RAMONES-Special: RAMONES-Fanboys

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Über den einzigen offiziellen deutschen Fanclub

Jörg Büscher (50) hat exakt 123 RAMONES-Konzerte gesehen, Christian Pemsel (42) kommt nach eigenen Angaben auf gut 60. Beide gründeten 1993 den offiziellen deutschen RAMONES-Fanclub, organisierten Tribute-Konzerte und hatten hervorragende Beziehungen zu Joey, Johnny, CJ und Marky. Für unser RAMONES-Special schwelgen die beiden Düsseldorfer in Erinnerungen.

Jörg, Christian, ihr habt 1993 den einzigen offiziellen RAMONES-Fanclub Deutschlands gegründet. Wie kam es dazu?

Jörg:
Christian und ich hatten uns bei einem Konzert der RICHIES kennengelernt ...

Christian: Das war der 8. Juni 1990. Das weiß ich noch genau!

Jörg: An diesem Abend hatten wir beide ein RAMONES-Shirt an. Und damals sprach man Menschen in RAMONES-Shirts ja noch an. Heute dagegen wissen die Leute, die das tragen, ja gar nicht mehr, welche Band das ist ... Na ja, jedenfalls kannten wir uns seit 1990 und reisten der Band im Jahre 1993 demnach schon länger gemeinsam hinterher und hatten entsprechend gute Kontakte. Und zum 20. Bandgeburtstag 1994 wollten wir dann ein Fanzine namens Loudmouth veröffentlichen und ein Tribute-Konzert im Düsseldorfer Club Dschungel veranstalten. Und das sollte eben unter dem Dach eines Fanclubs geschehen. Bei einem Auftritt in München erzählten wir Johnny von der Idee. Und er sagte sofort: „Wenn das jemand machen sollte, dann ihr, Jungs!“ Damit hatten wir auf einen Schlag den Status „offiziell“, weil wir von der Band anerkannt waren. Wir sind seitdem einer von weltweit nur zwei offiziellen Fanclubs. Außer uns gibt es nur noch den in Italien.

Christian: Die Sache mit dem Konzert war sofort ein Riesenerfolg: Der Dschungel war allein durch Mundpropaganda schon ausverkauft. Also zogen wir ins größere Zakk um und hatten plötzlich anstatt eines kleinen Gigs eine Veranstaltung unter anderem mit SLOPPY SECONDS, den LURKERS und SCHLIESSMUSKEL.

Wie groß ist euer Fanclub?

Jörg:
Das kann man nicht genau sagen. Denn wir haben nie dieses typische Fanclub-Ding durchgezogen. Das war uns immer zuwider. Es gibt keine Mitgliederliste und keinen Mitgliedsbeitrag. Es war ein enger Kreis, der den Club gründete. Und es dürfen sich alle zugehörig fühlen, die uns gut kennen und denen die RAMONES etwas bedeuten.

Spinnen wir mal rum: Die RAMONES als Haupt-Act bei ihrem eigenen Tribute-Konzert – wäre das möglich gewesen?

Jörg:
Ja. Sie wären tatsächlich fast aufgetreten – wenn sie aufgrund einer Erkrankung Joeys nicht eine geplante Skandinavientour hätten absagen und in den USA hätten bleiben müssen. Wir hatten damals Kontakt zum skandinavischen Veranstalter. Der hätte den Flug der Band von Kopenhagen nach Düsseldorf und wieder zurück bezahlt. Aber letztlich sage ich auch: Es war besser so. Stell dir mal vor, die RAMONES wären da gewesen: Das hätten wir nicht mehr toppen können! Dann hätten wir all die Konzerte in den Jahren danach – 1996 zum Ende der Band, 1999 zum 25. Bandgeburtstag, 2004 zum 30. Bandgeburtstag oder das Benefizkonzert für krebskranke Kinder „Beat On Cancer“ 2012 – gar nicht machen können, weil die Fans jedes Mal erwartet hätten: „Oh, vielleicht springen die RAMONES heute ja aus dem Grab. Zumindest einer wird ja wohl dabei sein!“ Außerdem: Da wären ja auch noch die Hotelkosten gewesen: Eine Nacht im Holiday Inn für die ganze Crew? Das hätte ein paar Tausend Mark gekostet.

Von eurem Fanzine Loudmouth, das zum Konzert erschien, gibt es nur eine Ausgabe, oder?

Jörg:
Richtig. 1.500 Stück Auflage. Alle weg. Das war aber im Prinzip auch nur als einmalige Sache geplant – unter anderem wegen der Exklusivität: Das Fanzine umfasste große Fragebögen, die die Bandmitglieder für uns ausgefüllt hatten.

Wie und wann habt ihr erfahren, dass sich die RAMONES auflösen?

Jörg:
Ich meine mich zu erinnern, dass es 1993 schon konkrete Überlegungen gab ... Johnny hatte das angedeutet.

Christian: Wenn man sich mit ihnen unterhielt, klang schon ein geraume Zeit vorher durch, dass sie keine 20 Jahre mehr auf der Bühne stehen würden.

Wie habt ihr als Die-hard-Fans das Ende aufgenommen – mit Tränen in den Augen und verzweifelt?

Christian:
Nein. Wir waren schon traurig. Natürlich. Aber das Ende war doch nachvollziehbar.

Jörg: Alle hatten genug Geld verdient. Und vor allem: Joey war krank. Unter anderem wegen ihm sind ja damals immer wieder ganze Touren ausgefallen, von denen die Leute gar nichts wussten – siehe Skandinavien.

Zu welchem Ramone hattet ihr den engsten Kontakt?

Jörg:
Ganz klar zu CJ!

Christian: Er war ja als Jüngster in der Band in unserem Alter und entsprechend der Lockerste von allen. CJ hat immer mit den Fans rumgehangen. Er ist vor und nach den Konzerten durch die Halle gegangen und hat sich an den Merchstand gestellt: Haare nach hinten, Mütze auf – die meisten haben ihn noch nicht einmal erkannt. Und der Kontakt ist heute noch da. Wenn wir ihn auf Tour treffen, dann erinnert er sich an alles. Er kennt noch jeden Namen.

Wie sah es mit den anderen Bandmitgliedern aus?

Christian:
Mit Johnny war es ebenfalls etwas Besonderes. Auch er kam von sich aus häufig auf uns zu und sprach mit uns.

Jörg: Mit Joey war es schwieriger. Er war schüchtern. Und: Er hat nicht mit einem geredet, wenn Johnny in der Nähe war. Ich unterhielt mich mal beim Bizarre Festival in Berlin fast fünf Stunden lang mit ihm. Und das war auch super. Dann aber kam Johnny an – und das Gespräch war sofort beendet.

Joey und Johnny: die vielleicht größte Streit-Geschichte der Rockhistorie ...

Jörg:
Ja, aber man muss auch vorsichtig sein, denn: Es stimmt nicht, dass die beiden gar kein Wort miteinander gewechselt hätten. Ich weiß zum Beispiel, dass Johnny für Joey jahrelang dessen Geld verwaltete. In dieser Hinsicht hatte Joey zu Johnny offensichtlich mehr Vertrauen als zu seiner eigenen Familie. Wobei: Ich hätte Johnny auch blind mein Geld anvertraut. Er war absolut korrekt und hätte niemals irgendjemanden über den Tisch gezogen.

Wie lief das damals mit der Tourplanung für euch, so ohne Internet und Handy?

Jörg:
Von der Italientour, während der ich der Band zum ersten Mal hinterhergereist bin, erfuhr ich aus dem Fernsehen, durch MTV. Ich rief danach sofort die New Yorker Telefonnummer an, die auf den RAMONES-Platten drauf stand, und fragte mich so lange durch, bis mir irgendjemand sagen konnte, wann die Band wo spielen würde und wohin ich Geld zu überweisen hatte für die Karten. Später, als Tourmanager Monte Melnick mich beziehungsweise uns gut kannte, waren wir in seinem Fax-Verteiler. Da waren wir dann gut informiert und standen eigentlich immer problemlos auf der Gästeliste.

Was war euer schönstes Erlebnis mit den RAMONES?

Christian:
Das waren so viele. Die Reisen. Die Begegnungen mit Band, Crew und anderen Fans. Das erste Konzert natürlich!

Jörg: Das erste ist ja immer das beste. Denn du kennst eine Band erst dann richtig, wenn du sie zum ersten Mal live gesehen hast.

Christian: Ja. Und dann war da natürlich das Abendessen mit der Band bei mir zu Hause, das war 1993. Wir wollten uns dafür revanchieren, dass die Band uns in den Monaten zuvor so eine tolle Tournee, es war die mit MONSTER MAGNET, beschert hatte. Und da kam uns die Idee, sie zu einem Abendessen einzuladen. Erst wollten wir in ein Restaurant gehen. Dann aber dachten wir: Warum nicht in einem persönlicheren Rahmen? Und im Haus meiner Eltern, in dem ich damals als Schüler noch wohnte, war am meisten Platz. Ich fragte also meine Mutter und meinen Vater. Sie waren sofort dabei. Das endgültige Okay seitens der RAMONES habe ich am selben Tag noch in der großen Schulpause aus einer Telefonzelle heraus von Jörg eingeholt. Und dann kamen Johnny, Marky, CJ, Monte – Joey blieb lieber im Hotel – abends mit dem Bandbus nach Monheim-Baumberg, wo ich sie total aufgeregt an der Türe begrüßte.

Was gab es zum Essen?

Christian:
Piccata Milanese, Nudeln mit Schnitzelchen. Die Idee hatte mein Vater gehabt, der auch kochte. Johnny war ein wenig enttäuscht, weil es kein deutsches Gericht gab. Aber wir hatten uns eben gedacht: Mit italienischem Essen bist du immer auf der sicheren Seite. Es war jedenfalls ein toller Abend und die Band hat sich hinterher artig bedankt. Ich weiß noch ganz genau, wie sich Johnny lange mit meinem Vater über die Holzvertäfelung an der Wohnzimmerwand unterhielt. Das hat ihn offensichtlich über die Enttäuschung mit dem Essen hinweggetröstet.