RAZORBLADES

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Surfen abseits des Mainstreams

Die unermüdlichen RAZORBLADES aus Wiesbaden haben eine neue Platte am Start. Mit „New Songs For The Weird People“ übertrifft sich das Trio selbst und liefert 17 heftig rockende Surf-Rock-Tunes ab. Unter den sonst rein instrumentalen Songs sind diesmal zwei mit Gesang. Besser geht Surf nicht! Mit mehr als 600 Konzerten in 14 Jahren im In- und Ausland sind die RAZORBLADES eine der aktivsten Live-Bands, die sich derzeit im Punk-Rock’n’Roll-Dunstkreis bewegt. Das alles wäre ohne all die schrägen Leute dieser Welt nicht möglich. Wir sprachen mit RAZORBLADES-Gitarrist Martin aka Rob Razorblade darüber.

Martin, eure neue Platte ist den „weird people“ gewidmet. Wen meint ihr damit?


Das sind zwei Gruppen von Leuten. Zum einen bewegen wir uns mit den RAZORBLADES immer noch musikalisch fernab des Mainstreams und sind somit auf Menschen angewiesen, die sich für solche „abseitigen“ Sachen interessieren. Im Laufe der Jahre haben wir unzählige Leute kennen gelernt, die nur zum Spaß Konzerte veranstalten, ohne den Riesengewinn zu machen, oder die eben solche Konzerte besuchen. Das heißt zum Beispiel, dass wir in einem kleinen Ort im englischen Cornwall spielen, der Veranstalter sich tierisch freut, dass wir kommen, und im Publikum jedes Mal wieder bekannte Gesichter stehen. Und das alles mit einer Musik, bei der Otto Normalverbraucher nur verwundert den Kopf schüttelt. Für diese Leute spielen wir – denn die halten die Musikszene abseits vom Mainstream am Leben. Ich bin in den Achtzigern großgeworden und es war für mich extrem wichtig, nicht so zu sein wie alle anderen. Von daher freue ich mich, wenn das immer weitergeht und junge Leute zu den Konzerten kommen, die sich für diese Szenen interessieren, nachforschen und eine eigene Identität entwickeln.

Wie würdest du jüngeren Leuten erklären, warum es sich lohnt, nicht nur den Einheitsbrei zu fressen?

Ich stehe nicht darauf, jungen Leuten zu erklären, was sie machen sollen und was nicht, auch wenn ich mittlerweile über vierzig bin, haha. Generell finde ich, dass man sich musikalisch oder auch bei jeder anderen Kunstform nicht auf das beschränken soll, was gerade angesagt ist, sondern herausfinden sollte, was einem selbst wirklich gefällt. Es gibt ohne Ende tolle Musik, warum sollte man sich auf die zwanzig Songs aus den Charts beschränken oder sich nur die drei angeblich wichtigsten Punkbands anhören? Ich finde es viel interessanter, breit aufgestellt zu sein und Sachen zu kombinieren, wo das nicht so naheliegend ist. Letztendlich hat das Leben ja viele Facetten und dazu gibt’s auch immer die passende Musik. Morgens um acht ist mir nicht nach High-Energy-Punkrock, sondern es kann auch mal was Folkiges sein. Eine solche Herangehensweise würde ich jedem empfehlen, egal, ob er 14 oder 85 ist.

Die Platte erscheint bei General Schallplatten, eurem eigenen Label. Bringt ihr da auch andere Bands raus?

Das Label betreiben wir seit unserer zweiten Platte. Andere Bands bringen wir nicht heraus, es geht nur um eine Plattform für meine eigene Musik. Ich denke, ein eigenes Label ist mittlerweile für viele Künstler der beste Weg, um noch etwas Geld mit der Musik zu verdienen. Viele kleine Labels haben weder das Budget noch die Zeit, um eine Band nach vorne zu bringen, da die Besitzer oft nur nebenberuflich aktiv sind. Von daher ist es am sinnvollsten, sich selbst um alles zu kümmern. Mir liegt das auch, da ich ein Mensch bin, der gerne selbst entscheidet, was er wann und wie macht. Ich lebe seit 25 Jahren vom Musikmachen und kenne mich dadurch mittlerweile auch gut mit den organisatorischen Abläufen aus, die hinter einer Albumproduktion stehen.

Ihr tourt viel und spielt dadurch mit anderen Bands in allen möglichen Clubs weltweit. Wie nimmst du die derzeitige Underground-Szene wahr?

Ich habe den Eindruck, dass der Underground etwas auf dem Rückzug ist und es noch mehr als früher vom persönlichen Engagement Einzelner abhängt, ob etwas passiert, egal ob es sich um Konzerte, Magazine oder Ähnliches handelt. In den letzten Jahren begeistern sich alle für eher eventartige Veranstaltungen und da ist dann ein D.I.Y.-Konzert mit hundert Leuten für viele nicht ganz so spannend. Nichtsdestotrotz gibt es all das weiterhin und da heißt es dann: weitermachen – irgendwann liegt man dann mit seiner Musik vielleicht wieder im Trend, haha. Neue coole Bands gibt es immer, es hört nie auf.

Welche aktiven Surf-Bands gibt es momentan? Ich erinnere mich, dass es in Deutschland vor etwa zehn Jahren mal ein paar mehr waren.

Es gibt sicherlich immer noch einige Surf-Bands, aber die meisten sind eher im Hobbybereich angesiedelt und nur bedingt aktiv, was Konzerte und Veröffentlichungen angeht. Ja, um 2005 herum gab es ein paar aktive Bands mehr, die sind aber größtenteils verschwunden. Zurzeit gibt es in Europa drei Surf-Bands, die wirklich viel machen: MESSER CHUPS, LORENZO SURFER JOE und eben uns. Dann noch JANCEE PORNICK CASINO, mit einer Mischung aus Surf, Rock’n’Roll, Punk und Russenfolklore. Surf ist nur eine Randerscheinung im Underground, da keiner so genau weiß, was das ist. Mir ist es mittlerweile wichtiger, als Band wahrgenommen zu werden, die ihr ganz eigenes Ding macht, und nicht einfach nur als Surf-Band. Trotzdem gibt es eine kleine Szene, die Festivals, Radiosendungen und Konzerte veranstaltet, mit vielen netten, enthusiastischen Leuten, mit denen wir uns auch stark verbunden fühlen.