BOSTON MANOR

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Unerfüllte Wünsche

Schwermut und sanfte Melancholie sind mögliche Übersetzungen des Albumtitels „Saudade“ der jungen britischen Band BOSTON MANOR. Zusammen mit BASEMENT und MOOSE BLOOD sind sie die relevantesten Vertreter der neuen Welle englischer Pop-Punk/Emo Bands, die zu Recht nach Aufmerksamkeit schreien. Sänger Henry spricht im Interview über die Sehnsüchte und Pläne seiner Band.

Eure Debüt-EP trägt den Titel „Saudade“, ein Begriff der aus dem Portugiesischen kommt und gleich mehrere Bedeutungen haben kann. Was heißt es für euch und eure Musik?

Für mich bedeutet „Saudade“, bestimmte Dinge zu vermissen und sich nach ihnen zu sehnen. Es kann sich aber auch um ein spontanes Verlangen oder eine permanente Begierde handeln. Auf der anderen Seite verbinde ich mit dem Begriff auch die Sehnsucht nach etwas, was ich noch nie besessen habe – eine Art Traum oder unerfüllter Wunsch.

Lassen sich diese Emotionen und diese Sehnsüchte in jedem eurer Songs finden?

Jeder Song hat einen anderen Ansatz, jedoch gibt es eine Richtung, die sie alle thematisch vereint. Als wir die Platte aufgenommen haben, hat sich viel für uns als Band geändert. Wir hatten zum ersten Mal die Chance, größere Tourneen zu spielen. In den Songs beschreiben wir, wie wir mit der Situation umgehen, welche positiven, aber auch welche negativen Erfahrungen damit verbunden sind. Der Song „Shade“ zum Beispiel handelt von meiner Schwester und wie ich es verpasst habe, sie beim Aufwachsen zu unterstützen, da ich nicht bei ihr sein konnte.

Welches Gefühl ist für dich am stärksten, wenn du eure Musik und speziell „Saudade“ beschreiben solltest?

Ein Gefühl von Schwere, gar Trauer, aber auch Dankbarkeit trifft die Sache recht gut.

Es ist auffällig, wie groß die Dichte an guten Post-Hardcore und Pop-Punk-Bands aus England in den letzten Jahren offenbar ist. Wer war musikalisch sowie textlich eurer wichtigster Einfluss?

Wie du dir sicher denken kannst, sind die Geschmäcker in unserer Band sehr verschieden. Jedoch können wir uns alle sehr gut auf Bands einigen wie THRICE, BIFFY CLYRO und vor allem TAKING BACK SUNDAY. Ich selbst höre sehr gerne Post-Rock-Sachen. Inhaltlich haben wir es uns immer gerne offen gelassen, worüber wir schreiben wollen. Es gibt für de Texte nicht wirklich ein Vorbild. Es sind eher die Geschichten, die um uns herum passieren, welche uns am meisten beeinflussen.

Hattet ihr jemals so etwas wie einen Masterplan für eure Band? Zum Beispiel eine ganz bestimmte Nische zu füllen, um mit der Musik Erfolg zu haben?

Ja, wir haben einen Plan. Dieser ist jedoch sehr simpel und einfach umschrieben: Wir setzen immer einen Fuß vor den anderen und versuchen, so lange dabeizubleiben, wie wir dürfen. Als wir angefangen haben, Musik zu machen, haben wir nicht damit gerechnet, das zu erreichen, was wir bis jetzt schon erleben durften. Wir haben jedoch immer weitergearbeitet und werden damit auch fortfahren, bis wir selber keinen Spaß mehr an der Sache haben. Ich habe keine Ahnung, wo wir in sechs Monaten stehen werden, aber gerade diese Ungewissheit ist es, die so viel Spaß macht. Im Moment, so viel kann ich sagen, haben wir die beste Zeit unseres Lebens.

Seht ihr euch in diesen unruhigen Zeiten als politische Band?

Ein paar von uns sind politisch sehr interessiert und auch engagiert, und darüber gibt es regelmäßig auch hitzige Diskussionen im Bus. Als politische Band sehen wir uns jedoch nicht, da es nicht für uns alle sprechen würde.

Kannst du etwas über die kulturelle Szene sagen, aus der ihr kommt, und wohin ihr es euch mit der Band noch verschlagen soll?

Die Szene bei uns im Nordwesten Englands ist leider so gut wie tot. Als wir jünger waren, gab es eine Menge Bands und vor allem D.I.Y.-Shows in Kellern, Büchereien, Restaurants und Jugendhäusern. Das hat uns sehr geprägt. Heutzutage gibt es jedoch kaum noch Locations, wo Konzerte stattfinden können und somit auch nur noch wenige Bands, die den Sprung schaffen. Wir wollen mit der Band unbedingt so viele Länder bereisen, wie wir können. Kanada, Osteuropa, Asien und Südafrika stehen ganz oben auf der Liste.