLEMS schon viel zu lang. Zu extrem war die Entwicklung in der Welt, als dass die Band um Sänger Mario einfach nur dastehen und ihr Publikum unterhalten wollte. „Allein dass die Medien mittlerweile täglich vom Flüchtlingsthema dominiert werden, sollte uns allen die Augen öffnen und zeigen, dass hier etwas sehr Enormes passiert“, erklärt der Sänger, um zu verdeutlichen, was hinter diesem Album steckt, das die Leute auch wachrütteln soll.

„Wir hatten die Wahl, darüber zu schreiben, wie wir alle älter werden und sich persönliche Beziehungen verändern. Jedoch war es uns viel wichtiger, zu verarbeiten, was um uns herum passiert. Natürlich geht es auch um Freundschaft, Mut, aber eben auch um Gerechtigkeit und Moral. Es ist inakzeptabel, wie unsere Gesellschaft mit manchen Dingen umgeht. Darum war es unser Anliegen, dies auf ,Holy‘ aus persönlicher Sicht zu beschreiben. Wir verurteilen Nazis und derlei Abschaum und es ist erschreckend, dass es in Deutschland immer noch Nährboden für deren Gedankengut gibt. Die Geschichte scheint sich doch immer wieder zu wiederholen und manche Leute werden nicht klüger.“

Woher der Antrieb kommt, ein solch heißes Eisen anzufassen, liegt für Mario auf der Hand, und zwar wegen seiner Haupteinflüsse, die von Rou Reynolds von ENTER SHIKARI bis Bruce Springsteen reichen. „Beide sind tolle Songwriter, die über die Fähigkeit verfügen, sehr reflektiert über aktuelle gesellschaftliche Themen zu schreiben. Was sie aber besonders auszeichnet, ist für mich, dass es ihnen gelingt, die Hörer mit ihrer Musik beim einen Mal zum Nachdenken zu bewegen und sie ein anderes Mal dazu bringt auszurasten.“

Musikalisch ist auf „Holy“ jedoch nichts von diesen beiden Vorbildern zu erkennen. Die 13 Songs bieten Rock, der stellenweise in den Post-Hardcore hineinreicht. „Natürlich wissen wir, dass du als Hörer schon ganz anders an eine neue Platte oder auch an eine neue Band herangehst, wenn du ungefähr weißt, was die Band mit ihrer Musik aussagen will. Und das darf bei uns gerne zu einem Dialog führen. Es gibt schließlich für einen Musiker nichts Schöneres, als dass sich Leute tatsächlich mit der Musik beschäftigen.“

Auf die Frage, ob die Band auf „Holy“ auch versucht, Lösungen oder Auswege aus der schwelenden Krise anzubieten, antwortet Mario: „In erster Linie zeigen wir das auf, was unserer Ansicht nach gerade falsch läuft. Natürlich haben wir das auch auf eine nicht zeitgebundene, eher breit gefächerte Weise formuliert, so dass sich jeder dazu seine Gedanken machen kann. Ich finde es auch wichtiger, als Künstler auf Missstände hinzuweisen und diese in unserer Kunst zu thematisieren. In unserem Video zu ,Follow me‘ zeigen wir verschiedene Bilder und Szenen, die während des Zweiten Weltkriegs, Anfang der Neunziger und auf Demonstrationen in Dresden in den letzten Jahren gedreht wurden. Man kann eindeutig erkennen, wie sich bestimmte Gesten und Inhalte stets wiederholen. Darauf wollten wir aufmerksam machen. Lösungsansätze sollten immer erst diskutiert werden und gut durchdacht sein. Wahrscheinlich ist da ein Song nicht das geeigneteste Medium.“