NO°RD

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Eine bestimmte Form von Einsamkeit

„Dahinter die Festung“ ist die neue Platte von der Band NO°RD. Eine Band, die sich in einem Genre bewegt, das so manchem recht unüberschaubar und nicht besonders divers erscheint. Dieser Jammer-Punk, dieser Studenten-Punk, dieser Emo ... Diversität ist aber da, und bei NO°RD lohnt es sich zuzuhören, auch zuzusehen und dabei das Besondere zu entdecken. In all der feinsinnigen, aber niemals hochtrabenden Art versteckt sich auch hier und da ein Augenzwinkern. Wie auch in wohl jeder der folgenden Antworten geben – nicht zuletzt auch, um uns hier und da mal aus Reserve zu locken.

Ihr seid mit Kidnap Music auf dem Label von Leuten wie PASCOW. Ist das auch die musikalische Tradition, in der ihr euch seht?

Holz: Wir verfolgen PASCOW seit der ersten Platte und sind jetzt sehr froh, dass die uns gefragt haben.

Maik: Vor allem Andi und Holz sind große Fans von PASCOW.

Andi: Ja, für mich ist das so ein Fanboy-Ding. Deutschsprachiger Punk wird ja immer so auf eine Schiene gezogen. Zum Beispiel wurden wir mal mit PASCOW und LOVE A verglichen. Dabei klingen die beiden ja schon total unterschiedlich.

Holz: Ich befürchte, dass Leute, die so was sagen, keine Ahnung von Musik haben. So was ist, glaube ich, auch eine Ausrede, um sich nicht eingehend mit einer Platte beschäftigen zu müssen. Wir haben aber auch interessante Reviews bekommen.

Laut eurem Label geht es auf „Dahinter die Festung“ um Ausgrenzung und Einsamkeit. Findet ihr das als Zusammenfassung erschöpfend oder würdet ihr das ergänzen?

Holz: Das sind ja Schlagworte, die viel bedeuten können. Ich habe die Beschreibung auch selbst angeregt. Denn das ist schon die Grundstimmung, die sich durch meine Texte zieht. Was man in der Platte genau sieht, kann jeder für sich entdecken.

In einem Review über NO°RD las ich den Vorwurf, dass Punk ja ruhig etwas konkreter sein dürfte.

Holz: Es gibt Texte, vor allem ältere, bei denen ich mich selbst frage, was ich da eigentlich sagen wollte. Oder auch solche, in denen ich ein Gefühl ausdrücken wollte, so wie beim letzten Song der Platte. Das mag ein wenig kryptisch erscheinen, das ist in meinen Augen aber auch kein Schimpfwort. Texte wie der zu „Flutlicht“ zum Beispiel handeln dagegen ziemlich eindeutig von einer bestimmten Form von Einsamkeit.

Andi: Für mich erzeugen viele Texte von Holz schöne Bilder. Kryptisch ist gar nicht das richtige Wort, aber bei mir entstehen Bilder im Kopf.

Ihr seid ja eigentlich noch eine recht junge Band und dafür schwingt auf der Platte schon recht viel Resignation mit. Wie kommt das?

Maik: Das kommt natürlich aus der Jugend, in der wir solche Musik die ganze Zeit gehört haben! Die Kunst ist ja, daran das Schöne zu sehen und Energie daraus zu ziehen. Ein Kommilitone von mir hat mal gesagt, wenn er bei mir war und meine Musik gehört hat, könne sein Therapeut direkt von vorne anfangen. Aber das ist ja Quatsch.

Willy: Ich finde es interessant, dass die Leute das auf der instrumentalen Ebene gar nicht so wahrnehmen. Die Musik klingt also gar nicht resigniert. Das ergänzt sich und fängt sich gegenseitig auf.

Holz: Ich finde es auch wichtig, dass wir Hoffnung transportieren. Aber manchmal fühlt man sich eben so und das kommt natürlich zum Tragen. Das ist Ausdruck davon, wie wir in der Gesellschaft vorkommen. Ich versuche immer, am Ende was Hoffnungsvolles einzubringen.

Andi: Wir sind beruflich ja auch alle als so Sozial-Hippies unterwegs. Deswegen kann zumindest ich mich auch gut mit Holz’ Texten identifizieren. Ich treffe jeden Tag Menschen, auf die ich unsere Songs beziehen könnte. Insofern ist das eine Bearbeitung von dem, was wir jeden Tag erleben.

Holz: Im pädagogischen Dienstzimmer nennt man das Psychohygiene.

Pathetisch sind die Texte dabei ja nicht unbedingt, aber der Gesang hat etwas Theatralisches. Legst du, Holz, es darauf an?

Holz: Schon ein bisschen. Es hat etwas Befreiendes, auf der Bühne zu stehen und etwas zeigen zu können. Ich versuche, das ein bisschen theatralisch zu gestalten, weil dadurch eine gewisse Distanz entsteht und gleichzeitig auch Nähe.

Distanz zu dir oder zu den Leuten, die zuschauen?

Holz: Zu beiden würde ich sagen. Es schwingt auch Ironie mit und das ist mir wichtig, weil ohne die fände ich es schwierig. Künstler, die komplett unironisch auf der Bühne agieren, finde ich oft anstrengend. Ich brauche da Distanz und die erreiche ich eben auch über Theatralik.