RADKEY

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Warten auf Superhelden

Sie sind jung, Anfang zwanzig, spielen aber schon seit sechs Jahren die Musik der alten Helden: Grunge, Punk, Alternative-Rock. Nun haben RADKEY, die Band, die aus drei Brüdern besteht, ihre Debütplatte „Dark Black Makeup“ von 2015 Ende 2016 als „Delicious Rock Noise“ noch einmal rausgebracht. Bassist Isaiah Radke erklärt uns, warum anstatt neuer Songs lieber noch mal die tollen ollen Kamellen aufgewärmt werden – und wie es ist, als Sohn eines Puerto-Ricaners und einer schwarzen US-Amerikanerin in Trump-Country zu leben.

Isaiah, in Deutschland hat man aus den USA in den vergangenen Wochen nur Dinge über Trump gehört ... Ich hoffe, du hast ein paar gute Nachrichten für uns, wie ist die Situation derzeit?

Es ist ziemlich schrecklich. Einige sagen zwar, man solle sich keine Sorgen machen. Aber wenn du in ein Restaurant gehst und nicht weiß bist, dann wirst du mittlerweile auch gerne mal wieder offen angepöbelt. Und auch als Frau hast du es schwer, Respekt einzufordern. Es ist viel Hass im Spiel.

Erlebt ihr das am eigenen Leib? Immerhin seid ihr drei RADKEY-Jungs die Kinder eines puerto-ricanischen Vaters und einer schwarzen, amerikanischen Mutter.

Ja. Und wir fühlen uns nicht wohl. Das macht uns Angst. Plötzlich ist der Ku-Klux-Klan wieder in aller Munde. Und das Ganze kommt einem vor wie in einem Film der Marke „Watchmen“. Einem Film, in dem die Welt Gefahr läuft, zerstört zu werden. Wir benötigen eigentlich ein paar Superhelden, so einen wie Rorschach, die uns retten, haha.

Wird euer nächstes Album also ein politisches?

Ich weiß nicht genau ... Wir haben bislang nie ernsthaft darüber nachgedacht, ein politisches Album zu machen. Aber das könnte sich ändern. Zumindest könnte es eines werden mit Songs, in denen es darum geht, was falsch und was richtig ist im Umgang miteinander. Denn es ist ja klar: All das, was gerade abgeht in den USA und weltweit, kann man nicht einfach so ignorieren.

Die Platte, die ihr jetzt veröffentlicht habt, ist kein neues Album. „Delicious Rock Noise“ ist vielmehr eine Art Rerelease eures Debüts „Dark Black Makeup“ mit einigen alten EP-Songs als Bonus. Warum habt ihr anstelle einer neuen Platte eure bekannten Songs noch einmal aufgetischt?

Wir sind jetzt bei einem neuen Label, Another Century, und wollten diese Veränderung mit „Delicious Rock Noise“ feiern. Außerdem haben viele Leute unsere erste Platte noch gar nicht gehört. Sie bekam wenig Aufmerksamkeit und hat unserer Meinung nach viel mehr Potenzial, das noch genutzt werden muss. Deshalb bringen wir sie noch mal raus. Nichtsdestotrotz haben wir bereits ein paar neue Songs fertig für ein neues Album, das definitiv kommen wird! Aber wir wollen sie erst mal live ausprobieren, ehe sie auf Platte gepackt werden.

Warum habt ihr das Label überhaupt gewechselt?

Weil die Leute bei Another Century uns unbedingt haben wollten und um uns gekämpft haben. Sie haben sofort voll und ganz verstanden, wie wir ticken, was uns unsere Musik bedeutet und wie sie klingen soll. Sie wollten uns nicht reinreden oder uns ändern. Es war also ein logischer Schritt.

Ihr drei seid noch sehr jung, habt aber offensichtlich einen sehr reifen Musikgeschmack, der weit entfernt ist von dem eurer meisten Altersgenossen ...

Wir wurden von unseren Eltern in Sachen Musik geprägt. Sie hörten immer RAMONES, R.E.M., WEEZER, NIRVANA, LED ZEPPELIN oder THE WHO. Eine Menge an Einflüssen.

Gab es niemals Pläne, zu studieren oder eine Ausbildung zu machen – so wie das andere Teenager tun?

Nein. Wir waren seit jeher voll auf RADKEY fokussiert – und das ist besser als jedes Studium und jeder Job, haha.

Was hat sich für euch seit den Anfangstagen der Band verändert?

Gar nicht so viel. Wir sind seit sechs Jahren irgendwie ständig unterwegs und genießen jede Minute davon. Wir haben mittlerweile nur weniger Zeit, um Playstation zu zocken oder Fernsehen zu schauen, was schade ist, haha.

Lebt ihr immer noch im Haus eurer Eltern mit eurem Vater als Bandmanager?

Ja. Immer noch. Und das ist cool.

Keine Gedanken an Ausziehen und das freie Leben?

Nein. Wir lieben unsere Eltern und sind gerne mit ihnen zusammen, auch wenn wir hier und da mal aneinandergeraten, wie das in allen Familien der Fall ist.

Wer von euch hat in der Band das Sagen?

Es gibt da keinen Chef. Wir schreiben die Songs, Musik und Texte, tatsächlich zusammen. Gemeinsam. Wir machen Vorschläge – und suchen uns den besten am Ende aus.

Nun gibt es zwischen Geschwistern nicht selten Streit ...

Bei uns nicht. Und ich glaube, das liegt daran, dass wir drei immer schon sehr viel zusammen waren. Wir wurden ja auch zu Hause von unseren Eltern unterrichtet, anstatt in die Schule zu gehen.

Gibt es irgendetwas, was euch am Bandleben gar nicht gefällt, eine Schattenseite des Ruhms quasi?

Ich würde sagen, das Einzige, was uns wirklich auf die Nerven geht, das ist das Warten auf Tour, bis endlich Showtime ist. Da muss man so viel Zeit totschlagen. Das ist nicht immer schön.

Wie weit können RADKEY es noch bringen in Sachen Rockstartum?

Haha, wir setzen uns kein Ziel. Daher sage ich: einfach so weit wie möglich. Uns geht es um Spaß an der Musik und an den Konzerten. Solange das noch da ist, sind wir zufrieden!

Welche Lektion habt ihr am heftigsten gelernt?

Dass es unglaubliche Kraft kostet, so eine Band mit allem Drum und Dran am Leben und Laufen zu halten.

Könntest du dir vorstellen, je in einer Band mit Leuten zu spielen, die nicht zu deiner Familie gehören?

Ehrlich gesagt, eher nicht. Das würde sich sehr seltsam anfühlen. Ich hätte Probleme damit, mir die Ansichten von Leuten anzuhören, mit denen ich persönlich gar nicht so viel zu tun habe, und mich danach zu richten.