AFFENMESSERKAMPF

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Konkret ist nice

Zehn Jahre Bandgeschichte, drei Alben, Zynismus, Konkretheit und so. Interviews mit den Kielern AFFENMESSERKAMPF, die kürzlich ihr neues Album „Clowns in Wut“ auf Gunner veröffentlichten, lesen sich immer recht kurzweilig. Diesmal ist das anders. Oder auch nicht.

Ich habe das Gefühl, dass immer mehr Punkbands entweder unpolitisch sind oder mit ihren verklausulierten Texten so einen Kunstanspruch haben. Ihr hingegen schreibt ja konkret über die Dinge, die euch anpissen. Ist das euer Anspruch beim Texten, also dass es „konkret“ ist?

Hannes: Ich finde es manchmal schwierig, einfach zu singen, was ich meine. Inhalte verschwurbeln und Verklausulierungen empfinde ich als einfacher. Wenn ich direkt und ehrlich bin, denke ich manchmal, dass es total platt und deshalb peinlich klingt. Es dauert dann etwas, bis ich denke: Scheiß drauf, ich sag das jetzt so! Kurz: konkret ist nice.

Wer schreibt bei euch die Texte?

Hannes: Ich.

Torben: Da wir nicht mitbekommen, wie Hannes angeblich die Texte schreibt, glaube ich eher an den Ghostwriter Erik Cohen.

Wovon handelt der Song „Schwäche“ vom neuen Album?

Hannes: Ich mag weinerliche Menschen nicht um mich haben. Das Problem liegt hier sicher bei mir und meinem vergrabenen Seelenabfall, aber so äußert es sich eben. Es geht darum, dass ich der Härteste überhaupt bin. Mir kann nichts und niemand etwas anhaben. Ich habe mich äußerlich und innerlich komplett hart gemacht. Emotional verkrüppelt, aber dafür hart wie Sau. Ungefähr so, wie ich mir Henry Rollins zu Zeiten von „Hot Animal Machine“ vorstelle. Vielleicht habe ich aber auch nur zu viel die Rollins-Solo-Frühphase gehört.

Torben: Jetzt wissen wir auch, warum AFFENMESSERKAMPF so wenig unterwegs sind ...

Gibt es für euch einen Unterschied zu den Vorgängeralben?

Hannes: Thematisch ist das neue Album enger beieinander. Konkreter, politischer und unwitziger als die Sachen davor. Es hat vielleicht sogar so etwas wie einen roten Faden.

Torben: Ein großer Unterschied lag wohl im Songwriting, aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte. Während die Platten vorher fast vollständig bei gleichzeitiger Anwesenheit von allen Fünfen geschrieben wurden, haben wir versucht, die musikalischen Grundstrukturen bei „Clowns in Wut“ erst mal nur mit Gitarren und Schlagzeug hinzubekommen. Sprich: einen Song erst mal geschrieben und den dann nach den Notwendigkeiten für den Gesang umgebaut und die Arrangements hingedengelt. Ansonsten tendieren wir zum Glück seit jeher dazu, zu machen und dann einfach zu sehen, was dabei rauskommt. Also in der Herangehensweise ist es für mich einfach eine weitere AFFENMESSERKAMPF-Platte. Und darin liegt überhaupt nichts Schlechtes. Das bedeutet nämlich auch nach wie vor mit Spaß und Bewusstsein. Für die Analyse fühle ich mich nicht zuständig.

Hört ihr Musik über den Punk/Rock-Kontext hinaus, und wenn ja, was?

Hannes: Lana Del Rey finde ich stark. Und ich höre wieder viel Heavy Metal.

Leif: Ich halte das letzte CARDIGANS-Album „Super Extra Gravity“ für einen Geniestreich. In Gesellschaft höre ich gern die Lieder von Ronald Keiler aus Berlin.

Torben: Ich finde Amanda Palmer von DRESDEN DOLLS ziemlich gut.

Ist es nicht eigentlich sinnlos, abends auf Bühnen gegen Dinge zu wettern, die sowieso alle im Publikum scheiße finden?

Hannes: 1. Ich weiß doch gar nicht, was die scheiße finden. 2. Ich bezweifele, dass wir die gleichen Sachen scheiße finden. 3. Wenn wir aber trotzdem die gleichen Sachen scheiße finden, ist das immerhin eine tolle Ausgangslage für eine kleine Party!

Torben: Die Beantwortung dieser Frage mit „Ja“ würde relativ zwingend dazu führen, dass Bands mit „Meinungen“ sich am besten nicht mehr über den Proberaum hinaus bewegen. Ich bin mir da auch nicht so sicher, dass jeder im Publikum auf unserer Seite ist, wenn beispielsweise „Band of bros“ gespielt wird. Vielleicht auch doch, aber dann wurde es möglicherweise nicht ganz verstanden. Außerdem sehe ich nichts Sinnloses darin, Menschen, die „auf unserer Wellenlänge“ sind, in ihrem Tun zu bestärken. Zu vermitteln, dass man nicht allein ist, auch wenn es einem manchmal so vorkommen mag. Und dabei Spaß zu haben.

Ihr pflegt ja als Band einen sehr angenehm-ironischen Umgang mit „Vermarktungs-Themen“. Gesetzt den Fall, es gäbe Angebote größerer Plattenfirmen und Touren im Vorprogramm bekannter Bands etc., bis zu welchem „Level“ könnt ihr euch vorstellen, AFFENMESSERKAMPF populärer werden zu lassen?

Hannes: So was bekommen wir nicht angeboten. Dafür ist unsere Band dann doch zu speziell. Außerdem haben wir keine Zeit dafür. Und da das so ist, sind wir voll integer, true, real und arrogant underground. Weder gefallsüchtig noch anbiedernd.

Torben: Das Schlimmste, was passieren kann, ist abliefern zu müssen. Es reicht mir weiterhin, in meinem normalen Leben mit (Sach-)Zwängen, Kompromissen und Druck umgehen zu müssen. Wir machen, was wir wollen, was sich anbietet und was wir hinbekommen. Und wir mögen es, den Menschen bei Konzerten ins Gesicht zu schauen.

Lest ihr euch noch Rezensionen zu eurer eigenen Musik durch?

Hannes: Durchaus. Ich lasse mich gerne loben. Aber kritisieren ist auch gut. Ist mir eigentlich auch ein bisschen egal. Aber interessieren tut’s mich schon.

Torben: Klar ist das interessant, was andere Leute zu dem sagen, was man so raushaut. Viel mehr, als es eigentlich sein sollte.

Gibt es Punkbands, mit denen ihr euch anlegen würdet?

Hannes: Klar.

Torben: Welche von den beiden meinst du?