Dafür / Dagegen: Download-Codes

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Seit ein paar Jahren sind sie fast Standard, die kleinen Zettel oder Karten mit einem Code darauf, mittels dem man sich als Vinylkäufer die Albumsongs als mp3-Dateien downloaden kann, um damit Smartphone oder Rechner zu füttern. Was spricht dafür, was dagegen?

Dafür

Vinyl mit Download-Code – best of both worlds! Analog und digital. Vinylromantik und Mobilitätspragmatik. Beiliegende lose CDs ohne Cover landen ohnehin lieblos in der Spindel oder im Seitenfach des Autos, machen optisch und haptisch nichts her, eignen sich nicht als Geschenk und bieten gegenüber dem Download keinen klanglichen Mehrwert. Ganz zu schweigen von den Dellen im Cover. Als hässlicher kleiner Bruder der Platte nimmt sie sich ungebührlich viel Platz und muss ständig hin und her geruckelt werden, um der wahren Königin des Covers Platz zu machen. Die CD-Beilage versetzt dem ohnehin schon vor sich hin siechenden Medium CD den endgültigen Todesstoß. Ein Tonträger im schlechtesten Sinne des Wortes als bloßes Abspielmedium.

Reduziert auf diese Rudimentärfunktion des Musik-Erlebens ist der Download-Code die folgerichtigere Wahl. Körperlos versucht er erst gar nicht, mit der Schönheit des Vinyls zu konkurrieren, sondern gibt sich mit einem unaufdringlichen Nischendasein in der Coverecke zufrieden. Er ist schnell gesichert und flexibel handhabbar für Sport, Auto, ÖPNV und Mix-CDs. Für den puristischen Vinylkonsumenten und mp3-Verweigerer bietet er sich außerdem als Präsent für Freunde mit entgegengesetzter Neigung an und macht sich optimal als Beilage zu Geschenken für Playlisten-HörerInnen, hübsch verschleift auch als Last-Minute-Geschenk.

Der umweltbewusste Punkrocker weiß die rohstoffschonende Erscheinung des Codes zu schätzen. Ein Schnippelchen Papier ist alles, was er braucht. Nutzt man ihn nicht, bleibt kein Restmüll im Haushalt und es entfällt das Horten undekorativer und nicht sammelbarer Silberlinge, die ihr schäbiges Dasein zwischen HiFi-Elementen, auf Boxen oder hinten in der Singlekiste fristen. Ebenfalls praktisch: Code-Trading. Schnell mal das neueste Mailorder- oder Plattenladenschnäppchen für den Kumpel zugänglich machen, wenn man den Code selbst nicht braucht. Bei Gefallen kann der natürlich auf Vinyl nachkaufen. Und den beiliegenden Code dann wieder weitergeben – Kreislauf!

Daniel Schubert

Dagegen

Download-Codes sind für Verlierer. Was für dämliche urbane Hipster, die samstags prätentiös aus dem Plattenladen schleichen, um sich bei einem späten Detox-Smoothie als Frühstücksersatz fit zu machen fürs anstehende Sneaker-Shoppen. Wenn man im Upcycling-Café bei seinen FreundInnen nach dem Bussi-links-Bussi-rechts die Stofftasche mit dem quadratischen Etwas auf den Tisch legt, ist man direkt mitten im Gespräch. „Oh, du kaufst Vinyl? Wow!“ Ja, gewusst wie, so macht man sich interessant, kann bei der Gelegenheit ein paar Worte zu seinem exquisiten Geschmack loslassen, von dem coolen Plattenladen schwärmen und diesen echt krassen Hardcore-Typen, die den betreiben. Den Mädels was von „limited edition“ erzählen, 180-Gramm-Vinyl, colored natürlich. Und man umgeht geschickt die naive Frage von der süßen Blonden, ob man denn echt einen Plattenspieler hat, wow.

Denn, und da ging dem Herrn Hipster mal eben der Puls hoch, weil er sich ertappt fühlte: Er hat – natürlich – keinen Plattenspieler. Und auch keine Stereoanlage, keine Boxen. Wozu auch? Ehrlich gesagt kauft er zwar ausschließlich Vinyl mit Download-Code, aber wenn er es mal genau betrachtet, nutzt er den nicht mal, nur selten. Streaming reicht ihm, sein Macbook, die Bluetooth-Boxen oder der zwar extrem unpraktische Riesenkopfhörer für 400 Tacken, der aber halt so geil aussieht, wenn man mit dem um den Hals durch die Stadt läuft.

Ein Plattenspieler also? Ja, sähe sicher cool aus in der Wohnung, aber eher so als Skulptur. Was auch für diese Designer-Boxen sprechen würde – sind ja echte Schmuckstücke. Beim Umzug sind die aber auch echt unpraktisch, so schwer. Sowieso: Eigentlich reicht es ja aus, die Platten im Regal stehen zu haben, wenn Besuch kommt. Nur die Verschweißung aufmachen nicht vergessen, wie bei der letzten Party, das war peinlich, er kam sich ertappt vor. Also vielleicht doch mal ’nen gebrauchten Plattenspieler kaufen ...? Nee, für das Geld gibt es ja ein Paar neue Nike.