TRUCKFIGHTERS

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Der Nächste, bitte

Denkt man an Stoner-Rock, fallen einem nicht nur Bands aus der Mojave-Wüste wie KYUSS oder FU MANCHU ein, sondern etwa auch die TRUCKFIGHTERS. Diese Jungs kommen nicht aus dem sonnigen Kalifornien, sondern aus dem frostigen Schweden, machen aber trotzdem einen vergleichbaren Sound. Und das ziemlich autark. Sie haben ihr eigenes Label Fuzzorama Records und in ihrer Heimatstadt Örebro ein eigenes Aufnahmestudio. Jetzt liegt das neue Album „V“ – erschienen in Zusammenarbeit mit Century Media – vor und Gitarrist Niklas „Dango“ Källgren und Bassist Oskar „Ozo“ Cedermalm müssen erst mal erklären, warum sie mal wieder zum Duo geschrumpft sind.

Lasst mich mal zusammenrechnen. Das ist jetzt Album Nummer fünf und Drummer Nummer acht. Ihr verbraucht ziemlich viele Schlagzeuger, würde ich sagen ...

Ozo: Ja, in Schweden gehen uns langsam die Drummer aus. Vielleicht sollten wir nach Deutschland zu ziehen, um neues Personal zu finden. Haha.

Jetzt mal ernsthaft. Wo ist das Problem?

Ozo: Es wird immer schwerer für einen Drummer, bei den TRUCKFIGHTERS einzusteigen. Dango und ich spielen jetzt schon 15 Jahren zusammen. Der Mann am Schlagzeug verbringt ja auch eine Menge Zeit mit uns. Das ist vielleicht das Problem. Haha. Nein, wir proben viel und verbringen eine Menge Zeit in unserem Studio mit Aufnahmen. Ein neuer Drummer müsste also alles andere aufgeben, um bei uns einzusteigen.

Dango: Es ist nicht so einfach, wenn man nicht so viel Geld verdient, aber viel Zeit investiert, getrennt von Freunden und Familie. Wenn du also nicht für die Band brennst wie wir, ist es schwer, lange dabeizubleiben.

Liegt es vielleicht doch daran, dass ihr beide sehr eng verbunden seid und ein drittes Bandmitglied nie in diese Beziehung hineinkommen kann?

Ozo: Ich denke, das ist nicht das Hauptproblem, aber vielleicht verstehen wir das auch nicht oder können das nicht reflektieren.

Dango: Vielleicht solltest du einfach unsere früheren Drummer fragen, warum sie ausgestiegen sind.

Euer Ex-Drummer Poncho hat euch vor zwei Jahren verlassen, um bei BLUES PILLS anzufangen. Wer sitzt bei euch jetzt am Schlagzeug?

Ozo: Niemand. Im Augenblick haben wir keinen festen Drummer.

Dango: Vor der Platte war Enzo für etwa eineinhalb Jahre bei uns. El Danno, der Typ, der auf der Platte zu hören ist, ist nicht mehr in der Band. Es hat nicht wirklich gut funktioniert – wie üblich. Haha.

Ozo: Das ist schon irgendwie lustig, aber auch bisschen verwirrend.

Wie geht ihr jetzt mit der Leerstelle am Schlagzeug um? Sucht ihr weiter einen festen Drummer oder arbeitet ihr mit Gastmusikern?

Dango: Wir haben aufgehört, einen festen Drummer zu suchen. Wir sind müde. Wir werden mit verschiedenen Schlagzeugern arbeiten. Wir werden sehen, was passiert.

THE MELVINS haben kürzlich ein Album namens „Basses Loaded“ veröffentlicht, bei dem jeder ehemalige Bassist einen Song spielt. Die haben nämlich ein ähnliches Problem wie ihr, nur eben am Bass. Das wäre doch auch mal ein Konzept für ein neues TRUCKFIGHTERS-Album. Ein Album mit allen ehemaligen Schlagzeugern.

Ozo: Das wäre großartig. Danke für die Idee! Das sollten wir machen.

Wie haben die TRUCKFIGHTERS eigentlich vor 15 Jahren angefangen? Mit Punkrock?

Dango: Eigentlich nicht, aber ich denke unsere Einstellung war auf jeden Fall mehr Punk als heute. Wir haben von Anfang an Musik gemacht, die sich an Stoner-Rock-Bands wie FU MANCHU orientiert.

Ozo: Ich war aber damals großer Fan von schwedischem Punkrock, Bands wie STREBERS, DIA PSALMA oder ASTA KASK. Diese Punkbands aus den Achtzigern und frühen Neunzigern haben mich lange begleitet. Die haben mich auf jeden Fall beeinflusst.

Wie kommt es, dass ihr als Schweden einen Sound spielt, den man doch sehr mit der kalifornischen Wüste verbindet? Spielt in eurer Musik auch die Natur und die Landschaft eine Rolle?

Dango: Wir denken, wir haben eine vergleichbare Landschaft in Schweden. Der Unterschied sind einzig die Temperaturen. Die sind das komplette Gegenteil. Bei uns gibt es aber auch regelrechte Einöden. Verlassene Orte, wo niemand lebt. Und die sind dann eben mit Schnee und nicht mit Sand bedeckt.

Ozo: Es ist hier eben eine andere Form von Wildnis. Mehr Wald, weniger Wüste.

Verbringt ihr mehr Zeit in dieser einsamen Umgebung oder lebt ihr lieber in der Stadt?

Ozo: Ich bin eher der Typ, der gerne draußen in der Natur ist und die Ruhe genießt. Ich bin kein großer Fan von großen Städten und Menschenmassen. Ich bevorzuge es manchmal, allein zu sein.

Dango: Meine Familie hat ein Landhaus mitten im Nirgendwo. Ich bin nicht allzu oft dort, aber wenn ich dort Zeit verbringe, ist das sehr entspannend. Ich bin vor etwa zweieinhalb Jahren nach Stockholm gezogen, Ozo lebt aber immer noch in Örebro.

Auch euer Studio und Proberaum ist in Örebro. Von dort kommen eine Menge Bands, zum Beispiel WITCHCRAFT.

Ozo: Die haben sogar ihr letztes Album „Nucleus“ in unserem Studio aufgenommen.

Dango: Und bei „Legend“, dem Album davor, saß Pezo am Schlagzeug, ein früherer TRUCKFIGHTERS-Drummer.

Damit schließt sich dann der Kreis.

Ozo: WITCHCRAFT-Sänger Magnus Pelander ist ein guter Freund von uns. Auch wenn wir ihn nicht oft sehen, denn er lebt ziemlich zurückgezogen.

Dango: Mit BLUES PILLS sind wir auch gut befreundet.

In Örebro gibt es offenbar einige Studios. BLUES PILLS haben sich auch ein eigenes Studio dort gebaut.

Ozo: Es ist eher ein einfaches Studio und es gibt noch das Unisound Studio von Dan Swanö, der viele Mainstream-Metalbands aufnimmt.

Dango: Und gibt natürlich noch das Soundlab Studio von Matthias Färm, dem Gitarristen von MILLENCOLIN, wo vor allem Punk- und Hardcore-Bands wie BOMBSHELL ROCKS oder THE PEEPSHOWS hingehen.

Gibt es zwei verschiedene Szenen in Örebro? Denn neben all diesen Rockbands gibt es ja mit MILLENCOLIN auch eine bekannte Punkband.

Dango: Das ist komisch. Es gibt eine Menge Bands in Örebro. Alle kennen sich, aber ich denke die Live-Szene ist ziemlich tot. Jeder hat da nur seinen Proberaum.

Ozo: Wir sind gezwungen, ins Ausland zu fahren, um Konzerte zu spielen. Deshalb sind die schwedischen Bands auch so oft in Deutschland. Ihr habt viel mehr Clubs. In Schweden ist es sogar in den großen Städten schwer, öfter als nur Freitag und Samstag zu spielen.

In meinem Auto habe ich einen CD-Wechsler und ich habe euer neues Album „V“ zusammen mit den letzten beiden Alben „Universe“ und „Mania“ eingelegt und immer wieder hin- und hergewechselt. Irgendwann konnte ich nicht mehr unterscheiden, welcher Song von welchem Album ist. Sie klingen alle irgendwie ähnlich. Ist diese Erkenntnis schlimm für euch?

Ozo: Das ist interessant.

Dango: Als wir „Mania“ aufgenommen haben, haben wir uns ziemlich weiterentwickelt. Wir hatten unseren Sound gefunden. Von diesem Zeitpunkt an gab es nur noch kleine Schritte. Ich kann deine Einschätzung also akzeptieren.

Mir gefällt der erste Song, „Calm before the storm“. Ihr habt ein wirklich brutales und dunkles Video dazu gedreht.

Ozo: Das Video ist inspiriert von einem Mordfall, der in Schweden wirklich passiert ist. Wir wollten die Geschichte erzählen, wie es vielleicht abgelaufen ist. Basierend auf den Zeitungsartikeln und Fernsehberichten. Wir wollten diesen schrecklichen Vorfall einfach reflektieren, wie es dazu gekommen sein könnte.

Haben die anderen Songs auch so ernste Themen?

Ozo: Im Song „The 1“ geht es um meinen älteren Sohn, der lange bei mir gewohnt hat. Wir haben viel Zeit zusammen verbracht. Aber mit dem Älterwerden hat er mich immer mehr abgelehnt. Momentan haben wir nicht viel Kontakt. Wir haben eine Menge ernste Themen auf dem Album.

Dango: Im Song „The contract“ geht um eine juristische Auseinandersetzung mit unserem früheren Management. Sie haben uns verklagt, weil sie denken, wir hatten nicht das Recht, sie zu feuern. Manager können manchmal auch Arschlöcher sein.

Es scheint, ihr hattet schwere Zeiten, als das Album entstanden ist.

Dango: Nicht wirklich. Normalerweise bin ich ein sehr positiver Mensch. Aber wenn man viel liest und sich mit Dingen näher beschäftigt, stellt man fest, dass eine Menge merkwürdige Sachen passieren. Vielleicht ist es für ein Weg, solche Gefühle loszuwerden, Songs darüber machen.

Das neue Album erscheint wieder auf eurem eigenen Label Fuzzorama Records. Ihr kooperiert aber diesmal mit Century Media in Deutschland. Warum?

Ozo: Wir haben ihnen die fertigen Masterbänder übergeben und sie sind zuständig für die Vermarktung und Vertrieb der Platte.

Dango: Alles selbst zu machen kostet uns einfach zu viel Zeit. Wir haben auf Fuzzorama Records ja auch noch andere Bands wie ASTEROID, DEVILLE, WITCHRIDER oder VALLEY OF THE SUN, um die wir uns auch kümmern müssen.