SACRILEGE

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Maulfaule UK-Crust-Legende

SACRILEGE aus England haben mich mit der Intensität des von ihnen Mitte der Achtziger Jahre gespielten unglaublich brachialen Hardcore-Punk immer schon mitgerissen. Anfangs war die Band dem Crustcore zuzuordnen, später dann eher dem Thrash- und Doom-Metal. Als ich erfuhr, dass SACRILEGE sowohl für 2016 ein neues Album planen, als auch ihre LP „Behind The Realms Of Madness“ neu herausbringen würden, war ich völlig begeistert. Dementsprechend gingen wir mit großen Erwartungen an das Interview heran, die leider nicht erfüllt wurden. Die Antworten wurden mit der Dauer des Interviews immer einsilbiger und andere Fragen wurden gar nicht beantwortet, gerade wenn es um andere Originalmitglieder ging. Sei es drum ... die alten Aufnahmen waren und sind grandios. Zum folgenden Interview mit Sängerin Lynda „Tam“ Simpson muss sich deshalb jeder selbst eine Meinung bilden.

Wie kam es zur Wiedervereinigung von SACRILEGE? Und warum hat es so lange gedauert?

Ursprünglich kam die Idee zustande, weil wir etwas zum dreißigsten Geburtstag unseres Debüts „Behind The Realms Of Madness“ auf die Beine stellen wollten. Wir fanden es passend, der Wiederveröffentlichung aus diesem Anlass noch etwas Neues hinzuzufügen, zumal das Album inoffiziell bereits früher neu aufgelegt worden war. Es kam erst jetzt dazu, weil wir alle mit anderen Dingen beschäftigt waren.


Während der letzten Jahre hat euer Schlagzeuger Spike Smith bei einigen ziemlich erfolgreichen Bands wie CONFLICT und THE DAMNED mitgewirkt, Bassist Frank Healey tourte mit NAPALM DEATH, CEREBRAL FIX und BENEDICTION. Nur die verbleibenden Originalmitglieder, nämlich Damian Thompson an der Gitarre und du, Lynda, am Mikro, haben seit einer gefühlten Ewigkeit musikalisch nichts mehr gemacht. War der Wiedereinstieg schwierig für euch?

Aus meiner Sicht war es zunächst ein bisschen entmutigend, denn ich war mir nicht ganz sicher, wie es bei der ersten Probe laufen würde. Aber als ich im Proberaum ankam, ein wenig später als die anderen, hatten die Jungs bereits angefangen zu spielen, und ich dachte nur, das klingt großartig, und machte gleich mit. Bei dem neuen Song fügte ich, sobald Damian mit den Grundriffs fertig war, meinen Text hinzu, und es fühlte sich sehr natürlich an. Da wir mittlerweile alle in verschiedenen Teilen des Landes leben, war es eine Herausforderung, eine funktionierende Zusammenarbeit über die Entfernung hinweg zu organisieren. Als wir dann zur Probe zusammenkamen, hatten wir „Feed“, das neue Lied, jedoch recht schnell zusammen.

Warum habt ihr euch damals für die Aufnahme von „Behind The Realms Of Madness“ für das Rich Bitch Studio in Birmingham entschieden? Und wie kam 1987 für euer zweites Album „Within The Prophecy“ der Deal mit Music For Nations zustande?

Damian war mit Rob von Rich Bitch seit einigen Jahren befreundet und hatte dort bereits zuvor mit verschiedenen Bands aufgenommen. Nach der Fertigstellung von „Behind The Realms Of Madness“ gab uns Rob dann tatsächlich kostenlose Studiozeit, um das „Within The Prophecy“-Album einzuspielen. Wir nutzten die Stunden, in denen niemand anders das Studio gebucht hatte, also meist zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens. Soweit ich mich erinnern kann, war Rob auch bei den Verhandlungen für den Albumdeal involviert, da er finanziell beteiligt war.


Wie kam der Kontakt zu Pushead Mitte der Achtziger Jahre zustande? Er lizensierte ja „Behind The Realms Of Madness“ für den US-Markt. Wurde auch mal über eine US-Tour gesprochen?

Den Kontakt zu Pusmort vermittelte Tim von Children Of The Revolution Records, der das Album ja ursprünglich in Großbritannien veröffentlichte. Und nein, ich glaube nicht, dass wir damals eine US-Tour in Betracht gezogen haben.

Bei der 2015er Neuauflage von „Behind The Realms Of Madness“ hat man sich sehr viel Mühe gegeben – es kommt im Gatefoldcover, mit neuem Layout sowie einer Reihe remasterter Bonustracks. Es ist wirklich ein außergewöhnlicher Release, der das Interesse der weltweiten Fans für neue Musik von SACRILEGE sicherlich ordentlich anheizen wird. Warum fiel die Wahl auf das US-Label Relapse Records?

Wir hatten mehrere Angebote und uns gefiel, was Relapse zuvor herausgebracht hatte und die Art, wie das Label beabsichtigte, unser Album auszustatten und zu bewerben. Deshalb fiel uns die Entscheidung nicht schwer.

Während des Bestehens von SACRILEGE entwickelte sich eure Musik von wütendem Hardcore-Punk hin zum Thrash Metal und dann immer mehr zu einem schleppenden Doom-Powercore. Was können wir nun von SACRILEGE erwarten?

Ich denke, unser Song „Feed“ ist ziemlich bezeichnend für das, was noch kommen wird. Der ist einer der beiden neuen Tracks auf der Wiederveröffentlichung von „Behind The Realms Of Madness“. Hört ihn euch einfach an ...

In den Jahren eures Bestehens habt ihr nicht viele Auftritte gehabt, aber trotzdem hinterließen SACRILEGE einen bleibenden Eindruck in den verschiedenen Untergrundszenen, von Punk über Hardcore bis Death Metal und Doom. Einige Leute sind sogar der Meinung, SACRILEGE hätten mitgeholfen, den Crust-Punk zu erfinden. Habt ihr jemals vermutet, dass der Sound von SACRILEGE so einen Erfolg haben würde?

Nein, wir waren nie damit beschäftigt, erfolgreich zu sein oder den Erwartungen anderer Leute gerecht zu werden. Wir haben nur das gespielt, was wir zu dieser Zeit selbst mochten. Dabei haben wir zwar schnell Fortschritte gemacht, aber es war eine natürliche Entwicklung.

Euer letztes Album, „Turn Back Trilobite“ von 1989, ist leider seit Jahren vergriffen. Es ist wirklich großartig, Doom Metal, abgerundet mit einigen progressiven Elementen. Habt ihr jemals über eine Neuauflage nachgedacht?

Nein, bislang nicht.

Wie war übrigens eure Record-Release-Party in Birmingham, bei der DOOM, WARWOUND und BURNING FLAG aufgetreten sind?

Sie war sehr erfolgreich, und ein guter Weg, um auf das Datum der Wiederveröffentlichung ein bisschen aufmerksam zu machen. Danke an Damian für seine gute Arbeit bei der Organisation und an alle beteiligten Bands.

 


1984

wurden SACRILEGE in Birmingham gegründet und 1990 lösten sie sich wieder auf. Ihre Mini-LP „Behind The Realms Of Madness“ erschien 1985 zunächst auf Children Of The Revolution Records, später in den USA auf Pusmort und verschaffte der Band aus den englischen Midlands einen für damalige Verhältnisse recht großen Bekanntheitsgrad. Bereits hier setzten SACRILEGE auf einen krassen metallischen Gitarrensound, der mit dem kernig-derben Gesang der Sängerin Tam ein wahres Inferno in den Gehörgängen des Zuhörers auslöste. Kein Wunder also, dass SACRILEGE als eine der wichtigen Bands der sich kurz darauf entwickelnden Crust- und Grindcore-Szene betrachtet werden. Gegen Ende der Achtziger Jahre wandelte sich der Sound der Band immer mehr Richtung Thrash-Metal und Doom, doch aus der Sicht des Punkrockers war auf den beiden folgenden LPs „Within The Prophecy“ und „Turn Back Trilobite“ nicht mehr so viel Hörenswertes dabei. Bald darauf löste sich die Band auf. 2014 fanden SACRILEGE wieder zusammen und für 2016 darf man ein neues Album erwarten. Als kleiner Appetithappen ist ihr Debüt „Behind The Realms Of Madness“ nun noch einmal von dem amerikanischen Label Relapse Records wiederveröffentlicht worden, als Doppel-LP im schönen Klappcover, mit neuem Coverartwork, gutem Sound, dazu altbekannten Demotracks, aber auch zwei neu eingespielten Songs.