Gut einkaufen

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Vinyl Pirate, Zürich

In Zürich gibt es mehr als ein halbes Dutzend Vinyl-Schuppen. Manche interessieren mich wegen des Sortiments nicht, andere sind teuer und verlangen umgerechnet 28 bis 40 Euro die Scheibe. Das Vinyl Pirate an der Strassburgstrasse 10 im Kreis 4 ist preislich und stilmäßig top. Nicht zuletzt passt mir aber auch das Ambiente: Hier läuft Punk, und das nicht zu leise.

Die Regale des beschaulichen Vinyl Pirate stehen im Untergeschoss des befreundeten Comicladens Analph. Zwischen „Star Wars“-Figuren und einer breiten Auswahl an Comics aus aller Herren Länder stößt man hier auf Hardcore-, Punk-, Garage-, Rockabilly-, Stoner- und Soul-Platten. Neben Sonderangeboten steht das Hauptsortiment der 12“s, diese kosten umgerechnet zwischen 13 und 20 Euro. Neuheiten werden separat aufgeführt und können auch etwas teurer sein, während die Singles unverschämt billig sind. Hier lohnt sich ein genauer Blick. Nicht umsonst soll vor ein paar Jahren Jello Biafra höchstpersönlich mehrere Stunden im Shop verbracht haben, nachdem er am Vorabend mit der THE GUANTANAMO SCHOOL OF MEDICINE in Zürich aufgetreten war, erzählt Alain. Er führt den Laden zusammen mit Marius und Jörg und ist außerdem Sänger von THE SENILES.

Während Stammgäste in der Sofaecke anstoßen und quatschen, stehen zwei Plattenspieler zum Probehören bereit. Aber Achtung: das Vinyl Pirate hat nur samstags zwischen 10 und 16 Uhr geöffnet. Richtig, denn wann sonst hat der „Büezer“ (Schweizerdeutsch: Arbeiter) Zeit, sich neue Musik zu besorgen? Internet und Smartphone? Kein Thema hier. Analog ist angesagt. Zu Beginn traten auch Acts wie beispielsweise Lightning Beat-Man im Shop auf. Dem Comicladen war das trotz der Punk- und Vinyl-Affinität des Besitzers dann doch zu viel Lärm. Schade!

Eröffnet wurde das Vinyl Pirate 1997. Die Idee hatte Alain nicht zuletzt, weil er zuvor bei einem Ableger von Recommended Records (RecRec) in Zürich im Vertrieb gearbeitet hatte. Außerdem befeuerte die Freundschaft mit Peter vom Prawda-Vertrieb, der als Drummer bei CWILL tätig war, die Gründung des Ladens. Die Platten bezog Alain neben Prawda auch schon von Mordam (USA), Cargo, P.Trash und Hoehni Records (D) und nicht zuletzt die begehrten Voodoo-Rhythm-Releases von Irascible (CH). Letzterer sei aber mittlerweile zu teuer für seinen Shop, so Alain. Jetzt bezieht er Neuheiten vor allem von Godbrain (CH) und Plastic Bomb (D). Dementsprechend fällt auch das Sortiment aus: es gibt fast ausschließlich Untergrundmusik fernab des Mainstreams. Apropos: Vom angeblichen Hype um Vinyl profitiert Vinyl Pirate nicht. Das sei so eine „Mediensache“, ist Alain überzeugt. Im Untergrund hat Vinyl sowieso schon immer bestanden, wogegen jetzt auch Media Markt Madonna und Beyoncé auf Vinyl entdeckt habe.