Mopars

Musclecars, also großmotorige Ami-Schüsseln der End-60er/ Anfang 70er, haben in den letzten paar Jahren eine Karriere auf Punk- und Schweinerock-Plattencovern gemacht, die ihresgleichen sucht. Von jeder zweiten Hülle fuhr einem so eine Karre entgegen, und es gab kaum eine Band, die den visuellen Charme dieser Racing-Ästhetik nicht irgendwie mal auf einem Flyer, einem Poster oder sonstwo genutzt hätte. Alles ganz schön und gut, wäre der Trend nicht überreizt worden und hätte zu einer Totalübersättigung geführt: heute will das keiner mehr sehen, genauswenig wie niemand mehr Schweinerock hören will.

Was passiert nun aber mit den Musclecars? Soll man sie wegschmeißen, weil sie niemand mehr für ein Plattencover fotografieren will?! Mumpitz, es gibt natürlich immer noch genug Leute, die sie sich gerne angucken. Und sogar besitzen und damit herumfahren! Solche Leute treffen sich jedes Jahr am ersten Augustwochenende in Datteln, einem kleinen Kaff am nördlichen Rand des Ruhrgebiets. Genau genommen treffen sich da die Mopar-Enthusiasten, eine spezielle Kaste, die ausschließlich auf Marken des Herstellers Chrysler schwört, wie z.B. Dodge, Plymouth und andere. Was Mopar bedeutet, wußte ich auch mal, habe es aber leider vergessen.

Da ich jüngst eine verhängnisvolle Zeit lang eine Tätigkeit mein Hobby nannte, die aus dem Zusammkleben von Plastikminiaturen unter anderem dieser Fahrzeuge bestand, hatte ich auch ein gewisses Liebhaberinteresse an den realen Vorbildern entwickelt. Das fatale (weil zeitraubende und nervtötende) Steckenpferd habe ich gottlob hinter mir gelassen, von dem Interesse indes ist ein Rest geblieben. Genug jedenfalls, um am Samstagvorabend die gut vierzig Kilometer nach Datteln zurückzulegen, und sich die heißen Öfen sowie Schlitten mal staunend zu beschauen.

Meine Freundin musste natürlich mit, ist ja klar. Ich kann ja wohl schlecht alleine fahren, wie säh´ das denn aus?! Hingefahren sind wir übrigens ebenfalls mit einem US-Car, wenn auch kein Mopar. Ich habe nämlich einen Ami-Schlitten von GENERAL MOTORS, einen Opel Corsa! (Ha ha! Das war ein Witz, den ich schon ganz lange mal machen wollte! Schön, dass ich das an dieser passenden Stelle tun konnte und damit auch gleich so viele Leute erreicht habe.)

Am Ort des Geschehens angekommen, mußte ich zu meiner Überraschung feststellen, dass die sogar Eintritt haben wollten, fünf Mark. Ich hab´ mir natürlich nichts anmerken lassen und ganz cool bezahlt, für meine Freundin gleich mit, so als ob das gar nichts für mich wäre. Aber ich finde, wenn man sich schon mal was gönnt, dann soll man auch nicht knickrig sein! (Dafür gehe ich natürlich jetzt einen Monat lang nirgendwo mehr hin.)

Entlang einer ca. 200 m langen Straße standen sie dann alle aufgereiht, die Dodge Chargers, Barracudas, Roadrunners und wie sie alle heißen. Die Fahrer, die mitunter aus aller Herren Länder (Holland, Dänemark, Schweden,...) angereist waren, lümmelten sich dabei ganz relaxt um ihre Autos herum und badeten in den bewundernden Blicken der Zuschauer ohne ein solch cooles Auto. Also wenn ich ganz viel Geld hätte, würde ich mir natürlich auch so ein Teil kaufen, aber sich für so einen abstrus teuren Spass den Arsch aufzureissen, finde ich total panne. Indes, jedem das seine!

Wer tatsächlich ein Kaufinteresse bezüglich eines Mopars hatte, konnte hier auch fündig werden. Der Initiator des Meetings ist nämlich der „Mopar-Shop“ aus Datteln, der auch einige Autos ausstellte. Für schlappe 25.000 DM gab´s ´nen orangen 70er Charger und für gar nur 21.000 Klöten konnte man mit einem echten Cuda nach Hause fahren.

Nachdem wir uns gerade mal ein paar Minuten umgesehen hatte, registrierten wir plötzlich eine hektische Aufbruchsstimmung. Viele der Mopar-Piloten setzten sich in ihre Autos und machten sich daran, das Gelände zu verlassen. „Moment mal!“, dachte ich zunächst empört. Dann aber fiel mir ein, dass am Abend ja ein Beschleunigungsrennen auf einer abgesperrten Landstraße stattfinden sollte. „Toll!“, befand ich darauf in Gedanken, „das würde ich auch gern sehen!“. Da wir allerdings nicht wußten, wo dieses ominöse Rennen stattfinden sollte, waren wir zu einer dramatischen Aktion gezwungen. Es blieb uns nichts anderes übrig, als den Troß der Rennteilnehmer zu verfolgen! Wir stürzten also zu meinem Auto, und machten uns daran, einem Nachzügler der Mopar-Schlange nachzuhetzen. Dieser Nachzügler war just eines der auffälligsten Fahrzeuge des Treffens, der mit einem monströsen Flügel auf der Heckklappe versehene Plymouth Superbird.. Dieser wirklich bizarren Karre waren wir nun auf den Fersen, und der, selbst spät ´dran, gab ganz schön Gas! Plötzlich aber hielt der Superbird an, da sich der Fahrer wohl orientieren wollte. Ich düse also vorbei, nur um wenig später den Superbird in meinem Rückspiegel zu registrieren! Schnell wie er war kam er näher und näher und hing mir bald quasi auf dem Heck!! Man stelle sich die Aufregung vor, die sich an Bord unseres armseligen kleinen Mini-Autos entwickelte, bedrängt von einem bizarren Super-Monster-Mopar!! Glücklicherweise bot sich meinem Verfolger bald die Gelegenheit zum Überholen, was er mit Riesengetöse auch tat.

Ich will es nicht zu spannend machen, das war dann auch das aufregendste, was passiert ist. Wir sind bestimmt noch 30 km über Land gegurkt, die Rennstrecke haben wir dennoch nicht gefunden. Lediglich Pipi hab´ ich noch gemacht, in einem Maisfeld. Das tat gut, ich mußte nämlich ganz schön dringend.