Punk Art #2: Ole O’Brian

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In dieser Artikelreihe stellen wir Menschen aus der Punk- und Hardcore-Szene vor, die sich im weitesten Sinne grafisch betätigen und Poster, Flyer, Cover gestalten. Diesmal sprachen wir mit Ole O’Brian, der außerdem bei den EVIL O’BRIANS spielt.

Bitte stell dich kurz vor.

Ich heiße Ole O’Brian und ich bin 44 Jahre alt. Ich wohne im schönen Braunschweig und bin für einen großen deutschen Lkw- und Bus-Hersteller tätig. Ich spiele Schlagzeug bei den EVIL O’BRIANS und male in meiner Freizeit Cover-, Shirt- und Poster-Motive sowie Logos für Punkrock-Bands. Meine erste Platte war „Somewhere In Time“ von IRON MAIDEN, die ich mir mit 14 gekauft habe, da ich das Cover großartig fand. Die Metal-Phase hatte bei mir ihren Höhepunkt dann Mitte der Neunziger mit allerhand Death-Metal-Gebolze aus Schweden und Florida. Punkrock habe ich in dieser Zeit aber auch schon gehört. Zuletzt haben Bands wie THE QUEERS, MTX und McRACKINS gewonnen und somit ist der Oldschool-Pop-Punk bis heute mein Lieblingssound.

Seit wann betätigst du dich künstlerisch, wie fing das an, wie ging es weiter?

Eigentlich zeichne ich seit der Schulzeit. Meine Schulbücher und Mappen waren voll mit furchtbaren Kritzeleien, die meine Klassenkameraden aber immer toll fanden. Diese Anerkennung war cool und deshalb habe ich wahrscheinlich nie aufgehört zu zeichnen. Die ersten Auftragsarbeiten waren Cover für Demotapes von befreundeten Bands und Konzertplakate. Dabei habe ich oft von mir gezeichnete Doodles mit wilden Schnipsel-Collagen kombiniert. Das alles wurde natürlich damals von Hand gemacht und mit Hilfe eines Kopierers erstellt.

Wie arbeitest du? Klassisch mit Papier und Farbe oder digital am Rechner?

Leider arbeite ich heute nur noch sehr wenig mit Farbe und Papier. Ich bin mit meinem Rechner und Grafiktablett, das ich sehr liebe, irgendwie effizienter unterwegs. Ich kann damit schneller und sauberer arbeiten und das Ergebnis sofort in alle Welt versenden. Auch eventuelle Korrekturen und Veränderungen kann ich viel schneller ausführen als bei einem Gemälde, das mit Scriptol auf Karton gebracht wurde. Zuerst erstelle ich normalerweise „Bleistift-Skizzen“, die ich mit dem Grafik-Pen auf den Bildschirm zeichne. Diese Skizzen nutze ich zur Abstimmung mit dem Kunden, ob das Bild in die richtige Richtung geht oder ob es noch Änderungswünsche gibt. Danach folgen die dicken schwarzen Linien und zum Schluss kommen die Farben und Lichteffekte hinzu. Fertig.

Bist du Autodidakt oder kannst du auf eine klassische künstlerische Ausbildung verweisen?

Nein, eine klassische Ausbildung habe ich nicht. Außerdem habe ich eine Rot-Grün-Schwäche. Deshalb bitte nicht wundern, wenn die Farben bei meinen Bildern nicht zusammenpassen, haha. Ich hatte früher eine tolle Kunstlehrerin, die mir irgendwie diesen Fluch auferlegt hat. „Olaf“, sagte sie, „du darfst nicht mit dem Malen aufhören. Mach bitte damit weiter!“ Das habe ich getan und bin ich über die Jahre immer besser geworden, so dass meine Sachen jetzt recht passabel aussehen.

Hast du Vorbilder, welche Stile beeinflussen dich?

Mein größtes Vorbild beziehungsweise meine größte Inspirationsquelle ist Darren Merinuk. Ich liebe einfach seinen Stil und außerdem ist er ein sehr netter Kerl. Dann gibt es da noch Eric Powell, der Zeichner und Autor meiner Lieblings-Comicserie „The Goon“. Weitere faszinierende Künstler sind Jim Phillips, J. Scott Campbell, Chris „Coop“ Cooper, Dirty Donny, Rockin’ Jellybean und Robert Williams. Ebenso ist noch Haitao Su zu nennen, ein chinesischer Character-Designer, von dem ich ein Artbook besitze, in das ich immer schaue, wenn ich mal wieder ein „Krea-Tief“ habe. Unbewusst habe ich ihm schon so manche Idee geklaut. Aber hey, das ist Punk, oder?

Gibt es deine Kunst zu kaufen?

Nein, bisher leider nicht. Allerdings habe ich ein Artbook mit dem Titel „Pencil Rider –The Art of Ole O’Brian“ herausgebracht. Darin sind viele bunte Bilder und eine Compilation-CD, auf der einige Bands zu hören sind, mit denen ich zusammengearbeitet habe. Die Exemplare kann man bei mir käuflich für 18 Euro plus Porto erwerben. Kontaktiert mich dazu auf Facebook oder kauft es über Bandcamp.

Arbeitest du völlig frei oder auch im Auftrag? Etwa für Bands oder Konzertveranstalter?

Ich arbeite fast ausschließlich im Auftrag. Mir bleibt für dieses Hobby nicht allzu viel Zeit neben meiner Familie, meiner Band und meinem Job. Deshalb bin ich auch kaum in der Lage, über die Artwork-Anfragen hinaus kreativ zu sein, um diese Sachen dann verkaufen zu können. Meine Hauptkunden sind Bands, die Cover für ihre CDs oder Platten benötigen. Oft wird nach T-Shirt-Motiven gefragt oder es besteht der Wunsch nach einem neuen Bandlogo. Wenn mich zum Beispiel die McRACKINS aus Kanada anschreiben, um mich zu fragen, ob ich ein 7“-Cover für sie machen kann, dann ist das für mich natürlich der Oberhammer. Auch die Zusammenarbeit mit Jay Prozac von THE PROZACS ist mir immer wieder eine Freude. Ich habe auch schon sehr viel für Marc Ramohn und seinen „Ramone to the Bone“-Blog illustriert, und da wird zukünftig wahrscheinlich noch einiges mehr passieren. Im Moment arbeite ich unter anderem an einem Cover für das nächste JAGGER HOLLY-Album und einem neuen Shirtmotiv für THE YOUNG ROCHELLES. Dann gibt es da noch ein paar Konzertveranstalter, die Flyer und Poster illustriert haben möchten. Exotenjobs sind etwa Aufdrucke für Pomadedosen oder ein Logo für eine Hundeschule. Ein DVD-Cover, wie etwa für den Episodenhorrorfilm „Creepy Campfire Stories“ ist da auch eher die Ausnahme. Das ist übrigens ein super Independent-Film mit Achtziger-Jahre-Charme im Stil von „Creepshow“.

Was ist mit Ausstellungen?

Nein, es gab bisher keine und wird wahrscheinlich auch sobald keine geben. Obwohl ich Bock darauf hätte und ein paar coole Ideen. Bei der Vernissage würde dann eine Band spielen und statt Schampus gäbe es ein Bierchen zum Anstoßen oder zwei, drei ... haha.

Was gibt dir deine Kunst emotional?

Ausgeglichenheit, Gehirn-Urlaub, Kreativität, unglaublich interessanten Kontakt mit tollen Menschen und Bands auf der ganzen Welt und ich bin immer sehr stolz und charmant gerührt, wenn ich eine Platte oder CD mit einem von mir gemalten Cover in den Händen halte. Wenn ich Leute auf Konzerten sehe, die T-Shirts mit meinen Motiven tragen, muss ich immer schmunzeln und mich durchläuft ein wohliger Schauer. Einmal zum Beispiel, es muss so 2011 gewesen sein, da fiel mir die „First Offense“-EP von MASKED INTRUDER in die Hände. Ich war total begeistert und inspiriert von der Musik und dem Konzept der Band, dass ich sie unbedingt malen musste. Das Motiv zeigt sie, wie sie auf einer kleinen Erdkugel stehen. Ich schickte ihnen diese Fan-Art und hoffte, dass sie es posten würden. Lange hörte ich nichts von ihnen, bis mich irgendwann eine Booking-Agentur anschrieb und mich für ein Konzert der Band auf die Gästeliste setzte. Sie wollten mich gerne kennen lernen. Es wurde ein unfassbar großartiger Abend mit einigen Kaltgetränken und jeder Menge guter Laune. Sie überhäuften mich mit Merch-Geschenken und verrieten mir, dass sie das Bild, das ich ihnen gemalt hatte, lange als Smartphone-Hintergrund verwendeten. So macht’s Spaß!

Welchen Künstlerkollegen würdest du gerne auch mal in dieser Artikelserie im Ox sehen?

Da wäre zum Beispiel Bombus Børkensson, ein riesengroßer und behaarter Obersympath aus Meppen, der ebenfalls viel für Bands, Recordlabels und Konzertveranstalter zeichnet. Außerdem liebe ich die Illustrationen von Zu Yande, einem französischen Künstler, der vor allem viele Konzertposter für amerikanische Bands wie beispielsweise NOFX, TEENAGE BOTTLEROCKET, MASKED INTRUDER oder PENNYWISE gestaltet. Beide haben ihren unverwechselbar eigenen Cartoon-Stil und ihr solltet euch ihre Sachen auf jeden Fall mal ansehen.