RAMONES-Special: Gabba gabba read!

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Bücher über die RAMONES

Wer zwischen 1974 und 1996 RAMONES-Fan war, der konnte zwar Konzerte besuchen und die Band somit hören und sehen, aber lesen konnte er, ausgenommen in Musikmagazinen, nichts über sie. Erst 1993 erschien mit Jim Bessmans „Ramones – An American Band“ (St. Martin’s Press, nur englisch) in den USA das erste Buch über sie. Dem folgten bis heute über ein Dutzend weitere, darunter einige wirklich lesenswerte.

Zum Beispiel Mickey Leighs „I Slept With Joey Ramone“ (Touchstone, nur englisch): Der Bruder des verstorbenen Frontmannes erzählt mit Hilfe von Legs McNeil („Please Kill Me“/Punk Magazine) in seinem Buch über fast 500 Seiten hinweg auf jene liebevolle Art und Weise, die wohl nur Familienmitglieder hinbekommen, wie Joey tickte. Am Ende weiß man: Joey Ramone lebte für die Musik – vor allem für den ursprünglichen Rock’n’Roll – und hielt durch sie eine Menge an psychischen Problemen unter Kontrolle. Für die Musik tourte er sogar jahrelang mit einem Gitarristen durch die Welt, den er nicht ausstehen konnte und der im Gegensatz zu ihm, dem Gefühlsmenschen, den extremen Rationalisten gab. Und: Joey war das Paradebeispiel für einen loyalen Menschen. Wer einmal sein Freund geworden war, der blieb es bis zum bitteren Ende. Die Schilderung, wie Joey umgeben von seiner Familie auf dem Krankenbett lag und starb, weil er den Kampf gegen den Krebs verloren hatte, rührt zu Tränen. Kein Zweifel: So nahe wie in diesem Buch kann man dem zu Lebzeiten extrem schüchternen Joey Ramone nicht kommen.

Was die Geschichte der gesamten Band angeht, kommt man nicht an Everett Trues „Hey Ho Let’s Go! Die Story der Ramones“ (Omnibus Press) vorbei. Dieses Buch ist zwar kein offiziell autorisiertes, ist aber auf fast 400 Seiten eine Fundgrube in Sachen Informationen und schlägt damit Bessmans eingangs erwähntes Werk um Längen. Fazit: Bessmann ist gut für den, der sich ins Thema einlesen möchte. True ist der Autor für den ausgewiesenen RAMONES-Nerd, weil er selber genau so einer ist.

Die bislang erschienenen Autobiografien von RAMONES-Mitgliedern zeichnen sich dagegen weniger durch einen Informations-Overkill als vielmehr dadurch aus, dass sie den Charakter ihrer Verfasser perfekt wiedergeben. Dee Dee Ramone liefert in „Legend Of A Rock Star. The Last Testament Of Dee Dee Ramone“ (Thunder’s Mouth Press, nur englisch) ein Tagebuch ab, das ihn zwischen Selbstfindung und Drogenrausch zeigt und das stellenweise nach völligem Blödsinn klingt (Welche Stewardess verkauft ihrem krakeelenden und Randale machenden Fluggast während der Flugs schon Drogen für 300 Dollar?). Es ist dennoch hochinteressant, das alles zu lesen, weil es einen Einblick in die Gedankenwelt des zweifelsohne verrücktesten und in Sachen Songwriting begnadetsten Ramone gewährt. Wer es noch abgedrehter möchte, der greife zu Dee Dees Schauermärchensammlung „Chelsea Horror Hotel“ (Milena, nur englisch), in dem die Grenze zwischen Realität und Fiktion allerdings verschwimmt.

Johnny Ramones „Commando“ (Malpaso), montiert aus Interviewaussagen des Gitarristen, strotzt nur so vor Großmäuligkeit und Arroganz. Es zeigt aber auch, wer die Band zusammenhielt und antrieb. Ohne Johnny, das erkennt spätestens nach der Lektüre auch der letzte Zweifler, hätten die RAMONES schon früher schlapp gemacht.

Zuletzt veröffentlicht wurde Marky Ramones „Punk Rock Blitzkrieg“ (Music Press), in dem auch der dienstälteste Schlagzeuger nicht mit Eigenlob geizt. Indes: Er benennt klar seine eigenen (Alkohol-)Verfehlungen und zeichnet ein interessantes Bild der Rockszene im New York der Sechziger und Siebziger Jahre, in der er musikalisch sozialisiert wurde und wo er schon lange vor den RAMONES Musik- und Bühnenerfahrung sammelte.

Bliebe noch „I Speak Music. Ramones“ von George DuBose (Wonderland, nur englisch), dem ehemaligen Haus- und Hof-Fotografen der Band (siehe Interview in dieser Ausgabe). DuBose berichtet in seinem Buch von den Sessions, die er damals mit der Band in seinem New Yorker Atelier, in U-Bahnhöfen und Parks hatte und in deren Rahmen so legendäre Coverbilder wie das des Albums „Too Tough To Die“ entstanden. Und Monte Melnicks „Auf Tour mit den Ramones“ – dem Klassiker der RAMONES-Literatur – widmen wir einen eigenen Text weiter vorne in diesem Heft.