KEINE ZÄHNE IM MAUL ABER LA PALOMA PFEIFEN

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Blind Date

Der Proberaum von KEINE ZÄHNE IM MAUL ABER LA PALOMA PFEIFEN ist nicht nur wegen der ausgefeilten Dekoration (Amanda Lear-Picture-Disc etc.) einen Besuch wert. Zwei Drittel der Kieler Combo, Jochen und Steffen, kommentieren auf gewohnt amüsante Weise das musikalische Weltgeschehen.

KARIES „Abwärts“

Steffen: Kenn ich erst mal nicht ...

Jochen: KARIES.

Steffen: Ja, das sind ganz schön schnelle Sechzehntel, die die da spielen. Haha.

Jochen: Das haben wir bei unserem jugendlichen Berater im Tourbus gehört.

Steffen: Den Gesang finde ich ganz gut, so Peter Hein-mäßig. Erinnern mich andererseits aber auch an HUMAN ABFALL.

ADAM ANGST „Splitter von Granaten“

Steffen: Ist das ADAM ANGST? Da hab ich das Album, aber erst zwei, drei Mal gehört. Hab ich noch nicht so drauf. Klingt an manchen Stellen wie Farin Urlaub in wütend.

Jochen: Ich glaube nicht, dass ich das gut finde. Aber wie immer: Ich habe kein Geld, um mir Platten zu kaufen ... Ich mag die Stimme nicht besonders.

Steffen: Ich habe mir die eigentlich auch nur gekauft, weil ich mal wissen wollte, was die Punkrock-Jugend heute so goutiert.

HUAH! „Was soll ich mit der Welt“

Jochen: HUAH!

Steffen: Super!

Jochen: Ja!

Steffen: HUAH! haben auf meinem zweiten Punk-Konzert überhaupt gespielt. DIE GOLDENEN ZITRONEN, King Rocko Schamoni und HUAH! im Jugendzentrum Rendsburg 1987. Ich fand HUAH! total toll. Ein Freund von mir hat das Konzert noch mit seinem Kassettenrekorder aufgenommen, das klang total beschissen. Da war ich 18.

Jochen: Ich war mal mit 1000 PATRONEN Vorband von HUAH!, als ich 16 war. Da habe ich Knarf beim Konzert die Buchse runtergerissen und darunter war eine schöne weiße lange Elli. Und ich erzähl gerne, dass sie vorne einen gelben Fleck hatte, aber ich weiß es nicht mehr, weil ich eine Flasche Tequila vom Rummelpott-Laufen intus hatte. Danach hat mir der Mixer noch Schlumpfstimme aufs Mikro gelegt ...

Jochen: Haha.

Mit Knarf Rellöm habt ihr ja bis heute ein gutes Verhältnis.

Jochen: Ja, das ist mein großer Bruder. So stellt er mich auch immer vor.

BURIAL „Archangel“

Steffen: Das ist BURIAL. Das finde ich total großartig. Ich finde die Sachen, die er zuletzt gemacht hat, diese assoziativen Geschichten, noch geiler.

Jochen: Ich höre lieber Eurodance.

Marcus Wiebusch „Der Tag wird kommen“

Steffen: Das ist Marcus Wiebusch, oder? Ich habe von dem Stück gehört, aber ich höre es gerade zum ersten Mal. Marcus Wiebuschs Gesang ist mir immer auf den Keks gegangen. Ich war auch nie ...BUT ALIVE-Fan. Ich fand das immer okay und respektabel, ich mochte es aber nie so richtig.

Der Text bezieht ja klar und eindeutig Stellung gegen Homophobie im Fußball, könntet ihr euch vorstellen, so eindeutige Texte zu schreiben?

Steffen: Würde ich gerne, nur immer, wenn ich versuche, eindeutige Sachen zu schreiben, habe ich das Gefühl, das liest sich wie ein Klischee. Und dann habe ich Angst, spackig rüberzukommen. Deswegen lasse ich das dann meist wieder sein.

EGOTRONIC „Tolerante Nazis“

Jochen: Das ist was Audiolithisches. EGOTRONIC?

Steffen: EGOTRONIC habe ich auch noch nie gehört. Das bezieht ja auch explizit Stellung. Das würde ich mir aber lieber anhören als die Wiebusch-Nummer. Ist natürlich Wiebusch gegenüber total ätzend, was ich hier sage ...

Jochen: Ich find das gut – auch wenn ich das nicht so bringen könnte wie er. Aber ich finde Torsun als Typen gut. Der hat schon was, der postet immer gute Sachen.

MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER „Camouflage Yuppie“

Steffen: Dieser hohe Klang am Anfang, der erinnert mich an das Feedback des Songs „Reoccurring dreams“ von der „Zen Arcade“ von HÜSKER DÜ ... Das habe ich auch schon mal gehört.

Mit denen habt ihr mal live gespielt.

Jochen: Da waren wir bestimmt schon im Hotel. Haha.

Das sind MEDIENGRUPPE TELEKOMMANDER.

Steffen: Die fand ich damals nicht gut, und find das auch jetzt nicht gut.

Jochen: Geht mir ähnlich. Ein erstaunliches Büro haben die sich damals Backstage aufgebaut. Mit Drucker und allem ... und jeder einen kleinen goldenen Hotelschlüssel daneben gelegt. Und für uns waren nicht mehr Kanäle frei ...

Peter Behrens „Sie kam Australien“

Steffen: Erst mal gut. Klingt wie DER PLAN.

Jochen: Das ist Peter Behrens.

Steffen: „Klingt wie DER PLAN“ ... Super, einfach mal einen rausgehauen, haha!

Jochen: Ich hab die Maxi.

Steffen: Der Fall Peter Behrens ist auch tragisch.

Ich vermute ja, TRIO sind euer kleinster gemeinsamer Nenner.

Jochen: Ja, das kommt hin. Die sind genauso durchkalkuliert wie wir.

Steffen: Gestern morgen habe ich noch die „Bye Bye“ gehört.

HERPES „Very Berlin

Jochen: „Very Berlin“?

Steffen: KREISKY sind das nicht, und das ist auch nicht die erste VON SPAR, oder? Erinnert ja ein bisschen, was die Hektik und die Überspanntheit angeht, an DIE GOLDENEN ZITRONEN. Finde ich gut.

Jochen: Finde ich auch gut.

Steffen: Anstrengend und neurotisch. Ich würde das gern noch einen Moment hören ... So, jetzt reicht’s auch.

OMA HANS „Die alte Uhr“

Jochen: Rachut. Das sind OMA HANS.

Steffen: Als ich damals mit den beiden Typen von GRAUE ZELLEN zusammengewohnt habe, haben wir die erste DACKELBLUT rauf und runter gehört.

Könnt ihr auch mit KOMMANDO SONNE-NMILCH was anfangen?

Jochen: Ja, auf jeden Fall. Da hat er auch musikalisch mal was anderes ausprobiert. Und textlich finde ich den sowieso überragend.

Den Vergleich zu Rachuts Texten gibt’s bei euch ja immer wieder. Versucht ihr euch davon abzugrenzen?

Steffen: Also, wenn ich einen Text schreibe, versuche ich natürlich nicht, wie Rachut zu klingen, oder mich nicht wie Rachut zu lesen. Das fällt aber auch nicht schwer.

Jochen: Ich hatte das bestimmt schon mal, dass es ähnlich klang, fand ich aber nicht so schlimm.

Steffen: Ich finde ja auch, dass da stimmlich große Unterschiede bestehen. Ich denke auch, dass der Vergleich zwischen Jochen und Rachut gar nicht so angemessen ist. Ich finde zum Beispiel, dass TURBOSTAAT auch von der Stimme her viel mehr nach Rachut klingen.

Erik Cohen „Treue Herzen“

Jochen: Das ist Erich, nä? Haha, (schnippt mit) das sind SANTIANO für Ford-Taunus-Fahrer. Schon eine Wahnsinns-Wandlung nach SMOKE BLOW – hätte ich nie gedacht.

Steffen: Ich finde das klingt wie ’ne Pose, das Stück.

TURBOSTAAT „Tut es doch weh“

Steffen: Ey, das sind TURBOSTAAT. Ich habe das neulich schon gesagt, mir ist das, glaube ich, zu schön. Ich finde das gut, würde das aber nicht zu Hause hören.

Jochen: Ich kann das auch nicht schlecht finden, mir ist das aber von der Stimme und von den Gitarren her zu Rachut-mäßig. Die Breaks und wie er singt. Ich habe mal unbewusst im Plattenladen eine Platte von denen gehört und dachte erst: „Oh, Rachut hat was Neues.“

LOVE A „Trümmer“

Steffen: Klingt schon wieder wie Rachut.

Jochen: Nee, das sind LOVE A.

Steffen: Ah, das ist dieser Jörkk Mechenbier. Das ist ein total netter Typ, finde ich.

Jochen: Ich kenne nur das neue Album, und das finde ich gut.

SLEAFORD MODS „Tied up in Notts“

Steffen:Die habe ich im Vorprogramm von EA80 gesehen. „That man is a wanker!“ Wie heißen die noch?

Jochen: Sind das SLEAFORD MODS? Ich finde das gut!

Steffen: Ich finde das besser als die letzten vier oder fünf THE FALL-Platten zum Beispiel. Ich habe den Eindruck, mit fortschreitendem psychosozialen Abbau von Mark E. Smith werden THE FALL auch nicht unbedingt besser. Nee, den Song hier finde ich super!

KISS „Detroit Rock City“

Steffen: Das sind KISS, das ist „Detroit Rock City“. Das ist meine Jugend, das ist mein Leben, zumindest anteilig. Das nimmt überhaupt keinen Einfluss auf das Schaffen dieser Band ... KISS habe ich letztes Jahr live gesehen, da war ich wieder elf und ganz aufgeregt.

Jochen: Finde ich völlig Banane. Hahaha.